Sharpes Festung
ihrer Arbeit. Die Kanonen feuerten, doch er ignorierte den Lärm und starrte auf die steinernen Rampen, die seine Männer erklimmen mussten. »Sie sind steil, Mann«, grollte er, »verdammt steil.«
»Die Wälle sind auf einem Hang erbaut«, sagte Stokes. Er wusste, dass die Breschen steil waren, und deshalb feuerten die Geschütze immer noch. Es bestand keine Hoffnung, die Breschen weniger steil zu machen, doch das weitere Bombardement gab der angreifenden Infanterie wenigstens das Gefühl, dass die Kanoniere versuchten, die Probleme zu vermindern.
»Sie haben Löcher in die Mauer geblasen«, sagte Kenny, »das muss ich zugeben. Aber es sind keine praktischen Löcher, Stokes, sondern verdammt steile.«
»Zwangsläufig«, wiederholte Stokes geduldig.
»Wir sind keine Kletteraffen, wissen Sie«, beschwerte sich Kenny.
»Ich glaube, Sie werden sie praktisch finden, Sir«, sagte Stokes beruhigend. Er und Kenny wussten, dass die Breschen nicht verbessert werden konnten und der Angriff durch sie versucht werden musste. Kennys Murren verriet seine Nervenanspannung, und das konnte ihm Stokes nicht verdenken. Er hätte weder mit einem Degen oder einer Muskete diesen Hang aus steinernen Trümmern hinaufklettern wollen, ohne zu wissen, welches Grauen auf der anderen Seite vom Feind vorbereitet worden war.
Kenny schob widerwillig das Fernrohr zusammen. Er zuckte zusammen, als eine der Achtzehnpfünder-Kanonen donnerte und die Batterie in Rauch hüllte. Dann schritt er in die ätzende Rauchwolke und rief nach Major Plummer, dem Artillerie-Offizier.
Plummer, rußgeschwärzt und schwitzend, tauchte aus dem Rauch auf. »Sir?«
»Sie werden Ihre Geschütze feuern lassen, bis wir in den Breschen sind?«
»Das werde ich, Sir.«
»Dann sollten die Männer ihre verdammten Köpfe unten halten«, sagte Kenny und fischte seine Uhr aus der Tasche. »Es ist jetzt zehn nach neun.«
»Acht nach neun«, sagte Plummer.
»Genau neun Uhr«, sagte Stokes und klopfte gegen seine Uhr, um zu sehen, ob die Zeiger hängen geblieben waren.
»Wir gehen nach meiner Uhr«, bestimmte Kenny, »und wir werden Schlag zehn Uhr vorrücken. Und denken Sie daran, Plummer, zu feuern, bis wir dort sind! Seien Sie nicht zurückhaltend, Mann, hören Sie nicht auf, auch wenn wir schon nahe an der Bresche sind. Heizen Sie den Bastarden ein. Bepfeffern Sie sie!« Er blickte stirnrunzelnd Ahmed an, der bei Stokes stand. Der Junge trug seinen roten Uniformrock, der ihm viel zu groß war. Kenny war drauf und dran, eine Erklärung für die sonderbare Kleidung des Jungen zu verlangen, doch dann zuckte er mit den Schultern und wandte sich ab.
Er ging zu seinen Männern, die auf dem Pfad hockten, der zum Tor der Festung führte. Sie waren vor den Verteidigern durch die Form des Terrains geschützt, doch in dem Moment, in dem sie über die niedrige felsige Anhöhe vorrückten, würden sie Ziele bieten. Dann hatten sie etwa dreihundert Yards freies Terrain vor sich, und wenn sie sich den Wällen näherten, würden sie in die schmale Enge zwischen dem Wasserbecken und dem Abgrund zusammengedrängt sein, wo das Feuer der Verteidiger am heftigsten sein würde. Danach mussten sie durch die Breschen und zu dem Grauen klettern, das vermutlich außer Sicht auf sie wartete.
Die Männer hatten den dürftigen Schatten von Büschen oder Felsbrocken gesucht. Viele waren halb betrunken, denn ihre Offizier hatten Extrarationen an Arrak oder Rum ausgegeben. Keiner hatte Gepäck dabei. Sie hatten nur ihre Musketen, die Munition und Bajonette. Nur wenige von ihnen beteten. Ein Offizier der Schottischen Brigade kniete barhäuptig bei einer Gruppe seiner Männer, und Kenny, fasziniert von dem Anblick, ging an den knienden Soldaten vorbei und hörte sie leise den 23. Psalm wiederholen. Die meisten Männer saßen mit gesenktem Kopf und in Gedanken versunken da. Die Offiziere zwangen sich zur Unterhaltung.
Hinter Kennys tausend Mann würde eine zweite Sturmtruppe folgen, ebenfalls aus Sepoys und Schotten zusammengesetzt. Wenn Kenny scheiterte, dann würde der zweite Sturmtrupp versuchen, weiter vorzudringen, und wenn Kenny Erfolg hatte, würden sie das äußere Fort sichern, während Kennys Männer in das innere Fort vorstießen. Bei beiden Angriffstrupps befanden sich kleine Gruppen von Kanonieren. Ihre Befehle lauteten, herauszufinden, ob noch funktionsfähige Kanonen im äußeren Fort existierten, und sie dann gegen die Verteidiger jenseits der Schlucht zu richten.
Ein Offizier mit
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