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Sharpes Beute

Titel: Sharpes Beute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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angehalten zu werden, doch keiner schien ihn verdächtig zu finden, und plötzlich waren Sharpe und Bang aus dem Tunnel hinaus. Sharpe seufzte vor Erleichterung.
    »Wunderschöne Worte«, sagte Bang überschwänglich.
    »In der Tat«, pflichtete Sharpe ihm bei, und sein Seufzer ließ es inbrünstig klingen.
    Schließlich galten Bangs Gedanken nicht mehr Sharpes Seele. »Haben Sie sich schon mal mit Mister Skovgaard getroffen?«, fragte er.
    »Nein.« Sie gingen jetzt auf dem überhöhten Fußweg über den Kanal, und Sharpe fühlte sich endlich sicherer.
    »Ich frage, weil es Gerüchte gibt, dass England eine Armee schickt, um unsere Flotte zu übernehmen. Ist da was dran, was meinen Sie?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Bang blickte zu der Säbelscheide, die Sharpe herabgelassen hatte, weil sie jetzt aus der Stadt heraus und in weniger belebten Vororten waren. »Ich dachte, Sie sind vielleicht ein Soldat«, sagte er.
    »Ich war einer«, erwiderte Sharpe.
    »Die Knöpfe auf Ihrem Mantel, nicht wahr? Und der Säbel. Ich wäre gern Soldat geworden, doch mein Vater glaubte, ich sollte besser Geschäftsmann werden, und Mister Skovgaard ist ein sehr guter Lehrer. Ich habe Glück, denke ich. Er ist ein guter Mann.«
    »Und ein reicher?«, fragte Sharpe. Sie hatten die Straße verlassen und gingen über einen Friedhof, und jenseits der niedrigen Friedhofswand konnte Sharpe Herrenhäuser in großen Gärten sehen.
    »Er ist wohlhabend, ja«, sagte Bang, »aber in Sachen des Geistes ist er arm. Sein Sohn starb, seine Frau starb, sie ruhen in Frieden, ebenso sind der Ehemann seiner Tochter und ihr Sohn verstorben. Vier Tote in drei Jahren! Jetzt sind nur noch Mister Skovgaard und Astrid übrig geblieben.«
    Etwas am Klang von Bangs Stimme veranlasste Sharpe, ihn von der Seite anzublicken. Skovgaard hatte eine Tochter und keinen Sohn, was bedeutete, dass die Tochter erben würde. »Und die Tochter, hat sie noch einmal geheiratet?«, fragte Sharpe.
    »Noch nicht«, sagte Bang mit gekünstelter Gleichmütigkeit, entriegelte die Pforte des Friedhoftors und winkte Sharpe hindurch.
    Sie gingen durch eine Allee, bis sie zu einem weiß angestrichenen Tor gelangten, hinter dem eines der großen Häuser stand. Es wirkte neu. In der Stadt schlug eine Kirchturmglocke halb neun, und das Geräusch wurde von anderen Kirchenglocken in den Vororten übertönt, als Bang Sharpe über den langen Zufahrtsweg zum Haus führte.
    Ein Diener in einem braunen Anzug mit Silberknöpfen öffnete die Tür. Er wirkte nicht überrascht, Aksel Bang zu sehen, doch er runzelte die Stirn beim Anblick von Sharpes schmutziger und ungepflegter Kleidung.
    Bang sprach auf Dänisch mit dem Diener, der sich verneigte und ging.
    »Warten Sie bitte hier«, sagte Bang zu Sharpe, »ich werde Mister Skovgaard über Ihr Kommen informieren.«
    Bang verschwand über einen kurzen Korridor, während Sharpe sich in der getäfelten Halle umblickte. Ein Kristalllüster hing an der Decke, ein orientalischer Teppich bedeckte den Boden. Durch eine der geschlossenen Türen drang Musik von einem Spinett oder Cembalo. Er nahm seinen Hut ab und sah sich in einem goldgerahmten Spiegel, der an der Wand über einem zierlichen Tisch hing, auf dem in einer Schale Visitenkarten lagen. Er schnitt eine Grimasse beim Anblick seines Spiegelbilds, zupfte noch einen Strohhalm von seinem Mantel und versuchte sein Haar glatt zu streichen.
    Die Musik hatte aufgehört, und Sharpe, der immer noch in den Spiegel schaute, sah, dass die Tür hinter ihm geöffnet wurde.
    Er wandte sich um, und zum ersten Mal seit Graces Tod hatte er das Gefühl, dass sein Herz einen Sprung machte.
    Ein Mädchen, ganz in Schwarz gekleidet, stand an der Tür und schaute ihn mit einer Mischung aus Erstaunen und Freude an. Sie war groß, sehr blond und blauäugig. Später, viel später bemerkte Sharpe, dass sie eine breite Stirn, volle Lippen und eine lange gerade Nase hatte und dass sie schnell lachte, doch in diesem Moment starrte er sie nur an, und sie starrte zurück, und der Ausdruck der Freude auf ihrem Gesicht erstarb und ging in eine verwirrte Traurigkeit über. Sie sagte etwas auf Dänisch.
    »Entschuldigen Sie, ich verstehe kein Dänisch«, sagte Sharpe.
    »Sie sind Engländer?«, fragte sie, und es klang überrascht.
    »Ja, Miss.«
    Sie schaute ihn sonderbar an und schüttelte dann den Kopf. »Sie sehen so aus wie ...«, sie suchte nach Worten, »... jemand, den ich kannte.« In ihren Augen schimmerten Tränen. »Ich bin

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