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Sharon: die Frau, die zweimal starb

Sharon: die Frau, die zweimal starb

Titel: Sharon: die Frau, die zweimal starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Pfad aus Eisenbahnschwellen und Betonquadraten entlang ungepflegter Hecken und krank aussehender Zwergzitrusbäume führte zu einem kleinen, mit Teerpappe gedeckten Haus und einer breiten Veranda, die mit Kisten und Kasten und alten Maschinenteilen übersät war. Neben dem Haus stand ein alter Dodge Coupé aufgebockt. Vom Haus sah man auf einen flachen halben Morgen eines mit feinem Maschendraht umgebenen Hühnerhofs, der zahlreichen weiteren Ziegen und Hühnern als Auslauf diente. Hinten an dem Grundstück befand sich ein baufälliges Hühnerhaus.
    Der Bauernhofgeruch war sehr stark geworden. Ich sah mich um. Keinerlei Nachbarn, nur Himmel und Bäume. Wir standen auf einem Berg. Nach Norden sah man durch den Smog die Andeutung eines Gipfels. Ich konnte noch immer den Freeway hören, der einen Bass zum hellen Kikeriki der Hühner bildete.
    An einen der Zaunpfosten lehnte ein Sack mit Futterkorn. Crotty steckte die Hand rein, warf eine Hand voll Korn auf den Hof und sah die Vögel herbeirennen.
    »Fickrige, gierige Bastarde«, sagte er, dann gab er ihnen noch etwas.
    Old MacDonalds Farm am Rande des städtischen Dschungels.
    Wir kletterten die Veranda rauf.
    »Das ist alles fickrig illegal hier«, sagte Crotty stolz. Verletzt alle fickrigen Verordnungen und Bestimmungen, die du dir vorstellen kannst. Aber meine Kumpels unten am Hügel sind alles Illegale, die in nicht zugelassenen Bruchbuden leben. Habe meine frischen Eier und hasse die Behörden - Teufel, wenn die auf Rattenjagd gehen. Ich bezahle ihren kleinen Kids was dafür, dass sie mir den Hühnerstall sauber machen, zwei Dollar die Stunde - mehr als sie sonst je zu sehen kriegen. Sie denken, ich bin so eine Art fickriger großer weißer Vater.«
    »Großer weißer Hai«, murmelte Milo. »Was sagst du?«
    »Manche von den Kids sind ziemlich auf Draht.«
    »Nun, davon weiß ich nichts, aber sie wissen, wie sie ihre kleinen Tuschies abarbeiten müssen, und so bezahl ich sie dafür. Alle denken sie, ich bin das größte fickrige Ding seit der Erfindung des geschnittenen Brots. Ihre Mamacitas sind so dankbar, sie bringen mir was zu essen, in Aluminiumfolie eingewickelt - sie sind verrückt auf Aluminiumfolie. Gutes Zeug auch, kein Fast-Food-Shit - Menudo und süße Tamales, wie du sie früher auf Alvarado kriegtest, bevor die Corporationficker alles übernommen haben.«
    Er stieß eine Fliegendrahttür auf, ging ins Haus und ließ sie zuschlagen.
    Milo fing sie auf. Wir gingen hinein.
    Das Haus war klein und unbeleuchtet, so voll Gerümpel, dass man kaum hineinkam. Wir drückten uns an Stapeln von alten Zeitungen, Bergen von Kartons und Obstkisten aus rohem Holz, Kleiderhaufen, einem mit grauer Grundfarbe gestrichenen Piano, drei Bügelbrettern und darauf einer Sammlung von Radioweckern in verschiedenen Zuständen der Demontage vorbei. Die Möbel, die es schafften, in dem Wirrwarr zu existieren, waren billig, dunkles Holz und Sessel mit Riesenpolstern und in Sesselschoner verpackt. Billiger Ramsch, Ladenhüterausverkauf.
    Der Fußboden war graugetretenes Kiefernholz, an verschiedenen Stellen an Trockenfäule zersplittert. Ein Kaminsims über dem aus Ziegelsteinen gemauerten Kamin trug zumeist angeschlagene Porzellanfiguren mit fehlenden Gliedmaßen. Die Uhr auf der Kaminwand sagte Coca-Cola. Sie war auf fünfzehn nach sieben stehen geblieben.
    »Setzt euch«, sagte Crotty. Er wischte Zeitungen von einem Armsessel und sank hinein. Eine Staubwolke erhob sich und legte sich wie Tau.
    Milo und ich räumten ein Sofa mit zerbrochenen Sprungfedern, schufen unseren eigenen Staubwirbel.
    Crotty räusperte sich. Milo zog die Brieftasche heraus und reichte ihm mehrere Scheine. Der alte Mann zählte sie, fächerte sie auf, schloss die Hand darüber. »Okay, machen wir’s schnell. Belding. Leland, A. Kapitalistisches Schwein, zu viel Geld, keine Moral, latent schwul.«
    Ich fragte: »Wie können Sie das wissen?«, und hörte Milo stöhnen.
    Crotty wandte sich mir zu. »Weil ich’n fickriger Experte bin, was latent schwul angeht, Dr. Psychologie. Sie haben vielleicht ein Diplom, ich habe die Erfahrung.« Grinsend fügte er hinzu: »Praktische Erfahrung, mein Junge. Mit der Hand.«
    »Bleiben wir bei Belding«, sagte Milo.
    Crotty hörte nicht auf ihn: »Lass mich dir sagen, Lockenkopf, wenn ich eins weiß, dann was Latente sind. Dreißig Jahre lang hab ich so ein fickriges Leben gelebt.«
    Milo gähnte und schloss die Augen.
    »Er’s zu fickrig, es langweilt ihn«, sagte

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