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Sharon: die Frau, die zweimal starb

Sharon: die Frau, die zweimal starb

Titel: Sharon: die Frau, die zweimal starb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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zwischen rosigen Wangen, die so groß und rund wie Softbälle waren. Er trug ausgewaschene Jeans und ein extra-extragroßes schwarzes Cowboyhemd mit weißen Paspeln und Perlenknöpfen. Die Ärmel hatte er so weit hochgerollt wie möglich - halb die rosa Unterarme herauf, die so dick wie meine Schenkel waren. Er stand hinter den Ransoms, schwitzte, strömte Hitze und einen Umkleideraumgeruch aus.
    »Wer sind Sie?« Seine Stimme war nasal, und der Stimmbruch lag noch nicht ganz hinter ihm.
    »Ich heiße Alex Delaware. Ich bin ein Freund von Sharon Ransom.«
    »Sie lebt nicht mehr hier.«
    »Ich weiß. Ich komme herauf von -«
    »Ärgert er euch?«, fragte er Shirlee.
    Sie verzog das Gesicht. »Hullo, Gabi-el.«
    Der Junge milderte seinen Ton und wiederholte seine Frage, als wäre er es so gewöhnt.
    Shirlee sagte: »Er mag Jasps Zeichnungen.«
    »Gabriel«, sagte ich. »Ich bin nicht hier, um irgendwelche Schwierigkeiten -«
    »Es ist mir egal, wozu Sie hier sind. Diese Leute sind … besonders. Man muss sie besonders behandeln.«
    Er legte zwei riesige Hände auf die Schultern der Ransoms.
    Ich fragte: »Ihre Mutter ist Mrs. Leidecker?«
    »Warum?«
    »Ich würde gern mit ihr reden.« Er rundete die Schultern, und seine Augen wurden Schlitze. Wenn er nicht so groß gewesen wäre, hätte er komisch gewirkt - ein kleiner Junge, der den Macho spielte. »Was hat meine Mutter damit zu tun?«
    »Sie war Sharons Lehrerin. Ich war Sharons Freund. Es gibt Dinge, über die ich gern mit ihr reden würde. Dinge, über die man nicht in Gegenwart der jetzt hier anwesenden Personen sprechen sollte. Ich bin sicher, Sie wissen, was ich meine.«
    Der Ausdruck in seinem Gesicht sagte, dass er genau wusste, was ich meinte.
    Er ging etwas von der Türöffnung weg. Das Sonnenlicht kam wieder.
    »Kommt, Leute«, sagte er zu Jasper und Shirlee. »Ihr solltet wieder zu den Bäumen gehen und aufpassen, dass jeder schön viel Wasser bekommt.«
    Sie sahen zu ihm auf. Jasper reichte ihm eine Zeichnung.
    Er sagte: »Großartig, Jasp. Ich tue sie zu meiner Sammlung.« Er sprach alle Silben überdeutlich aus. Dann beugte sich das Mannkind herunter und tätschelte den Kopf des kindischen Mannes. Shirlee nahm seine Hand, und er küsste sie leicht auf die Stirn.
    »Ihr passt auf euch auf, hört ihr mich? Bewässert weiter diese Bäume, und bald haben wir Äpfel, die wir zusammen pflücken können, okay? Und redet nicht mit fremden Leuten.«
    Shirlee nickte ernst, dann klatschte sie in die Hände und kicherte. Jasper lächelte und gab ihm noch eine Zeichnung.
    »Nochmals danke. Mach weiter so mit der guten Arbeit, Rembrandt.« Zu mir: »Kommen Sie.«
    Wir gingen los. Jasper lief uns nach und machte grunzende Geräusche. Wir blieben stehen. Er gab mir eine Zeichnung, drehte sich weg, es war ihm peinlich.
    Ich berührte sein schwaches Kinn mit der Hand und sagte: »Danke«, und sprach die Silben so überdeutlich aus, wie es der Junge gerade getan hatte. Jaspers Lächeln sagte mir, dass er verstanden hatte. Ich streckte die Hand hin. Diesmal schüttelte er sie schwach und hielt sie fest.
    »Kommen Sie, Mister«, sagte Gabriel. »Lassen Sie sie.«
    Ich tätschelte die Hand des kleinen Mannes und machte sie los, folgte Gabriel zu den Weiden hin, joggte, um ihn einzuholen. Bevor ich unter die grünen Zweige der Trauerweide trat, blickte ich zurück und sah die beiden Hand in Hand mitten auf ihrem Dreckplatz stehen. Starrten uns nach, als wären wir Weltreisende - Konquistadoren, die in eine schöne neue Welt hinausziehen, die sie nie sehen würden.

29
    Er hatte ein großes, generalüberholtes Triumph-Motorrad hinter dem Seville geparkt.
    Zwei Helme, einer zuckerapfelrot, der andere mit Sternen und Streifen, baumelten an den Lenkstangenenden. Er setzte den roten auf, schwang das Bein hinüber und ließ den Motor mit dem Kickstarter an.
    »Wer hat Ihnen gesagt, dass ich hier war?«, fragte ich ihn. Er strich sich mit der Hand über das Stachelhaar und starrte mich an.
    »Wir kümmern uns umeinander, Mister.«
    Er gab auf dem Motorrad Gas, setzte einen Staubsturm unter den toten Blättern in Gang, stand einen Augenblick mit hochgerecktem Motorrad nur auf dem Hinterreifen da und rollte heraus. Ich sprang in den Seville, folgte ihm, so schnell ich konnte, verlor ihn hinter der verlassenen Presse aus den Augen, aber fand ihn eine Sekunde später wieder, wie er zum Dorf zurückfuhr. Ich fuhr schneller und holte ihn ein. Wir kamen an dem Briefkasten vorbei, auf dem

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