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Sharpes Feuerprobe

Titel: Sharpes Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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der Gestank verstärkte Kunwar Singhs Vorahnung, zu scheitern.
    Dann trat Mary an die Gitterstäbe des Tors.
    »Richard?«, rief sie. »Richard!«
    Eine Weile blieb es still. Dann hörte sie eine raue Stimme. »Mädchen? Bist du das?«
    Kunwar Singhs Nervosität wuchs. Da befanden sich ein paar Soldaten auf dem inneren Wall direkt über ihm, und einige andere Leute spähten durch Fenster oder Stalltüren. Niemand zeigte verdächtiges Interesse an seiner Gruppe, doch er musste damit rechnen, dass jeden Moment jemand mit wahrer Machtbefugnis am Kerker vorbeikommen würde.
    »Wir sollten abhauen«, zischte er Mary zu.
    »Wir können nicht reinkommen!«, rief Mary Sharpe zu.
    »Hast du eine Waffe, Mädchen?«, rief Sharpe zurück. Mary konnte ihn nicht sehen, denn der Blick zu den Zellen war durch die Kerkertreppe verborgen.
    »Ja.«
    »Dann wirf sie runter, Mädchen! Wirf sie dicht bis an den Fuß der Treppe, wenn du kannst, vergewissere dich, dass das Ding nicht gespannt ist.«
    Kunwar Singh rüttelte wieder am Tor. Das Klirren des eisernen Vorhängeschlosses veranlasste den Tiger, zu fauchen. Einen Augenblick später sprang die Raubkatze die Treppe hinauf, starrte zu Kunwar Singh hoch und kehrte dann zurück zu den Resten von Ziegenfleisch.
    »Wir können nicht warten!«, zischte Kunwar Singh Mary zu.
    »Wirf uns eine Waffe runter!«, rief Sharpe.
    Mary tastete in den Falten ihres Saris und fand die mit Elfenbein eingelegte Pistole, die Appah Rao ihr gegeben hatte. Sie schob sie durch die Gitterstäbe und versuchte nervös abzuschätzen, wie viel Schwung sie brauchen würde, um die Waffe so weit wie möglich an die Treppe zu werfen. Kunwar Singh zischte ihr zu, traf jedoch keine Anstalten, sie aufzuhalten.
    »Hier, Richard!«, rief sie und warf die Pistole. Es war ein unbeholfener Wurf, und die Waffe fiel kurz vor die Treppenstufen, doch der Schwung ließ sie über den Rand schlittern, und Mary hörte sie die Treppe hinunterklappern.
    Sharpe fluchte, denn die Pistole blieb nach drei Stufen liegen.
    »Hast du noch eine andere?«, rief Sharpe.
    »Gib mir deine Pistole«, sagte Mary zu Kunwar Singh.
    »Nein! Wir können nicht rein.« Kunwar Singh war jetzt fast in Panik, und seine sechs Männer waren von seiner Furcht angesteckt. »Wir können ihnen nicht helfen«, beharrte er.
    »Mary!«, rief Sharpe.
    »Es tut mir leid, Richard.«
    »Mach dir keine Sorgen, Mädchen«, sagte Sharpe und starrte zu der Pistole. Er bezweifelte nicht, dass er mit dem Dietrich die Zellentür öffnen konnte. Aber konnte er die Waffe erreichen, bevor der Tiger ihn erreichte? Und selbst wenn er schnell genug war, würde eine kleine Pistolenkugel eine acht Fuß lange gefräßige Raubkatze stoppen können? Er fluchte.
    »Sharpe!«, tadelte McCandless.
    »Ich habe gebetet, Sir. Denn dies ist eine richtige Scheiße, Sir. Eine verdammte Scheiße!« Sharpe holte den Dietrich hervor, griff durch die Gitterstäbe, zog das Vorhängeschloss heran und erkundete das große Schlüsselloch mit dem gebogenen Schaft des Dietrichs. Es war ein primitives Schloss, das leicht zu öffnen sein sollte, doch das Vorhängeschloss war nicht richtig geölt, und Sharpe befürchtete, dass der Dietrich eher abbrechen als die Sperre zur Seite schieben könnte.
    Lawford und McCandless beobachteten ihn, während gegenüber des Gangs Hakeswill mit großen blauen Augen zuschaute.
    »Los, los, guter Junge«, sagte Hakeswill. »Bring uns hier raus, Junge.«
    »Halt dein hässliches Maul, Obadiah«, murmelte Sharpe. Er hatte einen Hebel bewegt, jetzt blieb nur noch der zweite, doch er war viel schwerer zu bewegen als der erste. Schweiß lief Sharpe übers Gesicht. Er arbeitete halb blind, konnte das Vorhängeschloss nicht so weit herumziehen, dass er das Schlüsselloch sehen konnte.
    Der Tiger hatte im Fressen innegehalten und beobachtete ihn, fasziniert von den Händen, die zwischen den Gitterstäben hervorragten.
    Sharpe arbeitete mit dem Dietrich, spürte, wie der Haken den Hebel fasste, und drückte leicht. Nichts tat sich. Er drückte härter, und plötzlich rutschte der Haken am Rand des Hebels ab, und Sharpe fluchte.
    In diesem Moment drehte sich der Tiger und sprang. Er griff mit erschreckender Schnelligkeit an, und seine Pranke schnellte auf Sharpes Hände außerhalb der Gitterstäbe zu. Sharpe ließ den Dietrich los und riss die Hand zurück. Die Tigerpranke verfehlte ihn haarscharf.
    »Bastard«, fluchte Sharpe den Tiger an, dann bückte er sich und griff durch die

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