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Sharpes Feuerprobe

Titel: Sharpes Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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umgeworfen wurde. Dutzende schwere Kanonen stürzten in den gefluteten Wassergraben zwischen der Stadt und dem Glacis, und jeder Absturz wurde mit einem Hochruf der Belagerer begrüßt.
    Der Westwall wurde von Geschützen entblößt, und das überragende Können der Artilleristen schien einen leichten Sturmangriff zu versprechen. Die Moral der alliierten Truppen stieg an.
    Tippu kochte vor Zorn, als er in der Stadt beobachtete, wie seine wertvollen Geschütze zerstört wurden. Die Mühlenfestung, auf die er so große Hoffnung gesetzt hatte, um den Feind aufzuhalten, bis der Monsun ihn wegschwemmte, war gefallen wie ein Kinderspielzeug. Und jetzt waren seine kostbaren Geschütze ausgelöscht.
    Tippu hielt es für an der Zeit, seinen Soldaten zu zeigen, dass diese rot berockten Feinde keine unbesiegbaren Dämonen, sondern sterbliche Menschen waren, und dass sie wie jeder sterbliche Mensch zum Wimmern gebracht werden konnten.
    Es war an der Zeit, die Tigerkrallen auszufahren.
 
    Eine halbe Stunde Spaziergang östlich der Stadt, gerade außerhalb des Schutzwalls, der das Lager Tippus schützte, lag sein Sommerpalast, der Daria Dowlat. Er war viel kleiner als der Innere Palast in der Stadt, denn im Inneren Palast lebte sein enormer Harem, und dort hatten seine Ratgeber ihre Räumlichkeiten und seine Armee ihr Hauptquartier, und so gab es eine Ausbreitung von Stallungen, Lagerhäusern, Höfen, Staatszimmern und Gefängniszellen. Der Innere Palast brodelte vor Aktivität, ein Platz, auf dem Hunderte Leute ihr tägliches Leben führten, während der Sommerpalast, in weiten grünen Parks gelegen und mit einer dicken Hecke von Aloe umgeben, eine Oase des Friedens war.
    Der Daria Dowlat war nicht erbaut worden, um zu beeindrucken, sondern um Komfort zu bieten. Nur zwei Stockwerke hoch, war das Gebäude aus Teakholz errichtet, über das Stuck gelegt, modelliert und angestrichen worden war, sodass die Wände im Sonnenschein glänzten. Der gesamte Palast war von einer zweistöckigen Veranda umgeben, und am westlichen äußeren Wall, unter der Veranda, wo es in der Sonne nicht verbleichen konnte, hatte Tippu ein großes Wandgemälde schaffen lassen, das die Schlacht von Pollilur zeigte, bei der er vor siebzehn Jahren eine britische Armee vernichtend geschlagen hatte. Dieser große Sieg hatte Maisurs Herrschaftsgebiet bis zur Malabar-Küste ausgedehnt, und zu Ehren des Triumphs war der Palast errichtet worden und hatte seinen Namen erhalten: der Daria Dowlat oder »Schatz der See«.
    Der Palast lag an der Straße, die zur östlichen Spitze der Insel führte, dieselbe Straße, an der das feine, elegante Mausoleum erbaut war, in dem Tippus Großvater, sein Vater Hyder Ali, und seine Mutter, die Begum Fatima, beigesetzt waren. Dort würde eines Tages Tippu seine letzte Ruhe finden, darum betete er.
    Der Park des Daria Dowlat war ein weiter Rasen, getupft mit Teichen, Baum- und Buschgruppen und Blumenrabatten. Rosen und Mangobäume blühten hier, doch es gab auch exotische Dinge wie Indigo und Baumwolle, gemischt mit Ananas aus Afrika und Avocados aus Mexiko, deren Anbau Tippu ermuntert oder die er in der Hoffnung importiert hatte, dass es profitabel für das Land sein würde.
    Doch an diesem Tag, nachdem die Mühlenfestung sich nicht mehr vor Rauch, Feuer und Blut hatte retten können, war der Park mit zweitausend von den dreißigtausend Soldaten des Sultans gefüllt. Die Männer waren an drei Seiten des Karrees nördlich des Palastes angetreten, und die schattige Fassade des Daria Dowlat war die vierte Seite des Quadrats.
    Tippu hatte für seine Soldaten Unterhaltung befohlen. Es gab Tänzerinnen aus der Stadt, zwei Jongleure und einen Schlangenbeschwörer. Und das Beste von allem, Tippus hölzerne Tigerorgel, war aus dem Inneren Palast geholt worden, und die Soldaten lachten, als der lebensgroße Modelltiger seine Pranken über das blutig bemalte Gesicht des Rotrocks schlug. Das von einem Blasebalg erzeugte Grollen war nicht sehr weit zu hören, ebenso wenig der Mitleid erregende Schrei des Opfers des Tigers. Doch die Aktion des Spielzeugs allein reichte aus, um die Männer zu amüsieren.
    Tippu traf kurz nach Mittag auf einem Palankin, einer indischen Sänfte, ein. Keiner seiner europäischen Berater begleitete ihn, ebenso wenig waren irgendwelche seiner europäischen Soldaten anwesend, doch Appah Rao war dort, denn zwei seiner fünf cushoons , die im Palastgarten paradierten, kamen aus Raos Brigade. Und der Hindu-General stand

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