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Sharon: die Frau, die zweimal starb

Sharon: die Frau, die zweimal starb

Titel: Sharon: die Frau, die zweimal starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Schwester. Trotzdem bewunderte sie Sie so sehr dafür, wie Sie sich Joan widmeten.«
    Sie muss den Schock in meinem Gesicht als Schmerz missverstanden haben und sah mich voll Mitgefühl an.
    »Joan«, sagte ich.
    »Das arme Ding. Wie geht’s ihr?«
    »Ungefähr wie früher.«
    Sie nickte traurig. »Sharon wusste, dass ihr Zustand sich nicht mehr wirklich verbessern konnte. Aber obwohl Ihre Hingabe an Joan bedeutete, dass Sie sich niemals völlig jemand anderem widmen konnten, bewunderte sie Sie deshalb. Wenn überhaupt, dann verstärkte es meiner Meinung nach ihre Liebe für Sie. Sie sprach von Ihnen, als ob Sie ein Heiliger wären. Sie fand, diese Art von Familienloyalität sei heute so selten.«
    »Ich bin kaum ein Heiliger.«
    »Aber Sie sind ein guter Mann. Und das alte Klischee bleibt wahr wie eh und je: Die sind schwer zu finden.« Ein ferner Blick kam in ihr Gesicht. »Mr. Leidecker war einer. Schweigsam, ein störrischer Holländer, aber ein Herz aus Gold. Gabriel hat etwas von seiner Güte geerbt. Er ist ein lieber Junge. Ich hoffe nur, dass es ihn nicht verhärten wird, seinen Dad so jung verloren zu haben.«
    Sie stand auf, ging zu einer der Tafeln hinüber und wischte ein paarmal mit einem Lappen darüber hin. Die Anstrengung schien sie zu erschöpfen. Sie kehrte zu ihrem Sitz zurück, ordnete Papiere und sagte: »Es war ein Jahr der Verluste. Arme Shirlee und armer Jasper. Ich fürchte mich so, es ihnen zu sagen. Es ist meine Schuld. Ich habe ihr Leben verändert; jetzt hat die Veränderung eine Tragödie hervorgerufen.«
    »Es gibt keinen Grund, Ihnen Vorwürfe zu machen.«
    »Bitte«, sagte sie leise. »Ich weiß, es ist dumm von mir, aber ich komme nicht gegen das Gefühl an. Wenn ich mich nicht in ihr Leben eingemischt hätte, wäre es anders verlaufen.«
    »Aber nicht notwendigerweise besser.«
    »Wer weiß«, sagte sie. Ihre Augen hatten sich mit Tränen gefüllt. »Wer weiß.«
    Sie sah auf die Wanduhr. »Ich habe den ganzen Nachmittag hier drin gesessen und Arbeiten korrigiert. Ich müsste mir wirklich mal etwas die Beine vertreten.«
    »Ich auch.«
    Als wir die Schulhaustreppe hinunterkamen, deutete ich auf das Holzschild.
    »Die Blalock-Ranch. Haben die nicht was mit Schifffahrt zu tun?«
    »Stahl und Eisenbahnen. Es war nie wirklich eine Ranch. In den Zwanzigerjahren konkurrierten sie mit Southern Pacific um die Strecken, die Kalifornien mit dem Rest des Landes verbanden. Sie überprüften die Countys San Bernadino und Riverside wegen einer Inlandlinie und kauften einen großen Brocken Land auf - manchmal ganze Dörfer. Sie bezahlten einen Spitzenpreis, um Willow Glen von den Apfelfarmern zu kaufen, die seit dem Bürgerkrieg hier ihre Heimstätten hatten. Heraus kam dabei ein großes Gebiet, das sie eine Ranch nannten. Aber sie bauten nie irgendetwas darauf an, züchteten auch kein Vieh, errichteten nur Zäune drum herum und stellten Wachen auf. Und die Eisenbahn wurde nie gebaut - die Depression. Nach dem Zweiten Weltkrieg fingen sie an, einige der kleineren Parzellen an Privatleute zu verkaufen. Aber mehrere der großen Flächen wurden von einer anderen Corporation weggeschnappt.«
    »Welcher?«
    Sie betastete ihr Haar. »Irgendein Flugzeugkonzern - der, der dem verrückten Milliardär gehörte, Belding.« Sie lächelte. »Und das, Mr. Delaware, ist Ihre Geschichtsstunde für heute.«
    Wir kamen auf den Spielplatz, schlenderten an Schaukeln und Rutschen vorbei und gingen auf den Wald zu, der den Fuß des Berges mit seinem Teppich bedeckte.
    »Gehört Magna immer noch Land hier?«, fragte ich.
    »Eine Menge. Aber sie verkaufen nicht. Die Leute haben es versucht. Praktisch bleibt Willow Glen deshalb ein unbedeutender Fleck. Die meisten alten Familien haben aufgegeben und verkauft an reiche Ärzte und Anwälte, die die Obstgärten zur Steuerabschreibung erwerben und verkommen lassen - gekappte Bewässerungsanlagen, kein Beschneiden, kein Düngen mehr. Die meisten machen sich nicht mal die Mühe, heraufzukommen und zu ernten. An manchen Stellen ist die Erde hart und trocken wie Zement. Die wenigen Pflanzer, die geblieben sind, sind misstrauisch geworden - sie glauben, es sei alles Teil einer Verschwörung, die Sachen verfallen zu lassen, sodass die Leute aus der Stadt das, was übrig ist, billig aufkaufen und Ferienhaussiedlungen oder so etwas errichten können.«
    »Das dachte Wendy auch.«
    »Ihre Familie ist neu hier und wirklich ganz schön naiv. Aber man muss sie bewundern dafür, dass

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