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Sharpes Feuerprobe

Titel: Sharpes Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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erleichtern und wurde rot, als sich das Gesicht des Sultans dicht zu ihm neigte und das starke Parfüm des Monarchen in seine Nase drang.
    Dann trat Sharpe zurück und hob wie die anderen Soldaten das Medaillon an die Lippen und küsste es. Als er das tat, hätte er fast schwören können, dass das Ding nicht aus Messing bestand, sondern wirklich aus purem Gold.
    »Gehen Sie zurück«, raunte Gudin.
    Sharpe verneigte sich vor Tippu und trat unbeholfen wieder an seinen Platz in der Reihe. Tippu sprach von Neuem, doch diesmal gab sich niemand die Mühe, für Sharpe zu übersetzen, und dann war die kleine Zeremonie vorüber und Tippu wandte sich um und kehrte in den Palast zurück.
    »Sie sind jetzt offiziell ein Held von Maisur«, sagte Gudin trocken, »einer der vom Sultan geliebten Tiger.«
    »Das habe ich nicht verdient, Sir«, sagte Sharpe und schielte auf das Medaillon. Eine Seite war mit einem aufwändigen Muster versehen, die andere mit einem Tigerkopf, dessen Gesicht aus kunstvollen Schriftzeichen geformt zu sein schien. »Bedeutet das etwas, Sir?«, fragte er Gudin.
    »Es heißt, Sharpe, Assad Allah al-ghalib , was Arabisch ist und ›der Löwe Gottes ist siegreich‹ bedeutet.«
    »Löwe, nicht Tiger?«
    »Es ist ein Vers aus dem Koran, Sharpe, aus der moslemischen Bibel, und ich nehme an, in der Heiligen Schrift werden Tiger nicht erwähnt. Es kann nicht sein, denn sonst hätte der Sultan das Zitat sicherlich nicht benutzt.«
    »Komisch, nicht wahr?«, sagte Sharpe und blickte auf das schwere Goldmedaillon.
    »Was?«
    »Das britische Tier ist ein Löwe, Sir.« Sharpe lachte leise und wog das Gold in seiner Hand. »Er ist reich, dieser Tippu?«
    »So reich man nur sein kann.«
    »Und das sind richtige Steine? Dieser Rubin in seinem Turban und der Diamant auf seinem Dolch?«
    »Beides so viel wert wie das Lösegeld für einen König, Sharpe, aber seien Sie vorsichtig. Der Diamant heißt Mondstein, und er soll jedem Unglück bringen, der ihn stiehlt.«
    »Ich habe nicht daran gedacht, ihn zu stehlen, Sir«, sagte Sharpe, obwohl er genau diesen Gedanken gehabt hatte. »Aber was ist hiermit?« Er hob das schwere Medaillon an. »Darf ich das behalten?«
    »Selbstverständlich. Obwohl ich sagen möchte, dass nur Sie es erhalten haben, übertreibt ein wenig Ihre Ta t e n. «
    Sharpe nahm das Medaillon vom Hals. »Sie können es haben, Sir.« Er hielt das Gold dem Franzosen hin. »Wirklich, Sir! Nehmen Sie es.«
    Gudin wich zurück und hob entsetzt die Hände. »Wenn der Sultan herausfinden würde, dass Sie es weggegeben haben, Sharpe, würde er Ihnen niemals verzeihen! Das ist ein Zeichen der Ehre. Sie müssen es immer tragen.« Der Colonel zog eine Taschenuhr und ließ den Deckel aufschnappen. »Ich habe Pflichten, Sharpe, und das erinnert mich. Ihre Frau wird Sie in dem kleinen Tempel neben Appah Raos Haus erwarten. Wissen Sie, wo das ist?«
    »Nein, Sir.«
    »Gehen Sie zur Nordseite des großen Hindu-Tempels«, sagte der Colonel, »und immer weiter, bis Sie fast zur Stadtmauer gelangen. Dort biegen Sie nach links ab, und Sie werden den Tempel zu Ihrer Linken sehen. Er hat eine dieser Kühe über dem Tor.«
    »Warum hat man hier Kühe über den Toren, Sir?«
    »Aus demselben Grund stellen wir Kruzifixe in unsere Kirchen. Religion. Sie stellen zu viele Fragen, Sharpe.« Der Colonel lächelte. »Ihre Frau wird Sie dort treffen, aber denken Sie daran, Corporal, Wachdienst bei Sonnenuntergang!«
    Mit diesen Worten schritt Gudin davon, und Sharpe, mit einem letzten Blick zu dem schläfrigen Tiger, folgte ihm.
 
    Es war nicht schwer, den kleinen Tempel zu finden, der gegenüber dem alten Torweg stand, der durch die westliche Verteidigungsanlage führte. Es waren diese Wälle, vor denen McCandless gewarnt hatte, doch Sharpe, der vom Eingang des Tempels aus auf sie starrte, konnte nichts Sonderbares daran entdecken. Eine lange Rampe führte hinauf zum Schützenauftritt, und ein paar Soldaten mühten sich ab, einen mit Raketen beladenen Handkarren zu der Brustwehr hinaufzuschieben, wo ein Dutzend große Geschütze unbeaufsichtigt in ihren Schießscharten standen, doch er konnte nichts Unheilvolles entdecken, keine Falle, die eine Armee vernichten konnte.
    Eine der Fahnen mit dem Sonnenwappen des Sultans flatterte an einem hohen Mast über dem Torturm, flankiert von zwei kleineren grünen Fahnen, die ein silbernes Wappenbild zeigten. Der Wind hob eine der Fahnen an, und Sharpe sah den gleichen Tigerkopf in Kalligrafie, der

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