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Sharpes Festung

Titel: Sharpes Festung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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den weißen Aufschlägen des 74. Regiments kam den Pfad herauf und bahnte sich seinen Weg zwischen den wartenden Soldaten hindurch. Der Mann trug einen billigen indischen Säbel an der Hüfte und war – ungewöhnlich für einen Offizier – mit einer Muskete und Patronentasche ausgerüstet.
    »Wer, zum Teufel, sind Sie?«, fragte Kenny.
    »Sharpe, Sir.«
    Der Name war Kenny vertraut. »Wellesleys Mann?«
    »Davon weiß ich nichts.«
    Bei Sharpes ausweichender Antwort furchte Kenny die Stirn. »Sie waren bei Assaye dabei, nicht wahr?«
    »Jawohl, Sir.«
    Kennys Miene wurde weicher. Er hatte vieles über Sharpe gehört und bewunderte einen tapferen Mann. »Und was, zum Henker, tun Sie hier, Sharpe? Ihr Regiment ist Meilen entfernt! Es klettert die Straße von Deogaum hoch.«
    »Ich bin hier gestrandet, Sir.« Sharpe sagte sich, dass es keinen Sinn hatte, eine längere Erklärung abzugeben. »Und dann war keine Zeit, um mich wieder dem 74. anzuschließen, Sir, so hatte ich gehofft, mit meiner alten Kompanie zu marschieren. Das sind Captain Morris’ Männer, Sir.« Er wies den Pfad hinauf, wo sich die Leichte Kompanie des 33. zwischen einigen Felsbrocken versammelt hatte. »Natürlich mit Ihrer Erlaubnis, Sir.«
    »Morris wird zweifellos froh über Ihre Hilfe sein, Sharpe«, sagte Kenny, »wie ich auch.« Er war beeindruckt von Sharpes Äußerem, denn der Ensign war groß, offensichtlich stark und sein Gesicht strahlte jugendliche Verwegenheit aus. In der Bresche hingen Sieg oder Niederlage oftmals vom Geschick und der Moral eines einzelnen Mannes ab, und Sharpe war ein entschlossener Mann, der zu kämpfen wusste. »Viel Glück, Sharpe.«
    »Und alles Gute für Sie, Sir«, sagte Sharpe herzlich.
    Während er weiterging, lastete die geliehene Muskete schwer auf seiner Schulter. Eli Lockhart und Syud Sevajee warteten mit ihren Männern bei der dritten Gruppe, den Soldaten, die die Festung besetzen würden, wenn die Angriffstruppen ihre Arbeit erledigt hatten, wenn die ersten zweitausend Mann es geschafft hatten, durch die Breschen vorzustoßen. Ein Gerücht hatte sich verbreitet, dass die Breschen zu steil waren und niemand eine Waffe tragen und gleichzeitig die Rampen erklettern konnte. Die Männer glaubten, sie würden ihre Hände benutzen müssen, um über die Gesteinstrümmer hinwegzuklettern, und so würden sie leichte Ziele für jeden Verteidiger oben in den Breschen sein. Die Kanoniere, grollten sie, hätten mehr von der Mauer zusammenschießen sollen, wenn auch nicht alles, und der Beweis für diese Behauptung war das ständige Feuern ihrer Geschütze. Warum würden die Geschütze weiterhin die Mauer löchern, wenn die Breschen angeblich bereits groß genug waren? Die Männer konnten den Aufprall von Kanonenkugeln auf Steine hören, nahmen gelegentlich das Klackern von Schutt wahr, doch sie hörten keinerlei Feuer aus der Festung. Die Bastarde sparten sich ihren Beschuss für den Angriff auf.
    Sharpe ging an Sepoys vorbei, die eine von Major Stokes’ Bambusleitern trugen. Die dunklen Gesichter der Sepoys grinsten ihn an, und ein Mann bot Sharpe eine Feldflasche an, die starken Arrak enthielt. Sharpe nippte daran, und die Sepoys amüsierten sich, als er vorgab, erstaunt über die umwerfende Wirkung des Schnapses zu sein. »Das ist aber ein scharfer Stoff, Jungs«, sagte Sharpe. Dann ging er weiter auf seine alten Kameraden zu. Sie beobachteten sein Nahen mit einer Mischung aus Überraschung, Wiedersehensfreude und Besorgnis. Als die Leichte Kompanie Sharpe zum letzten Mal gesehen hatte, war er Sergeant gewesen. Kurz zuvor war er als Private ausgepeitscht worden. Und jetzt trug er eine Offiziersschärpe und einen Säbel! Obwohl Offiziere, die aus den Mannschaften befördert worden waren, nicht bei ihren alten Einheiten dienen sollten, hatte Sharpe unter diesen Männern Freunde, und wenn er über die steilen Trümmer von Gawilgarhs Breschen klettern musste, dann wollte er das lieber unter Freunden tun.
    Captain Morris war kein Freund, und er beobachtete Sharpes Nahen mit einer bösen Vorahnung. Sharpe schritt geradewegs zu seinem ehemaligen Kompaniechef.
    »Schön, Sie zu sehen, Charles«, sagte er. Er nannte bewusst den Vornamen, denn er wusste, dass es Morris ärgern würde. »Schöner Morgen, wie?«
    Morris schaute nach links und rechts, als suche er jemanden, der ihm helfen könnte, die Begegnung mit diesem Emporkömmling zu überstehen. Morris hatte Sharpe nie gemocht. Er hatte mit Obadiah Hakeswill dafür

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