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Sharpes Flucht

Sharpes Flucht

Titel: Sharpes Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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nicht auffordern, sich auszuziehen«, sagte Vicente schockiert.
    »Ich fordere sie nicht auf«, sagte Sharpe. »Die Entscheidung liegt bei ihr. Aber wenn du vernünftig bist, ziehst du dich ebenfalls aus. Bündele alles in deinen Rock oder in dein Hemd, und binde dir die Ärmel um den Hals. Zur Hölle, Mann, niemand kann etwas sehen. Es ist dunkel wie im Hades hier unten. Hier, Miss, meine Stiefel.« Er schob sie über den Boden.
    »Sie wollen, dass ich hinunter in einen Abwasserkanal steige, Mister Sharpe?«, fragte Sarah mit kleinlauter Stimme.
    »Nein, Miss, das will ich nicht«, erwiderte Sharpe. »Ich möchte, dass Sie durch grüne Felder laufen, dass sie glücklich sind und genug Geld haben, dass es für den Rest Ihres Lebens reicht. Aber damit Sie all das erreichen können, muss ich Sie erst einmal durch diesen Abwasserkanal bringen. Sie können hier warten, wenn Sie wollen, und Pat und ich gehen durch und kommen Sie holen, aber ich kann Ihnen nicht versprechen, dass Ferragus nicht früher zurückkommt. Alles in allem, Miss, liegt die Wahl bei Ihnen.«
    »Mister Sharpe?« Sarah klang erzürnt, aber das war sie sichtlich nicht. »Sie haben recht. Ich bitte um Entschuldigung.«
    Einen Moment lang hörte man nichts als das Rascheln der Kleider, dann rollten alle vier das, was sie ausgezogen hatten, zu Bündeln. Sharpe trug seine Unterhosen, sonst nichts, und er wickelte all seine anderen Kleider in seine Uniformjacke, dann schnürte er das Bündel mit seinen Hosenträgern fest zusammen. Er legte die Kleider neben das Loch, zusammen mit seinem Degengurt, der auch seine Patronentasche enthielt, seiner Scheide und seinem Proviantsack. »Ich gehe zuerst«, sagte er. »Miss? Sie folgen mir und halten Ihre Hand auf meinem Rücken, sodass Sie wissen, wo ich bin. Jorge? Du gehst als Nächster, und Pat bildet die Nachhut.«
    Sharpe setzte sich auf die Kante des Lochs, dann packte Harper seine Handgelenke und ließ ihn durch die Öffnung hinab. Brocken von Geröll und Gestein fielen platschend in den Unrat, dann erreichten Sharpes Füße die Flüssigkeit. Harper ächzte vor Anstrengung. »Nur noch zwei Zoll, Pat«, sagte Sharpe, dann glitten seine Gelenke aus Harpers Griff, und er fiel die letzten Zoll hinunter und verlor um ein Haar das Gleichgewicht, weil der Boden des Abwasserkanals so tückisch glatt war.
    »Jesus«, sagte er, erfüllt von Widerwillen und in der Ekel erregenden Luft dem Ersticken nah. »Jemand soll mir meinen Degengurt heruntergeben, dann meine Kleider.« Er hängte sich den geschlossenen Degengurt um den Hals. Sein Tschako war an der Schnalle der Patronentasche befestigt, und die leere Scheide hing ihm am Rückgrat hinab, dann knotete er die Ärmel der Jacke über den Gurt. »Gewehr?«, sagte er, und jemand schob es hinunter. Er hängte sich die Waffe über die Schulter, dann nahm er seinen Degen in die rechte Hand. Er nahm an, dass die Klinge zum Abtasten von Nutzen sein würde.
    Einen Augenblick lang fragte er sich, in welche Richtung er gehen sollte, entweder nach oben in Richtung der Universität oder nach unten, dem Fluss entgegen. Dann entschied er, dass ihre Hoffnung auf Rettung beim Fluss lag. Der Abwasserkanal musste seinen Unrat ja irgendwo hineinschwemmen, und das war der Ort, wo er sein wollte. »Sie als Nächste, Miss«, sagte er. »Und seien Sie vorsichtig. Es ist so glatt wie …« Er hielt inne und besann sich auf seine Ausdrucksweise. »Haben Sie keine Angst«, fuhr er fort, als er hörte, wie sie den Atem anhielt und sich dem Loch näherte. »Sergeant Harper wird sie herunterlassen«, sagte Sharpe, »aber ich halte Sie fest, weil ich nämlich beinahe ausgerutscht bin, als ich hier unten angekommen bin. Ist das in Ordnung?«
    »Mir macht es nichts aus«, sagte sie, beinahe atemlos, weil der Gestank so überwältigend war.
    Er streckte die Hände aus und ertastete ihre bloße Taille. Halb stützte er sie, als sie ihre Füße in den Stiefeln in den Unrat senkte. Panik oder Entsetzen ließen sie schwanken und um ihr Gleichgewicht kämpfen, sodass sie sich an ihm festkrallte. Sharpe legte ihr die Arme um die schmale Taille. »Alles in Ordnung«, sagte er. »Sie werden überleben.«
    Vicente reichte Sarahs Kleiderbündel in die Tiefe, und weil sie zitterte und verängstigt war, knotete Sharpe es ihr um den Hals, während sie sich immer noch an ihm festkrallte. »Jetzt du, Jorge«, sagte Sharpe.
    Harper kam als Letzter. Ratten huschten an ihnen vorbei, und das Geräusch ihrer Krallen

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