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Sharpes Beute

Titel: Sharpes Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Wasser begann an ihrem Heck zu gurgeln und zu schäumen. Die Dämmerung senkte ihre Schatten auf die großen 74er, die Arbeitspferde der britischen Flotte. Sharpe erkannte einige der Schiffsnamen von Trafalgar, die Mars, Minotaur, Orion und Agamemnon, doch die meisten hatte er noch nie gesehen. Die Goliath wirkte im Widerspruch zu ihrem Namen klein neben der Prince of Wales, einem Monster mit 98 Geschützen, an dem der Wimpel des Admirals flatterte. Sie erwiderte den Salut, den die Cleopatra im Vorbeifahren feuerte. Das Donnern der Kanonen war gewaltig, der Rauch dicht.
    Nur ein Schiff, ein anderer 74er, lag jenseits der Prince of Wales. Das Schiff sah gut aus, und Sharpe hatte auf seiner Heimreise von Indien genügend gelernt, um zu erkennen, dass sie in Frankreich erbaut und vom Feind erbeutet worden war. Wasser gurgelte von ihren Pumpen, als die Cleopatra vorbeisegelte, und Sharpe sah, dass Männer in ihrer Arbeit innehielten und die schnittige Fregatte beobachteten. Dann ließ die Cleopatra den 74er hinter sich, und Sharpe konnte die goldene Aufschrift auf ihrem Heck lesen. Pucelle. Sein Puls beschleunigte sich. Die Pucelle! Das Schiff, mit dem er unter dem Kapitän Joel Chase bei Trafalgar gewesen war. Sharpe wusste nicht, ob Chase immer noch ein Captain oder an Bord der Pucelle oder überhaupt am Leben war. Er wusste nur, dass er mit Grace glückselig an Bord des Schiffes gewesen war, das von seinen französischen Erbauern für Jeanne d'Arc la pucelle, die Jungfrau, getauft worden war. Er wollte zum Schiff winken, doch es war zu weit entfernt, und er konnte niemanden an Bord wiedererkennen.
    »Sie sind willkommen, Gentlemen.« Captain Samuels, dunkelhäutig, braunhaarig und finster blickend, war gekommen, um seine Gäste zu begrüßen. »Lieutenant Dunbar wird Ihnen Ihre Quartiere zeigen.« Er sah Sharpe, der sich umgedreht hatte, um wieder zur Pucelle zu blicken, finster an. »Sie finden meine Worte langweilig, Lieutenant?«
    »Nein, Sir. Ich bin mal an Bord dieses Schiffes gewesen.«
    »Auf der Pucelle ?«
    »Hat sie nicht die Revenant bei Trafalgar gekapert, Sir?«
    »Und wenn schon. Es gab viel leichte Beute bei dieser Seeschlacht, Lieutenant.« Der Neid eines Mannes, der nicht mit Nelson gesegelt war, sprach aus Samuels Worten.
    »Waren Sie dort?«, fragte Sharpe. Er wusste, dass es den Kapitän wurmen würde.
    »Ich war nicht dort, und Sie ebenso wenig, Lieutenant, und jetzt werden Sie so höflich sein, mir zuzuhören.« Er zählte die Regeln dieses Schiffes auf, dass sie nicht an Bord rauchen und nicht auf die Takelage klettern durften und zum Achterdeck salutieren mussten. »Sie werden Ihre Mahlzeiten in der Offiziersmesse einnehmen, und ich bitte darum, dass Sie der Crew aus dem Weg bleiben. Ich werde meine Pflicht tun, aber Gott weiß, dass mir das nicht gefallen muss. Ich soll Sie und Ihr verdammtes Gepäck heimlich an Land absetzen, und das werde ich tun, aber ich werde froh sein, wenn ich Sie von hinten sehe, und wieder davonsegeln kann.« Er ging so abrupt fort, wie er gekommen war.
    »Ich liebe es, mich willkommen zu fühlen«, murmelte Lavisser.
    Sharpe blickte wieder nach achtern, doch die Pucelle war nur noch als verschwommener Fleck zu erkennen. Sie war weg, und er segelte wieder. Er segelte in einen Krieg oder um einen Krieg aufzuhalten, oder in Verrat verwickelt zu sein, doch was auch immer es sein würde, er war immer noch Soldat.
 
    Sharpe war ein Soldat ohne Waffen. Er war mit dem offiziell ausgegebenen Säbel an Bord der Cleopatra gegangen, aber mit nichts sonst. Mit nichts Nützlichem. Er beklagte sich darüber bei Lavisser, der sagte, er würde reichlich ausgerüstet werden in Vygard.
    »Es ist das Haus, in dem meine Mutter aufgewachsen ist, und es ist sehr schön.« Er klang wehmütig. »Mein Großvater hat alles, was Sie brauchen könnten: Pistolen, Degen, was Sie sich denken können, obwohl ich bezweifle, dass wir wirklich in gefährliche Situationen geraten werden. Sicherlich haben die Franzosen in Kopenhagen Agenten, aber Sie werden kaum versuchen, mich zu ermorden.«
    »Wo ist Vygard?«, fragte Sharpe.
    »Bei Köge, wo unser gastfreundlicher Kapitän uns an Land bringen soll.« Sie waren elf Tage von Harwich entfernt und segelten unter einer sonnenbeschienenen See. Lavisser lehnte an der Heckreling und wirkte lässig und unbeschwert. Er trug keinen Hut, und in seinem hellen Haar spielte der Wind. Er hatte blaue Augen und ein scharf geschnittenes Gesicht, sodass er wie einer

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