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Sharpes Feuerprobe

Titel: Sharpes Feuerprobe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Angst nicht anmerken zu lassen, doch sie war offensichtlich da, und so sollte es sein, denn nur ein Narr fürchtete sich nicht vor zweitausend Peitschenhieben, und nur jemand mit viel Glück blieb dabei am Leben. Bisher war niemand von so einer Bestrafung wegspaziert, doch eine Hand voll Männer hatte sich nach einem Monat im Krankenzelt erholt.
    »Ihrer Mary geht es gut«, erzählte Green.
    Sharpe schnitt ein verdrossenes Gesicht. »Wissen Sie, was Hakeswill mir gesagt hat? Dass er sie als Hure verkaufen wird.«
    Green runzelte die Stirn. »Das wird er nicht, Junge, das wird er nicht.«
    »Und wie wollen Sie ihn stoppen?«, fragte Sharpe bitter.
    »Sie wird jetzt im Auge behalten«, versicherte Green. »Die Jungs sorgen dafür, und die Frauen schützen sie alle.«
    »Aber für wie lange?«, fragte Sharpe. Er trank mehr Rum, der keine spürbare Wirkung zu erzielen schien. Für einen Moment schloss er die Augen. Er wusste, dass er eine wirkungsvolle Todesstrafe bekommen hatte, aber die Hoffnung starb zuletzt. Einige Männer hatten überlebt. Ihre Rippen mochten nackt der Sonne ausgesetzt gewesen sein und ihre Haut zu blutigen Streifen von ihren Rücken gehangen haben, doch sie hatten überlebt. Aber wie sollte er sich um Mary kümmern, wenn er verbunden in einem Krankenbett lag? Selbst wenn er Glück genug hatte, in einem Krankenbett statt in einem Grab zu landen? Er spürte, wie sich seine Augen mit Tränen füllten, nicht wegen der bevorstehenden Bestrafung, sondern wegen Mary.
    »Wie lange können Sie Mary beschützen?«, fragte er mit rauer Stimme und verwünschte sich, weil er den Tränen nahe war.
    »Ich sagte Ihnen doch, dass mit ihr alles in Ordnung sein wird«, bekräftigte Green.
    »Sie kennen Hakeswill nicht«, sagte Sharpe.
    »Oh, ich kenne ihn, Junge, und wie ich ihn kenne!«, sagte Green mitfühlend. Einen Augenblick wirkte er verlegen. »Der Bastard kann sie nicht anrühren, wenn sie verheiratet ist. Richtig verheiratet, meine ich, mit dem Segen des Colonels.«
    »Das hatte ich gedacht.«
    Green sog an der Pfeife. »Wenn das Schlimmste passiert, Sharpe ...«, begann er und verstummte wieder vor Verlegenheit.
    »Ja?«, drängte Sharpe.
    »Nichts davon wird natürlich geschehen«, sagte Green hastig. »Billy Nixon überlebte tausend Peitschenhiebe, aber Sie erinnern sich vermutlich nicht an ihn. Kleiner Bursche mit einem Glasauge. Er überlebte tatsächlich. Danach war er natürlich nie mehr ganz derselbe, aber Sie sind ein harter Junge, Sharpie. Härter als Billy.«
    »Aber wenn das Schlimmste passiert?«, erinnerte Sharpe den Sergeant.
    »Nun«, sagte Green, und sein Gesicht rötete sich, doch schließlich sammelte er all seinen Mut, um weiterzusprechen. »Ich meine, wenn Sie nicht beleidigt wären, und nur wenn das Schlimmste passiert, was ich natürlich nicht hoffe, und ich bete, dass es nicht eintritt, aber wenn es geschieht, dann denke ich, ich könnte selbst um Mrs Bickerstaffs Hand anhalten, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    Fast hätte Sharpe gelacht, doch dann vertrieb der Gedanke an zweitausend Peitschenschläge sogar den Beginn eines Lächelns. Zweitausend! Er hatte schon Männer gesehen, die nach nur hundert Schlägen erbärmlich ausgesehen hatten, und wie sollte er mit tausendneunhundert zusätzlichen Peitschenhieben überleben? Wenn Mister Micklewhite annahm, dass Sharpe nach fünf- oder sechshundert Schlägen sterben würde, konnte er die Bestrafung stoppen, um dem Rücken des Verurteilten Zeit zu geben, sich zu erholen, bevor er die restlichen Peitschenhiebe erhielt, doch Micklewhite war nicht bekannt dafür, dass er Auspeitschungen stoppte. Es ging im Bataillon das Gerücht um, dass der Bataillonschirurg das Auspeitschen nicht stoppte, selbst wenn die Schläge auf einen Toten niederprasselten, solange der Verurteilte nicht schrie wie ein Baby und somit die Empfindlichen unter den Offizieren störte. Sharpe konnte nur hoffen, dass das Gerücht nicht stimmte.
    »Haben Sie mich gehört, Sharpe?«, unterbrach Sergeant Green Sharpes düstere Gedanken.
    »Ich habe Sie gehört, Sergeant«, sagte Sharpe.
    »Würde es Ihnen etwas ausmachen? Wenn ich Sie fragte?«
    »Haben Sie sie bereits gefragt?«, sagte Sharpe anklagend.
    »Nein!«, erwiderte Green hastig. »Das wäre nicht recht! Nicht, wenn Sie noch – nun, Sie wissen, was ich meine.«
    »Solange ich noch lebe, meinen Sie«, sagte Sharpe bitter.
    »Es ist auch nur, wenn das Schlimmste passiert.« Green versuchte, optimistisch zu klingen.

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