Sharpes Feuerprobe
groß und stumm hinter Tippu auf der oberen Veranda des Palastes.
Appah Rao missbilligte, was geschehen würde, doch er wagte nicht, dagegen zu protestieren, denn jedes Zeichen von mangelnder Loyalität eines Hindus reichte, um das Misstrauen des Sultans zu wecken. Außerdem konnte Tippu nicht von etwas abgeraten werden. Seine Astrologen hatten ihm gesagt, dass eine Periode des Unglücks gekommen sei und sie nur durch Opfer abgewendet werden könne. Andere Weise hatten auf die von Rauch umhüllte Oberfläche in einem Topf mit heißem Öl gespäht, die beliebteste Art der Weissagung Tippus, und hatten die sonderbar gefärbten und sich langsam bewegenden Wirbel entziffert, um die gleiche grimmige Prophezeiung zu machen: Eine Zeit des Unglücks war nach Seringapatam gekommen. Dieses Unglück hatte sowohl zur Einnahme der Mühlenfestung als auch zur Zerstörung der Geschütze auf dem äußeren westlichen Wall geführt, und Tippu war entschlossen, diese plötzliche Pechsträhne abzuwenden.
Tippu ließ seinen Soldaten noch einen Augenblick länger die Freude an dem Tigermodell, dann klatschte er in die Hände und befahl seinen Dienern, das Modell in den Inneren Palast zurückzubringen. Den Platz des Tigermodells nahm ein Dutzend jettis ein, die mit nacktem, glänzendem Oberkörper über den Vorplatz schritten. Einen Moment amüsierten sie die Soldaten mit ihren mehr profanen Tricks: Sie bogen Eisenstangen zu Kreisen, hoben erwachsene Männer auf beide Hände oder jonglierten mit Kanonenkugeln.
Dann wurde eine mit Ziegenfell bespannte Trommel geschlagen, und die jettis gingen zurück in den Schatten unter dem Balkon des Sultans. Die zuschauenden Soldaten verfielen in erwartungsvolles Schweigen, dann grollten sie, als eine traurige Gesellschaft von Gefangenen auf den Vorplatz getrieben wurde.
Es waren dreizehn Gefangene, alle im roten Waffenrock, alles Männer des 33. Regiments, die während der Kämpfe der Nacht im Sultanpetah tope gefangen genommen worden waren.
Die dreizehn Männer standen unsicher inmitten des Rings ihrer Feinde. Die Sonne brannte herab. Einer der Gefangenen, ein Sergeant, zuckte zusammen, als er auf die Reihen der tigergestreiften Soldaten starrte, und in seinem Gesicht zuckte es immer noch, als er sich umdrehte und mit angespannter Neugier beobachtete, wie Tippu an das Geländer der oberen Veranda trat und zu seinen Soldaten sprach.
Der Feind habe Glück gehabt, sagte Tippu. Er habe ein paar billige Siege im Westen der Stadt errungen, aber das sei kein Grund, ihn zu fürchten. Die britischen Zauberer hätten in dem Wissen, dass die Tiger von Maisur nicht besiegt werden können, einen mächtigen Zauberbann benutzt, doch mit der Hilfe Allahs würde er vernichtet werden.
Die Soldaten begrüßten die Ansprache mit einem langen und anerkennenden Seufzen, während die Gefangenen, nicht in der Lage, die Worte des Sultans zu verstehen, besorgt drein blickten und keinen Sinn darin erkennen konnten, was diese Schau zu bedeuten hatte.
Wachleute umringten die Gefangenen und schoben sie zurück zum Palast, ließen nur einen Mann allein auf dem Vorplatz stehen. Dieser Mann versuchte, sich seinen Kameraden anzuschließen, doch ein Wachmann stieß ihn mit einem Bajonett zurück, und der ungleiche Wettstreit des verwirrten Gefangenen mit dem bewaffneten Wächter führte zu Gelächter. Der Gefangene, zurückgetrieben in die Mitte des Vorplatzes, wartete nervös.
Zwei jettis schritten zu ihm. Sie waren hünenhafte, bärtige Männer mit langem Haar, das am Hinterkopf zusammengebunden war. Der Gefangene leckte sich nervös über die Lippen, die jettis lächelten, und plötzlich schien der Rotrock zu spüren, welches Schicksal ihm drohte, und er wich zwei, drei Schritte von den Muskelmännern fort.
Die zuschauenden Soldaten lachten, als der Rotrock ängstlich zurückwich, doch er war von drei Wällen tigergestreifter Infanteristen umgeben, und es gab keinen Fluchtweg. Er versuchte, den beiden jettis auszuweichen, doch einer von ihnen griff nach ihm und hielt ihn am roten Rock fest. Der Gefangene schlug mit den Fäusten nach dem jetti , aber es war, als wolle ein Kaninchen einen Wolf mit Schlägen vertreiben. Die zuschauenden Soldaten lachten von Neuem, doch da war eine gewisse Nervosität bei ihrer Belustigung.
Der jetti zog den Gefangenen an seinen Körper heran, dann presste er ihn in einer letzten, schrecklichen Umarmung an sich. Der zweite jetti hielt den Kopf des Rotrocks fest, verharrte, um tief Luft zu
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