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Shardik

Titel: Shardik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Adams
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einem heißen, stürmischen Dröhnen, Funken und Asche fegten hüpfend und schwankend wie flüchtende Vögel empor. Holzscheite veränderten ihre Lage und fielen nieder, da und dort stürzten brennende Teile zischend ins Wasser. Dann drang mitten durch den Lärm des Zusammenbruchs, wie eine Pflugschar durch schweren Boden, wieder der Gesang. Die Dorfbewohner am Ufer ermutigten und feuerten die jungen Leute an den Rudern an, die nun eifrig paddelnd weiter in die Strömung hinaus kamen und mit dem Floß stromabwärts getrieben wurden.
     
    Am Morgen kommen wir zum Strand, die Boote loszumachen.
    Ist uns das Glück geneigt, so hungert keiner heute nacht.
    Wer hat sein Netz und wer ist tüchtig mit dem Speer?
    Der arme Mann muß sich zu helfen wissen.
     
    Nun war das Floß einen halben Bogenschuß weit vom Land und ebenso weit stromabwärts von der Stelle, wo Kelderek stand, doch noch immer stachen die Paddler rhythmisch ins Wasser, und die Rauchfahne wirbelte uferwärts, während sie weiter zur Flußmitte strebten.
     
    Es ist der Menschen Los, die Weisheit teuer zu bezahlen
    und bestens zu verwenden, was gelernt sie haben.
    Was aber nenn’ ich Glück? Ein Feuer, einen vollen Magen,
    ein Mädchen für dein Bett und Kinder, die dein Handwerk lernen.
     
    Sie klatschten und stampften beim Singen im Rhythmus der Paddel, und doch war es ein ernster, nicht unpassender Laut, der einer vertrauten und gewandten Moll-Melodie, der einfachen Volksmusik. Nun war das Floß weit draußen und ein großes Stück stromabwärts, so weit, daß man sehen konnte, wie die Paddel in der Ferne beim Einsatz dem Gesangsrhythmus nachhinkten. Die jungen Leute hatten den Bug halb stromaufwärts in die Strömung gedreht, so daß das Floß stromabwärts von ihnen schwamm und die Seite, wo die Leichen gelegen hatten, wieder dem Ufer zugekehrt war. Kelderek konnte, als er hinblickte, nichts auf dem brennenden Scheiterhaufen erkennen. Er war in der Mitte zusammengestürzt, die zwei glühenden Hälften breiteten sich zu beiden Seiten aus wie die Flügel eines großen Schmetterlings. Shardik war nicht mehr.
    »Zweimal«, rief Kelderek, »folgte ich dir in den Telthearna, mein Herr Shardik. Nun kann ich dir nicht mehr folgen.«
     
    Zur Heimkehr abends leuchten Feuer uns am Ufer.
    Wenn eins das deine ist, bist du ein Mann mit Glück.
    Niemand soll in der Dunkelheit allein gelassen werden.
    Und stirbst du, Bruder, sollen deine Kinder bei meinem Feuer sitzen.
     
    Die Paddler warfen das Seil fort und drehten ab in Richtung zum Ufer stromabwärts, um im Stillwasser nahe der Sandbank leichter zurückzukehren. Das Floß war nicht mehr zu sehen, doch weit draußen schien ein Punkt an der Flußoberfläche zu brennen, er rauchte und überzog die Wasserfläche mit einer breiten dahinziehenden Wolke.
     
    Wir nehmen die Fische aus, und die Kinder braten sie am Spieß.
    »Hallo, mein Sohn, mein großer, junger Zoanbaum!
    Was hast du deinem Vater heute abend denn zu sagen?«
    »Wenn ich ein Mann bin, paddle ich ein Boot wie du!«
     
    Der strömende Rauch war fort. Bäume verdeckten ihn. Kelderek schloß die Augen; er wandte sich ab, bemerkte den Soldaten neben sich, spürte dessen Arm unter seinen Schultern und ließ sich durch das seichte Wasser zum Ufer tragen. Tan-Rion rief seine Leute zusammen und ließ sie ihre Waffen holen. Dann marschierten sie ab; und auch die Dorfbewohner begannen sich zu zerstreuen, zwei Matronen nahmen Radu und die anderen Kinder in ihre Obhut. Doch einige von ihnen kamen, bevor sie fortgingen, heran – manche ein wenig zögernd, da sie ehrfurchtsvolle Scheu vor Kelderek empfanden –, um ihm die Hände zu küssen und seinen Segen zu erbitten. Jeder heilige Mann mag die Macht haben, Glück zu bringen, und man darf keine Chance vorbeigehen lassen. Er stand schweigend vorgeneigt wie ein Reiher, nickte ihnen aber zu und blickte jedem ins Auge, der an ihm vorbeikam – einem alten Mann mit gelähmtem Arm, einem hochgewachsenen jungen Mann, der die Hand an die Stirn hob, einem Mädchen, das der unweit stehenden Priesterin scheu zulächelte und ihr die Blumen gab, die es trug. Als letzte kam eine abgerissene alte Frau, die ein schlafendes Kind in den Armen hielt. Kelderek fuhr zusammen und wäre fast zurückgeschreckt, sie aber zeigte keine Bedenken und keine Überraschung, ergriff seine Hand, küßte sie, sagte lächelnd einige Worte und humpelte über die Steine davon.
    »Was hat sie gesagt?« fragte er Melathys. »Ich hab es nicht

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