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Sharpes Feuerprobe

Titel: Sharpes Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Singh, und dann platzte er damit heraus, dass sie sicher sein würde, denn er hatte den Befehl erhalten, den britischen Colonel aus dem Kerker zu befreien und ihn in Appah Raos Haus zu bringen, wo McCandless’ Anwesenheit die Frauen schützen würde. »Wenn die Briten überhaupt durch den Wall kommen«, fügte er zweifelnd hinzu.
    »Was ist mit meinem Bruder?«, fragte Mary.
    Kunwar Singh zuckte mit den Schultern. »Für ihn habe ich keine Befehle.«
    »Dann werde ich mit dir kommen«, erklärte Mary.
    »Das kannst du nicht!« Kunwar Singh war oftmals schockiert über Marys Eigenmächtigkeit, fand sie jedoch auch reizvoll.
    »Du kannst mich nicht aufhalten«, sagte sie. »Entweder du erschießt mich oder lässt mich mitkommen. Entscheide dich.« Sie wartete nicht auf seine Antwort, sondern eilte in ihr Quartier, um sich die Pistole zu nehmen, die Appah Rao ihr gegeben hatte.
    Kunwar Singh erhob keinen weiteren Einwand. Er war verwirrt wegen der Entwicklung der Ereignisse, und obwohl er spürte, dass die Loyalität seines Herrn schwankte, wusste er noch nicht, für welche Seite er sich letzten Endes entscheiden würde.
    »Ich kann deinen Bruder nicht hierher kommen lassen«, warnte er Mary, als sie in den Hof zurückkehrte.
    »Wir können ihn befreien«, sagte Mary, »und danach kann er sich um sich selbst kümmern. Darin ist er gut.«
    Die Straßen der Stadt waren sonderbar verlassen. Die meisten der Soldaten Tippus befanden sich auf den Wällen, und jeder, der nichts bei der bevorstehenden Schlacht zu tun hatte, hatte sich in seinem Haus versteckt und die Türen abgeschlossen. Ein paar Männer fuhren Handkarren mit Munition und Raketen zu den Wällen, doch es waren kein Ochsenkarren und keine geöffneten Läden zu sehen.
    Ein paar heilige Kühe wanderten mit erhabener Gleichgültigkeit durch die Stadt, doch sonst wirkte sie wie eine Geisterstadt, und Kunwar Singhs kleiner Trupp brauchte nur fünf Minuten, um in den kleinen Komplex von Höfen zu gelangen, der nördlich des Inneren Palastes lag. Niemand stellte Kunwar Singhs Recht in Frage, sich im Bereich des Palastes aufzuhalten, denn er trug die Uniform des Sultans, und die Juwelen, die an seinem Hals hingen, waren ein glitzernder Beweis seiner Machtbefugnis.
    Kunwar Singh hatte erwartet, dass die Schwierigkeit seiner Unternehmung darin liegen würde, die Wachen zu überreden, das äußere Tor zum Kerker zu öffnen. Wenn erst dieses Tor offen war, sollte der Rest leicht sein. Denn seine Männer konnten die Wachen schnell überwältigen und so den Schlüssel zu McCandless’ Zelle finden.
    Kunwar Singh hatte sich entschlossen, einfach eine Machtbefugnis vorzutäuschen, die er gar nicht hatte, und zu behaupten, von Tippu persönlich beauftragt zu sein. Mit Arroganz kam man weit in Maisur, und Kunwar Singh würde es auf diese Weise versuchen. Andernfalls musste er seinen Männern befehlen, ihre Musketen einzusetzen und sich mit Gewalt Zugang zum Kerker zu verschaffen. Er befürchtete, dass so viel Lärm dazu führen würde, dass Wachen aus dem nahen Inneren Palast herbeirannten.
    Als er den Kerker erreichte, sah er jedoch keine Wachen. Der Gang zwischen dem äußeren Tor und der steinernen Treppe war verlassen. Ein Soldat auf dem inneren Wall oberhalb der Zellen sah die kleine Gruppe unsicher vor dem Kerkertor stehen und nahm an, sie sei gekommen, um die Wachen zu holen.
    »Sie sind bereits fort!«, rief der Mann zu ihnen herunter. »Zu den Wällen befohlen, um einige Engländer zu töten.«
    Kunwar Singh winkte dem Mann zu und rüttelte am Tor, hoffte vergebens, dass das Vorhängeschloss abfallen würde.
    »Ihr solltet nicht reingehen«, rief der Mann hinunter, »der Tiger ist im Dienst!«
    Kunwar Singh wich instinktiv einen Schritt zurück. Der Soldat oberhalb von ihm verlor das Interesse und kehrte auf seinen Posten zurück. Kunwar trat wieder an das Tor heran und zerrte ein weiteres Mal an dem großen Vorhängeschloss.
    »Zu groß, um es aufzuschießen«, sagte er. »Dazu würden wir mindestens fünf oder sechs Kugeln brauchen.«
    »Können wir nicht rein?«, fragte Mary.
    »Nein. Nicht, ohne die Wachen zu alarmieren.« Kunwar Singh wies zum Palast. Der Gedanke an den Tiger hatte ihn nervös gemacht. Er fragte sich, ob er besser auf den Beginn des Angriffs warten sollte, um dann bei dem gewaltigen Lärm das Vorhängeschloss des Tors aufzuschießen und den Tiger zu töten. Oder sonst den Auftrag einfach nicht auszuführen. In dem Hof stank es nach Abwasser, und

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