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Shardik

Titel: Shardik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Adams
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Schleuse in trockene Bewässerungskanäle fließt; die vielgestaltigen Türen und Fenster tauchten aus dem Dunkel ins Licht, wie zum Leben erweckt durch die neuen, in ihnen entzündeten Feuer; und in der Nähe wurden die Flammenlinien länger, streckten sich weiter entlang der Ufer des Hakensees. So kann man manchmal beobachten, wie eine Nachricht sich durch eine Menschenmenge, Wind über eine staubige Ebene oder die Strahlen der aufgehenden Sonne sich auf dem Westhang über einem Tal verbreiten. Rund um Kelderek brannten in prächtig geheimnisvollen Flammen die für das Feuerfest vorbereiteten Salze, Gummis und Öle – eisvogelblau, zinnoberrot, violett, zitronengelb und matt meergrün –, jedes durchscheinende, lohende Feuer wurde in einer Bronzeschüssel auf Stangen zwischen den Schultern zweier Frauen getragen. Die gongartigen Glocken der Palasttürme läuteten, und ihre schwingenden Harmonien erzitterten über der Stadt, entschwanden und kehrten wieder wie Wellen an eine Küste. Er sah, wie die schmale Sichel des zunehmenden Mondes endlich unter dem westlichen Horizont verschwand und auf dem See die gleitende Gestalt eines großen Drachen erschien, ein ganz aus Feuer bestehendes grinsendes Ungeheuer mit grünen Augen und Klauen, dessen Maul eine weiße Rauchfahne entströmte, die hinter ihm herzog, während er voranglitt. Es ertönten bewundernde, erregte Rufe, Schlachtrufe junger Leute und die konventionellen Jagdrufe. Als dann der Drache die Seemitte erreicht hatte, erhob sich am gegenüberliegenden Ufer eine andere feurige Gestalt auf die Hinterbeine; sie war an die zehn Meter hoch, hatte runde Ohren, eine lange Schnauze und erhob knurrend eine klauenbewehrte Vordertatze. Als die Rufe »Shardik! Unseres Herrn Shardiks Feuer!« immer lauter wurden und von den Gartenmauern widerhallten, erschien im Maul des Bären die Gestalt eines nackten Mannes mit einer Fackel in jeder Hand. Er zögerte einen Augenblick auf der hohen, erleuchteten Plattform, dann sprang er hinaus ins Wasser. An seinen Schultern war ein langer, geteerter Leinwandstreifen befestigt, der sich brennend hinter ihm entrollte, so daß es schien, als würde der Bär Feuer speien. Als der Springer unten ins Wasser tauchte, glitt er aus seinem Schultergurt und schwamm an Land. Ein zweiter folgte ihm, und nun war es die Form eines feurigen Pfeiles, die aus dem Bärenmaul ins Wasser fiel. Immer schneller kamen die Springer, so daß die flammenden Formen von Schwertern, Speeren und Äxten zwischen den Bärenzähnen hervorströmten und in den See hinunterstürzten. Als dann der rauchspeiende Drache unter der turmhohen Gestalt Shardiks heranglitt, fiel eine brennende Schlinge hinunter, welche sich um den die Drachenkehle bildenden Bug legte. Die Lichter seiner flammenden Augen erloschen, und unter Triumphgeschrei erstarb sein rauchender Atem, während er gefangen zu den Füßen des Bären schwamm.
    Kelderek und sein Gefolge hatten inzwischen in langsamem Zug den Abstieg über die Terrassen begonnen. Der Gesang der Priesterinnen erhob sich um ihn, und der Klang bedrückte sein Herz, denn es war jener Wechselgesang, den er zuerst in den Wäldern des westlichen Ortelga gehört hatte. Damals hatten Rantzays und der Tuginda Stimmen einen Teil der Tonmauer gebildet, die einen hoch über der sterblichen Welt von Angst und Unwissen schwebenden geistigen Gipfel umgab. Doch sein ernstes, mageres Antlitz ließ kein äußeres Zeichen dieser Erinnerung erkennen. Seine gefalteten Hände zitterten nicht, und sein Körper bewegte sich sicher unter der schweren Kleidung dem vorbestimmten Ziel zu. Die nächtlichen, in der Luft des beginnenden Frühjahrs schwachen und vergänglichen Pflanzengerüche vermengten sich mit den Harzdüften der farbenfrohen Feuer und dem in der Brise dahintreibenden Fackelrauch; dadurch vielleicht und durch sein Fasten seit Sonnenaufgang, durch seine Erinnerungen und den Gesang benebelt, wähnte er, daß zuerst eine und dann eine zweite Begleiterin neben ihm zu dem von Fackeln erleuchteten Garten und dem See mit dem widergespiegelten Drachen gingen: ein dunkles Mädchen mit einem breiten goldenen Halsband, das lachte und die Spitze eines Pfeiles in ihren weißen Arm stach, bevor sie ihm ihr vor Angst bleiches Gesicht zuwandte; eine große, hagere, erschöpft an einem Stock hinkende Frau, deren verschwitzte Hände eine Schachtel hielten mit in Moos gepackten Blasen – und eine alte, rotäugige Hexe, die in dreckigen Lumpen neben ihm wankte, in

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