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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory David Roberts
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der Polizei überwacht, die nur darauf wartete, dass ich mich meldete. Ich hatte keine Anlaufstelle. Keine Hilfe. Kein Geld. Die Räuber hatten mir jeden Cent genommen, den ich besaß. Die Ironie der Lage entging mir nicht: Der entflohene Häftling, verurteilt wegen bewaffneter Raubüberfälle, verlor durch Raub sein gesamtes Vermögen. Was hatte Karla gesagt, bevor ich ins Dorf abgereist war? Betrink dich nicht …
    »In Neuseeland gibt es kein Geld für mich, Prabu«, sagte ich, als wir aus dem Bad ins Zimmer gingen. »Keine Familie, die mir helfen könnte, keine Freunde und keine Hilfe von der Botschaft.«
    »Kein Geld?«
    »Nein.«
    »Und kannst du keins mehr kriegen? Von nirgendwo?«
    »Nein«, sagte ich und packte meine Habseligkeiten in den Rucksack.
    »Ist das ernstes, schlimmes Problem, wenn ich das darf so sagen in dein geschwollenes und gekratztes Gesicht.«
    »Weiß ich. Glaubst du, wir könnten meine Uhr verkaufen? An den Hotelchef?«
    »Ja, Lin, glaube ich das sicher. Ist es ein sehr schöne Uhr. Aber glaube ich, wird er uns kein fairer Preis geben. Steckt er die Religion in seine Hosentasche in solche Lage, der indischer Geschäftsmann, und wird er verhandeln sehr schwer mit dir.«
    »Macht nichts«, antwortete ich und ließ die Verschlüsse meines Rucksacks einrasten. »Hauptsache, es reicht für die Rechnung und diesen Nachtzug nach Bombay, von dem du geredet hast. Komm, pack deine Sachen, wir gehen.«
    »Ist es das sehr, sehr, sehr schlimmes Problem«, sagte Prabaker, als wir zum letzten Mal die Zimmertür hinter uns zumachten und den Korridor entlanggingen. »Kein Geld in Indien, ist das gar nicht sehr lustig, Lin, kann ich das sagen zu dir.«
    Er presste die Lippen zusammen und runzelte die Stirn, und diese bedrückte Miene begleitete uns auf der gesamten Rückfahrt nach Bombay. Vom Erlös meiner Uhr hatte ich die Hotelrechnung in Aurangabad beglichen und noch genug übrig behalten, um zwei, drei Nächte im India Guest House in Bombay bezahlen zu können. Nachdem ich meine Sachen in mein Lieblingszimmer gebracht hatte, begleitete ich Prabaker in den kleinen Empfangsraum und bemühte mich vergeblich, sein wunderbar strahlendes Lächeln wiederzubeleben.
    »Lässt du alle diese unglückliche Dinge in meine Sorge«, sagte er ernst und feierlich. »Werde ich bringen ein viel glückliche Lösung für dich, Lin, siehst du schon.«
    Ich sah ihm nach, als er die Treppe hinunterging, und dann hörte ich, wie Anand, der Hotelchef, mich freundlich auf Marathi ansprach.
    Ich drehte mich lächelnd um, und wir begannen uns auf Marathi zu unterhalten. In meinem halben Jahr in Sunder hatte ich die grundlegenden Fragen, Sätze und Wendungen der Alltagssprache gelernt. Es war eine bescheidene Leistung, doch Anand war sichtlich überrascht und sehr erfreut. Nach ein paar Minuten rief er die anderen Hotelangestellten herbei, damit sie mich in ihrer Sprache reden hörten. Alle reagierten mit begeistertem Staunen. Sie hatten Fremde kennen gelernt, die ein bisschen oder sogar gut Hindi sprachen, aber keiner von ihnen hatte je einen Ausländer getroffen, der sich mit ihnen in ihrem geliebten Marathi unterhalten konnte.
    Sie fragten mich nach dem Dorf – sie hatten noch nie von Sunder gehört –, und wir sprachen über das Leben dort, das sie aus ihren eigenen Dörfern kannten und in der Erinnerung idealisierten. Nach dieser Unterhaltung ging ich auf mein Zimmer. Kaum hatte ich die Tür hinter mir geschlossen, hörte ich ein zaghaftes Klopfen.
    »Entschuldigung. Ich hoffe, ich störe nicht.« Die Stimme gehörte zu einem großen, mageren Ausländer – dem Akzent nach ein Deutscher, vielleicht auch ein Schweizer. Sein dünner Kinnbart ließ sein ohnehin schmales Gesicht noch länger wirken, und sein blondes Haar war zu einem Zopf geflochten. »Ich hab dich vorhin mit dem Hotelchef und den Angestellten reden hören … Na ja, du bist ja offenbar schon lange hier in Indien und … Also, meine Freundin und ich, wir sind heute angekommen und würden gern ein bisschen Haschisch kaufen. Kennst du … ähm … weißt du zufällig, wie wir da rankommen könnten, ohne übers Ohr gehauen zu werden oder Ärger mit der Polizei zu kriegen?«
    Natürlich wusste ich das. Und abends half ich den beiden auch noch, Geld zu einem guten Kurs auf dem Schwarzmarkt zu tauschen. Der bärtige Deutsche und seine Freundin waren zufrieden und zahlten mir eine Provision. Die Schwarzhändler, Prabakers Freunde und Verbindungsmänner auf der Straße,

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