Sharpes Festung
Musketenfeuer stiegen Vögel erschreckt von Leichen auf, und Hunde knurrten zwischen den Toten.
Regimenter hoben Gräber für ihre eigenen Gefallenen aus. Es gab nur wenige Soldaten zu beerdigen, denn es waren kaum fünfzig Rotröcke gestorben, aber es gab Hunderte Leichen von Marathen und Arabern, und die lascars , die indischen Träger, die für die Armee den Transport erledigten, begannen die Leichen einzusammeln. In einigen der Feinde war noch Leben, und die Glücklichen davon wurden mit dem Schlag einer Hacke getötet, bevor ihre Gewänder ausgeplündert wurden. Die Unglücklichen wurden in die Sanitätszelte getragen.
Die erbeuteten Geschütze des Feindes wurden inspiziert und ein Dutzend davon als geeignet für britischen Dienst ausgewählt. Sie waren alle gut hergestellt, in Agra geschmiedet von Waffenschmieden, die von Franzosen ausgebildet worden waren, doch einige hatten das falsche Kaliber und ein paar waren mit so vielen Gottheiten verziert, dass kein Kanonier mit Selbstachtung daran arbeiten würde. Diese sechsundzwanzig Geschütze wurden gesprengt. »Ein gefährliches Geschäft«, bemerkte Lieutenant Colonel William Wallace bei Sharpe.
»In der Tat, Sir.«
»Haben Sie den Unfall bei Assaye miterlebt?«, fragte Wallace. Der Colonel nahm seinen Zweispitz ab und fächerte sich Luft ins Gesicht. Der weiße Federbusch war immer noch mit Blut befleckt, das schwarz getrocknet war.
»Ich habe ihn gehört, nicht gesehen«, sagte Sharpe. Der Unfall hatte sich bei der Schlacht von Assaye ereignet, als die vom Feind erbeuteten Geschütze zerstört worden waren und ein großes Belagerungsgeschütz verfrüht explodiert war und zwei Pioniere in den Tod gerissen hatte.
»Seither sind wir knapp an guten Pionieren«, sagte Wallace, »und wir werden sie brauchen, wenn wir nach Gawilgarh marschieren.«
»Gawilgarh, Sir?«
»Eine Geisterfestung, Sharpe, ziemlich unheimlich.« Der Colonel drehte sich um und wies nach Norden. »Nur etwa zwanzig Meilen entfernt, und wenn die Marathen ein bisschen Verstand haben, wird das ihr Ziel sein.« Wallace seufzte. »Ich habe die Festung nie gesehen, also ist sie vielleicht nicht so schlimm, wie man hört, aber ich erinnere mich, dass der arme McCandless den Anblick als Schock bezeichnet hat. Wirklich furchtbar. Wie Stirling Castle, sagte er, nur viel größer und die Felsen sind zwanzigmal höher.«
Sharpe hatte Stirling Castle nie gesehen, und so konnte er sich nicht vorstellen, was der Colonel meinte. Er sagte nichts. Er hatte den Morgen in Muße verbracht, bis Wallace ihn zu sich bestellt hatte, und jetzt ging er mit dem Colonel über das Schlachtfeld. Der arabische Junge folgte mit einem Dutzend Schritten Abstand.
»Ihrer, nicht wahr?«, fragte der Colonel und nickte zu Ahmed hin.
»Ich nehme es an, Sir. Hab ihn gestern sozusagen aufgelesen.«
»Sie brauchten einen Diener, nicht wahr? Urquhart sagte mir, dass Sie keinen haben.«
Urquhart hat also über mich mit dem Colonel gesprochen. Dabei kann nichts Gutes herausgekommen sein, dachte Sharpe. Urquhart hatte herumgenörgelt, er solle sich einen Diener suchen, hatte angedeutet, dass Sharpes Kleidung gewaschen und gebügelt werden müsse – was stimmte –, aber da er nur die Kleidung besaß, die er am Leib trug, sah er keinen Sinn darin, zu penibel zu sein. »Ich hatte eigentlich nicht gewusst, welche Arbeit ich dem Jungen geben soll, Sir«, gab Sharpe zu.
Wallace wandte sich um und sprach in einem indischen Dialekt mit dem Jungen, und Ahmed schaute zu dem Colonel auf und nickte ernst, als hätte er verstanden, was gesagt worden war. Vielleicht hatte er es wirklich kapiert, im Gegensatz zu Sharpe. »Ich habe ihm gesagt, er soll Ihnen richtig dienen«, erklärte Wallace, »und dass Sie ihn anständig bezahlen werden.« Der Colonel schien Ahmed zu missbilligen, oder vielleicht missbilligte er alles, was mit Sharpe zu tun hatte, obwohl er sein Bestes tat, um freundlich zu sein. Es war Wallace gewesen, der für Sharpes Verwendung im 74. gesorgt hatte, und Wallace war ein enger Freund von Colonel McCandless gewesen. So nahm Sharpe an, dass der fast kahlköpfige Colonel so etwas wie ein Verbündeter war. Trotzdem fühlte sich Sharpe in der Gesellschaft des Schotten unbehaglich. Er fragte sich, ob er sich unter Offizieren jemals entspannt fühlen konnte.
»Wie geht es Ihrer Frau, Sharpe?«, fragte Wallace heiter.
»Meiner Frau, Sir?«, fragte Sharpe verwirrt.
»Ich meine die Französin, mit der Sie zusammen waren. Kann
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