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Sharpes Festung

Titel: Sharpes Festung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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die Hölle, ja?«
    Lockhart hockte sich neben den sterbenden Mann und umfasste seine Beine. Dann zog er hart und fluchte, als Naig Wasser auf ihn abließ. Er zerrte wieder, und schließlich zappelte Naig nicht mehr. »Sie haben gesehen, was geschieht, wenn Sie uns bestehlen?«, rief der Kavallerie-Captain. Dann wiederholte er die Worte auf Indisch. »Wer uns bestiehlt, wird sterben!« Abermals übersetzte er das. Dann grinste er Sharpe schief an. »Aber nur, wenn sie dumm genug sind, sich erwischen zu lassen, und ich bezweifle, dass Naig überhaupt dumm war. Eher das Gegenteil. Wie haben Sie zufällig das Versorgungsmaterial entdeckt, Ensign?«
    »Im Zelt war ein Feuer ausgebrochen«, sagte Sharpe mit ausdruckslosem Gesicht. »Ich und Sergeant Lockhart entschieden uns, zu retten, was zu retten ist.«
    »Wie sozial gesinnt von Ihnen.« Der Captain sah Sharpe lange und forschend an und wandte sich dann wieder an Lockhart. »Ist er tot, Sergeant?«
    »So gut wie, Sir«, rief Lockhart zurück.
    »Benutzen Sie Ihre Pistole, um das sicherzustellen«, befahl der Captain. Dann seufzte er. »Eine Schande. Ich habe Naig ziemlich gemocht. Er war natürlich ein Schurke, aber Schurken sind viel amüsanter als ehrbare Männer.« Er beobachtete, wie Lockhart die Deichsel herabließ, sich dann über den am Boden liegenden Körper neigte und ihm eine Kugel in den Schädel schoss. »Ich nehme an, ich werde einige Karren suchen müssen, um diese Waren dorthin zurückzubringen, wohin sie gehören«, sagte der Captain.
    »Ich werde das tun, Sir«, sagte Sharpe.
    »Sie?« Der Captain war über diese Bereitschaft erstaunt. »Warum um alles in der Welt wollen Sie das tun, Ensign?«
    »Es ist mein Job, Sir«, sagte Sharpe. »Ich bin Captain Torrances Assistent.«
    »Sie armer, blöder Bastard«, sagte der Captain mitleidig.
    »Arm, Sir? Warum?«
    »Weil ich Captain Torrance bin. Einen schönen Tag, Ensign.« Torrance machte auf dem Absatz kehrt und ging durch die Menge davon.
    »Bastard«, murmelte Sharpe, denn er hatte plötzlich verstanden, warum Torrance so begierig darauf gewesen war, Naig aufzuhängen.
    Er spuckte hinter dem Captain aus und machte sich dann auf die Suche nach einigen Ochsen und Karren. Die Armee hatte ihr Versorgungsmaterial zurück, aber Sharpe hatte sich einen neuen Feind gemacht. Als ob Hakeswill nicht schon gereicht hätte, jetzt hatte er auch in Torrance einen Todfeind.
 
    Der Palast in Gawilgarh war ein lang gestrecktes Gebäude am höchsten Punkt des inneren Forts. Im Norden befand sich der größte, von einem Park umgebene Teich Gawilgarhs. Der See war ein Wasserreservoir, und seine Ufer waren mit blühenden Bäumen bewachsen. Eine Treppe führte vom Palast zu einem kleinen Pavillon am nördlichen Ufer des Teiches. Der Pavillon hatte eine gewölbte Decke, auf der sich die kleinen Wellen des Teiches widergespiegelt hätten, doch in diesem Jahr war es so trocken gewesen, dass der Wasserpegel acht oder neun Fuß tiefer als gewöhnlich war. Das Wasser und die Ufer waren mit grünem, übel riechendem Schaum bedeckt. Beny Singh, der Killadar von Gawilgarh, hatte veranlasst, dass in flachen Kohlenpfannen Kräuter verbrannt wurden, damit das Dutzend Männer in dem Pavillon nicht vom Gestank des Sees gestört wurde.
    »Wenn nur der Radscha hier wäre«, sagte Beny Singh, »dann wüssten wir, was wir tun müssen.« Beny Singh war ein kleiner, pummeliger Mann mit Schnurrbart und nervös blickenden Augen. Er war der Kommandant der Festung, jedoch ein Höfling, kein Soldat, und er hatte das Kommando über die große Festung stets als eine Lizenz zum Reichwerden betrachtet, statt gegen die Feinde des Radschas zu kämpfen.
    Prinz Manu Bappu war nicht überrascht, dass sein Bruder sich entschieden hatte, nicht nach Gawilgarh zu kommen, sondern stattdessen weiter in die Hügel zu fliehen. Der Radscha war wie Beny Singh, hatte nicht den Mumm zum Kampf, doch Bappu hatte die ersten britischen Truppen über die Ebene unterhalb der hohen Wälle der Festung ziehen sehen, und er begrüßte ihr Kommen. »Wir brauchen meinen Bruder nicht hier, um zu wissen, was wir tun müssen«, sagte er. »Wir kämpfen.« Die anderen Männer, alle Kommandeure verschiedener Truppen, die Zuflucht in Gawilgarh gesucht hatten, äußerten ihre Zustimmung.
    »Die Briten können nicht durch Mauern aufgehalten werden«, sagte Beny Singh. Er streichelte einen kleinen, weißen Schoßhund, dessen Augen so groß und angsterfüllt waren wie die seines

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