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Shardik

Titel: Shardik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Adams
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sich wie in Trance. Wieder stand er, wie ihm schien, auf dem Schlachtfeld im Vorgebirge, umgeben von schreienden Soldaten, von trampelnden Flüchtlingen, vom Geruch des zerstampften Bodens. Er konnte deutlich die beklanischen Soldaten vor sich sehen, und in seinen Ohren hallte Shardiks Gebrüll, als er unter den Bäumen hervorbrach. Shardik war eine lodernde Fackel, die sie alle verzehren würde, ein heranstürmendes Feuer, vor dem es kein Entrinnen gab. Shardiks Zorn erfüllte Erde und Himmel, seine Rache würde den Feind verbrennen und zertrampeln. Er sah, wie Genshed kehrtmachte, über den Pfad zurücklief und sich in die Felsspalte zwängte. Er sah, wie Schreihals zur Seite geschleudert und Radu auf ihn geworfen wurde. Mit einem Satz vorwärts schrie er:
    »Shardik! Shardik, Gottes Kraft!«
    Shardik, dem der Pfeil aus dem Gesicht ragte, kam zu dem Felsen, in den sich Genshed zum Schutz gezwängt hatte. Aufrecht stehend schob er eine geschwärzte Tatze in den Spalt. Genshed stach danach, und der Bär zog sie brüllend zurück. Dann schlug er zu und spaltete den Felsen.
    Die Kuppe des Felsens zerbrach wie eine Nußschale und barst dann, als Shardik ein zweites Mal hinschlug, in drei Teile, die umkippten und hinunter ins tiefe Wasser stürzten. Nochmals schlug er zu – ein letzter Schlag, seine Klauen zerfetzten dem Feind Kopf und Schultern. Dann schwankte er, klammerte sich schaudernd an den Felsen und brach langsam über dessen zersplittertem, gebrochenem Unterteil zusammen.
    Kelderek und Radu, die ihn beobachteten, sahen eine Gestalt aus der Spalte kriechen. Radu schrie auf, und die Gestalt wandte sich einen Augenblick ihm zu, als könne sie ihn hören. Vielleicht konnte sie es, doch sie hatte keine Augen, kein Gesicht – nur eine große Wunde, ein blutiger Fleischbrei mit da und dort hervorragenden Zähnen und Knochensplittern, in dem keine menschlichen Züge erkennbar waren. Dünne, wimmernde Schreie, wie die einer Katze, kamen aus ihr, doch keine Worte, denn sie hatte keinen Mund, keine Lippen. Sie stolperte gegen einen Baum und wich laut kreischend zurück; in der weichen roten Fleischmaske staken Rindenstücke und Zweige. Blindlings hob sie beide Hände, wie um die Schläge eines grausamen Peinigers abzuwehren; doch es war keiner in der Nähe. Dann machte die Gestalt drei stolpernde Schritte, strauchelte und stürzte lautlos über den Uferrand. Das Klatschen des Aufschlags war zu hören. Radu kroch vor und blickte über den Rand, doch es stieg nichts an die Oberfläche. Die Messerscheide schwamm im Blut auf dem Wasser, und neben dem abgebrochenen Felsen lag die zerschlagene Fliegenfalle – das war alles, was von dem bösen, grausamen Sklavenfänger übrig war, der sich gerühmt hatte, er könne ein Kind durch Furcht, schlimmer als Schläge, zum Irrsinn treiben.
    Kelderek schleppte sich zu dem Felsen, kniete daneben hin und schlug weinend auf den Stein. Eine gewaltige Vordertatze, dick wie ein Dachsparren, hing vor seinem Gesicht herunter. Er nahm sie in seine Hände und rief: »Ach, Shardik, Shardik, mein Herr, verzeih mir! Ich hätte mich für dich in die Streels gewagt! Wollte Gott, ich wäre für dich gestorben! O Shardik, unser Herr, stirb nicht, stirb nicht!«
    Aufblickend sah er die pflockähnlichen, gebleckten Zähne, das offenstehende, regungslose Maul, die Fliegen, die schon über die vorstehende Zunge wanderten, das bis zur Haut verbrannte Fell, den aus dem Gesicht ragenden Pfeil. Die spitze Schnauze stand keilförmig gegen den Himmel. Kelderek schlug mit seinen Händen an den Stein und schluchzte vor Verlust und Verzweiflung. Er wurde durch eine Hand aufgeschreckt, die ihn an der Schulter packte und ihn grob schüttelte. Langsam hob er den Kopf und erkannte den Mann, der neben ihm stand, als einen Offizier der Armee aus Yeldashay, auf der einen Schulter trug er das Abzeichen der Kornähren von Sarkid. Hinter ihm stand sein junger, zäher Treisatt mit gezücktem Schwert für den Fall, daß es Ärger geben sollte; bestürzt starrte er verständnislos auf den riesigen Leichnam, der über dem Felsen zusammengebrochen war, und auf die drei schmutzigen Landstreicher unterhalb davon.
    »Wer seid ihr?« fragte der Offizier. »Vorwärts, antworte mir, Mann! Was tut ihr hier, und warum sind die Kinder dort an den Stein gekettet? Was hattet ihr vor?«
    Kelderek, der seinem Blick folgte, sah Soldaten neben den Kindern am Ufer stehen und weiter drüben unter den Bäumen eine Gruppe Dorfbewohner, die

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