Sharpes Feuerprobe
Feuer hinzu. Noch mehr Steine stürzten in die Gräben, als die Kanoniere mit ihren schweren Geschossen die große Bastion abnagten.
Am nächsten Tag eröffneten weitere der Belagerungsgeschütze das Feuer, doch diese Waffen zielten auf die Kavaliere am südlichen Ende des westlichen Walls. In diesen Kavalieren waren kleine Kanonen aufgestellt, doch ihre Schießscharten wurden im Verlauf des Morgens zerstört und die Geschütze der Verteidiger von ihren Lafetten geschleudert.
Und immer noch hämmerte das Geschossfeuer der Batterien auf die nordwestliche Bastion, bis um ein Uhr die große Befestigung zusammenbrach. Zuerst war das Geräusch der einstürzenden Bastion wie das Knirschen und Ächzen eines tiefen Erdbebens zu hören, dann wurde es zum Grollen und Donnern, als sich die massiven Brustwehren in einer riesigen Staubwolke auflösten, die sich langsam auf den Kaveri senkte, sodass sich das Wasser fast eine Meile weit stromabwärts weiß wie Milch färbte.
Nachdem die Bastion gefallen war, herrschte eine unheimliche Stille, denn die Geschütze der Belagerer schwiegen.
Die Soldaten des Sultans eilten zu den Wällen, die Musketen und Raketen bereit, doch keine Angreifer regten sich in den britischen Linien. Ihre Fahnen flatterten unverschämt in der Brise, doch die Rotröcke und ihre eingeborenen Verbündeten blieben in ihren Schützengräben.
Ein tapferer Mann von Tippus Armee wagte es, auf den Trümmerhaufen zu steigen, der die nordwestliche Ecke der Verteidigungsanlage der Stadt gewesen war. Staub bedeckte die Tigerstreifen seines Rocks, als er durch die wackligen Trümmer kroch und die grüne Fahne suchte, die von der höchsten Brustwehr der Bastion geflogen war. Er barg die Fahne, schüttelte den Staub aus ihren Falten und schwenkte sie in der Luft. Ein feindlicher Kanonier sah die Bewegung und feuerte sein riesiges Geschütz ab. Die Kugel kreischte durch den Staub, prallte an den Trümmern ab, hüpfte über die nördliche Verteidigungsanlage und platschte in den weiß gefärbten Fluss.
Der unversehrte Soldat schwenkte wieder die Fahne, dann rammte er deren gebrochenen Stab auf die Spitze des Trümmerhaufens der Bastion.
Tippu inspizierte die Beschädigungen an seinem westlichen Wall. Die Geschütze waren von den südlichen Kavalieren verschwunden, und die nordwestliche Bastion war unhaltbar, doch es gab an beiden Stellen keine Bresche, und sowohl der äußere als auch der innere Wall waren unbeschädigt. Das niedrige Glacis hatte den unteren Teil des Walls geschützt, und obwohl einige Steine der nordwestlichen Bastion in den überfluteten Graben gefallen waren, war keine Rampe entstanden, über die ein Sturmtrupp klettern konnte.
»Sie haben unsere flankierenden Geschütze zerstört«, erklärte Tippu seinem Gefolge. »Was bedeutet, dass sie immer noch planen, in der Mitte des Walls anzugreifen. Dort wollen wir sie kommen lassen.«
Colonel Gudin stimmte ihm zu. Eine Zeit lang war er – wie der Sultan – besorgt gewesen, dass das britische Bombardement bedeutete, dass sie vorhatten, an der nordwestlichen Ecke in die Stadt einzudringen, doch jetzt, nach dem Zusammenbruch des Turms, schien die Strategie des Feindes klar zu sein. Die Briten hatten nicht versucht, eine Bresche zu schaffen, sondern stattdessen zwei Stellen abgerissen, wo Tippu in der Höhe Geschütze aufstellen konnte, um ihr Feuer auf die Flanken der heranstürmenden Soldaten zu richten. Als Nächstes würde die Bresche geschaffen werden.
»Es wird dort sein, wo wir sie haben wollen, dessen bin ich sicher«, bestätigte Gudin Tippus Vermutung.
Der Mann, der die Fahne auf die Spitze der Trümmer der Bastion gesteckt hatte, wurde auf dem Westwall zu Tippu gebracht, dicht bei der Stelle, wo die Türme gefallen waren. Tippu belohnte ihn mit einem Beutel Gold. Der Mann war ein Hindu, und das erfreute Tippu, der sich stets Sorgen machte, ob solche Männer loyal zu ihm standen.
»Ist er einer von Ihren Männern?«, fragte er Appah Rao, der ihn bei der Inspektion begleitete.
»Nein, Hoheit.«
Tippu drehte sich jäh um und starrte hinauf ins Gesicht des großen Appah Rao. »Bei diesen elenden Männern Gudins«, sagte Tippu, »war da nicht eine Frau dabei?«
»Jawohl, Hoheit.«
»Und ist sie nicht zu Ihrem Haus gegangen?«
»Das ist sie, Hoheit, aber sie ist gestorben.« Die Lüge kam Appah Rao glatt über die Lippen.
Tippu war neugierig gemacht. »Gestorben?«
»Sie war ein mickriges krankes Geschöpf«, sagte Appah Rao gespielt
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