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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory David Roberts
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Minuten vergangen.
    »Oh Lin!«, stöhnte er glücklich und schaute selig lächelnd an die Decke. »Hab ich das gewusst. Hab ich gewusst, dass sie ist so gut prima Experte in die Sexsache, diese Frau.«
    Ich starrte ihn verwirrt an.
    »Oh ja!«, schwärmte er, richtete sich auf und ließ seine kurzen Beine baumeln. »Hab ich bekommen so sehr viel prima Sexe für mein Geld! Und hab ich gegeben ihr auch die richtig gute Sexe. Und jetzt! Gehen wir! Wollen wir essen und trinken und feiern.«
    »Wenn du dir sicher bist, dass du dafür noch genug Kraft hast …«, murmelte ich.
    »Oh, wo wir gehen hin, brauchen wir kein Kraft, Baba. Wo gehen wir hin, da ist es eine so gute Bar, dass wir können sitzen, wenn wir trinken oft und die meiste.«
    Und so lotste uns Prabaker zu einer Kaschemme, die eine gute Stunde Fußmarsch von der Endhaltestelle der Buslinie entfernt war. Mit einer Lokalrunde gelang es uns, einen Sitzplatz zwischen den staubbedeckten, entschlossen blickenden Trinkern zu ergattern, die auf einer schmalen Steinbank saßen, der einzigen Sitzgelegenheit. In Australien nennt man ein solches Lokal sly grog shop: eine Bar ohne Konzession, in der man hochprozentigen Alkohol zu Niedrigpreisen bekommt.
    Die Männer, zu denen wir uns gesellten, waren Arbeiter, Bauern und typische Kleinkriminelle, wie man sie in solchen Bars vorfindet. Sie wirkten finster und gehetzt und sprachen kaum. Wenn sie den Fusel hinunterkippten, zogen sie furchtbare Grimassen und grunzten, stöhnten und würgten unüberhörbar. Prabaker und ich verleibten uns das widerwärtig chemisch schmeckende Gesöff ein, indem wir uns die Nase zuhielten und es uns in den Rachen schütteten. Mit eiserner Willenskraft gelang es uns sogar, alles im Magen zu behalten. Und sobald wir uns einigermaßen von der Runde erholt hatten, führten wir uns mit leichtem Abscheu das nächste Glas zu Gemüte.
    Diese Sauferei war eine grimmige, freudlose Angelegenheit, und die Anstrengung, die es bereitete, zeigte sich auf allen Gesichtern. Einigen wurde das Ganze zu hart, sie gaben sich geschlagen und schlichen davon. Andere zauderten, ließen sich jedoch von den ängstlichen Ermunterungen ihrer Mittrinker bei der Stange halten. Prabaker brauchte lange für sein fünftes Glas, und als ich gerade dachte, er wolle aufgeben, kippte er es japsend und prustend hinunter. Dann warf einer der Männer sein Glas beiseite, wankte in die Mitte des schäbigen kleinen Raums und begann grölend zu singen. An unserem leidenschaftlichen frenetischen Applaus merkten wir, dass wir betrunken waren.
    Einer nach dem anderen trug nun ein Lied vor. Auf eine tränenselige Interpretation der indischen Nationalhymne folgten religiöse Erbauungslieder, Liebeslieder auf Hindi und herzzerreißende Ghazals. Die beiden stämmigen Kellner registrierten den Grad unserer Trunkenheit, ließen Tabletts und Gläser eine Weile stehen und bezogen Stellung auf zwei Hockern rechts und links des Eingangs. Breit grinsend nickten sie oder wiegten den Kopf, wobei die langen, dicken Holzknüppel in ihren fleischigen Armen unübersehbar waren. Wir beklatschten und bejubelten jedes Lied. Als ich an der Reihe war, sang ich – aus mir selbst unerfindlichen Gründen – den alten Kinks-Song »You really got me«.
Girl, you really got me goin ’
You got me so I can’t sleep at night
    Ich war betrunken genug, um ihn Prabaker beizubringen, und Prabaker war betrunken genug, um den Refrain zu lernen.
Oh, yes, by God you are a girl !
And you really, really got me, isn’t it going ?
    Wir sangen immer noch, als wir auf der einsamen dunklen Straße Richtung Stadt zurückwankten. Wir sangen auch noch, als der weiße Ambassador langsam an uns vorüberfuhr und wendete. Und wir sangen, als der Wagen erneut an uns vorbeifuhr und ein weiteres Mal wendete, um uns dann auf dem Randstreifen den Weg zu versperren. Vier Männer stiegen aus, einer blieb am Steuer sitzen. Der größte von ihnen packte mich am Hemd und bellte einen Befehl auf Marathi.
    »Was soll das?«, lallte ich auf Marathi.
    Ein anderer Mann kam von der Seite und verpasste mir eine kurze Rechte, sodass mein Kopf nach hinten flog. Zwei weitere schnelle Hiebe trafen mich auf Mund und Nase. Ich stolperte zurück und spürte, wie meine Knie nachgaben. Im Fallen sah ich noch, wie Prabaker sich mit ausgebreiteten Armen auf die vier Männer stürzte und versuchte, sie von mir abzudrängen. Ich rappelte mich auf und ging selbst zum Angriff über. Mein linker Haken und mein

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