Sharpes Beute
Unruhe an der Tür, und er befürchtete schon, seine Verfolger seien bereits aufgetaucht, doch es war nur eine ausgelassene Gruppe Männer und Frauen, die aus dem Regen in die Schenke eilte. Die Männer schüttelten Wasser von Schirmen und halfen den Frauen aus ihren Mänteln. Sharpe nahm an, dass sie aus dem nahen Theater kamen, denn einige der Frauen trugen Abendkleider und alle waren elegant gekleidet und stark geschminkt. Vielleicht waren es Schauspielerinnen oder Nobelhuren, und die Männer waren allesamt Armeeoffiziere in roten Uniformröcken, goldenen Tressen und roten Schärpen. Sharpe wandte hastig den Kopf zur Seite, damit niemand seinen Blick auffing. »Ein Schnäpschen in Ehren kann niemand verwehren«, rief einer der Rotröcke, und das führte zu Heiterkeit und witzigen Bemerkungen. Tische wurden zusammengeschoben und Stühle gerückt, um Platz für die Gesellschaft zu schaffen, die offensichtlich feiern wollte.
Sharpe blickte finster auf sein Ale. Grace hatte das Theater geliebt, aber es war nicht seine Welt, nicht mehr, also zum Teufel damit. Er würde nicht länger Offizier sein. Er hatte jetzt Geld und konnte in die Welt gehen und neu anfangen. Er trank hastig Ale und merkte plötzlich, wie durstig er gewesen war. Er musste sich waschen und seinen Rock säubern. Aber alles zu seiner Zeit, dachte er. Zuerst ins Bett, schlafen oder es wenigstens versuchen. Es war besser, zu schlafen, als an Grace zu denken, und am Morgen konnte er überlegen, wie es weitergehen sollte.
Dann fiel eine schwere Hand auf seine Schulter. »Ich habe Sie gesucht«, sagte eine raue Stimme. »Also hier sind Sie.«
Und Sharpe erstarrte.
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KAPITEL 3
»Ich vergesse nie ein Gesicht«, sagte Major General Sir David Baird. Er war einen Schritt zurückgewichen, alarmiert von dem finsteren Blick, mit dem Sharpe ihn begrüßt hatte. »Sie sind doch Sharpe, nicht wahr?«, fragte er, doch jetzt musterte ihn Sharpe verständnislos. »Nun, sind Sie's oder nicht?«
Sharpe, der sich von seiner Überraschung erholt hatte, nickte. »Ich bin es, Sir.«
»Ich habe Sie einmal vor einer Auspeitschung gerettet, und jetzt sind Sie ein Offizier. Die Wege des Herrn sind manchmal unergründlich, Mister Sharpe.«
»So ist es, Sir.«
Baird, ein großer und muskulöser Mann, trug einen roten Uniformrock mit schweren Epauletten und goldenen Tressen. Er blickte zu seinen Gefährten, der Gruppe, die soeben mit stark geschminkten Frauen eingetroffen war. »Diese jungen Männer dort drüben sind Adjutanten des Duke of York«, sagte er. »Und Seine Majestät bestand darauf, dass sie mich ins Theater bringen. Warum? Das kann ich nicht sagen. Sind Sie jemals zu einem Theaterbesuch gezwungen worden, Sharpe?«
»Einmal, Sir.« Und jeder hatte Grace angestarrt und hinter vorgehaltener Hand über sie getuschelt, und sie hatte es erdulden müssen. Und hinterher hatte sie geweint.
»Sie verneigt sich, um zu erobern. Was für ein blöder Titel ist denn das?«, fragte Baird. »Ich bin am Ende des Prologs eingeschlafen, und so habe ich keine Ahnung. Aber ich habe in letzter Zeit oft an Sie gedacht und Sie gesucht.«
»Mich gesucht?« Sharpe konnte seine Verwunderung nicht verbergen.
»Ist das da Blut an Ihrem Rock? Es ist! Guter Gott, Mann, sagen Sie mir nicht, die Franzmänner sind gelandet.«
»Es war ein Räuber, Sir.«
»Schon wieder einer? Erst vor zwei Tagen wurde ein Captain des ›Dreckigen halben Hundert‹ in der Nähe des Picadilly umgebracht. Müssen Straßenräuber gewesen sein, wie ich hörte. Ich hoffe, Sie haben es dem Bastard ordentlich gezeigt?«
»Das habe ich, Sir.«
»Gut.« Der General nahm Sharpe gegenüber Platz. »Ich hörte, Sie sind zum Offizier gemacht worden. Meinen Glückwunsch. Sie haben Ihre Sache in Indien prächtig gemacht.«
Sharpe schoss das Blut in die Wangen. »Ich habe meine Pflicht erfüllt, Sir.«
»Aber es war eine harte Pflicht, Sharpe, eine sehr harte. Allmächtiger! Sie haben es riskiert, in den Kerker des Tippus geworfen zu werden. Ich bin lange genug in der Gewalt des heidnischen Bastards gewesen, um das keinem anderen Mann zu wünschen. Aber der Typ ist ja jetzt Gott sei Dank tot.«
»So ist es, Sir«, sagte Sharpe. Er hatte den Tippu getötet, obwohl er es nie zugegeben hatte, und es waren die Juwelen des Tippus gewesen, die ihn reich gemacht hatten. Für kurze Zeit.
»Und ich habe weiterhin Ihren Namen gehört«, fuhr Baird
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