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Sharpes Feuerprobe

Titel: Sharpes Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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gewinnen. Der Dolmetscher übersetzte Gudins Französisch in Tippus Persisch.
    Tippu verstand etwas Französisch, und er sprach die Sprache gut genug, doch er zog Persisch vor, denn es erinnerte ihn daran, dass sein Stammbaum bis auf die großen persischen Dynastien zurückging. Tippu fühlte sich immer den dunkelhäutigeren Eingeborenen von Maisur überlegen. Er war ein Moslem, er war ein Perser und Herrscher, während sie größtenteils Hindus waren, und sie alle, ob reich oder arm, groß oder klein, seine ergebenen Untertanen waren.
    »Hoheit?«, versuchte es Colonel Gudin aufs Neue.
    »Colonel?« Tippu war ein kleiner, rundlicher Mann mit Schnurrbart, großen Augen und vorspringender Nase. Sein Aussehen war nicht beeindruckend, doch Gudin wusste, dass das wenig anziehende Äußere Tippus einen entschlossenen Geist und ein tapferes Herz verbarg.
    Obwohl Tippu Gudin zur Kenntnis nahm, drehte er sich nicht um, um ihn anzusehen. Stattdessen neigte er sich im Sattel vor, mit einer Hand auf dem Tigergriff seines gekrümmten Säbels, während er beobachtete, wie seine Infanterie gegen die ungläubigen Briten marschierte.
    Der Säbel hing an einer Seidenschärpe über der blassgelben Seidenjacke, die er zu seiner Chintzhose trug. Sein Turban war aus roter Seide und mit einem goldenen Abzeichen befestigt, das eine Tiermaske zeigte.
    Die gesamte Ausrüstung Tippus war mit dem Tiger verziert, denn der Tiger war sein Talisman und seine Inspiration, doch das Abzeichen auf seinem Turban zeigte auch seine Verehrung für Allah, denn das Gesicht des fauchenden Tigers wurde aus kunstvollen Lettern gebildet, aus denen man einen Vers des Korans formen konnte: »Der Löwe Gottes ist der Eroberer.« Darüber, angeheftet an die kurze weiße Feder des Turbans, funkelte ein Rubin von der Größe eines Taubeneis im Sonnenschein des Tages.
    »Colonel?«, sagte Tippu von Neuem.
    »Es wäre klug, Hoheit«, sagte Gudin zögernd, »wenn wir die Kanonen und Kavallerie an die britische Flanke vorrücken lassen würden.« Gudin wies zum 33. Regiment, das in seiner dünnen roten Linie auf den Angriff der Kolonne von Tippus Truppen wartete. Wenn Tippu eine Flanke dieser zerbrechlichen Linie mit Kavallerie bedrohte, würde das britische Regiment gezwungen sein, ein Karree zu formieren und somit drei Viertel seiner Musketen eine Chance nehmen, auf die Kolonne zu feuern.
    Tippu schüttelte den Kopf. »Wir werden diesen Abschaum mit unserer Infanterie hinwegfegen, Gudin, und dann die Kavallerie gegen die Bagage einsetzen.« Er ließ den Griff seines Säbels los, um flüchtig seine Finger zu reiben. »Und Allah erfreuen.«
    »Und wenn sich Allah nicht freut?«, fragte Gudin. Er hoffte, dass sein Dolmetscher diese unverschämte Frage in etwas für den Sultan Akzeptableres übersetzen würde.
    »Dann werden wir sie von den Mauern von Seringapatam aus besiegen«, antwortete Tippu und wandte sich kurz von der Beobachtung der Schlachtvorbereitungen ab, um Colonel Gudin zuzulächeln. Es war kein freundschaftliches Lächeln, sondern eine barbarische Grimasse der Vorfreude. »Wir werden sie mit der Kanone vernichten, Colonel«, fuhr Tippu genüsslich fort, »und sie zerschmettern, und in ein paar Wochen wird der Monsun ihre Überlebenden wegschwemmen und danach, wenn es Allah gefällt, werden wir flüchtende Engländer von hier bis zum Meer jagen.«
    »Wenn es Allah gefällt«, sagte Gudin resigniert. Offiziell war er ein Berater des Sultans, geschickt vom Direktorium in Paris, um zu helfen, dass Maisur die Briten besiegte, und der geduldige Gudin hatte sein Bestes getan, um einen Rat zu geben. Es war nicht seine Schuld, wenn dieser in den Wind geschlagen wurde.
    Er rieb Fliegen von seinem Gesicht und beobachtete, wie die Männer des 33. Regiments ihre Musketen anlegten. Wenn diese Musketen krachen, dachte der Franzose, wird die Front von Tippus Kolonne zusammenbrechen wie eine Honigwabe unter dem Schlag eines Hammers. Doch das Gemetzel würde Tippu wenigstens lehren, dass Schlachten nicht gegen disziplinierte Truppen gewonnen werden konnten, wenn nicht jede Waffe gegen sie genutzt wurde: Kavallerie, die sie zwang, sich zum Schutz eng zusammenzuschließen, dann Artillerie und Infanterie, um in die massierten Reihen zu feuern.
    Tippu wusste das sicherlich, doch er hatte darauf bestanden, seine dreitausend Infanteristen ohne Kavallerieunterstützung in die Schlacht zu schicken, und Gudin konnte nur annehmen, dass er entweder glaubte, dass Allah an diesem

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