Sharpes Flucht
von ihm, in Wahrheit jedoch bebte er vor Zorn, weil er vor den neuen Befestigungsanlagen nicht gewarnt worden war. Es erscheint schwer vorstellbar, dass er überhaupt nichts von ihnen erfahren hatte, aber sie waren in der Tat geheim geblieben. Tausende von Männern hatten daran gearbeitet, diese Linien zu errichten, und wiederum Tausende hatten die Linien passiert, als sie die Straßen, die hindurchführten, benutzten, aber die Franzosen wurden von ihnen vollkommen überrascht. Masséna unternahm keinen ernsthaften Versuch, sie zu brechen. Tatsächlich gab es lediglich einen Kampf, eine unbedeutende Schlacht zwischen zwei Gruppen von Plänklern, die am 12. Oktober in Sobral stattfand, am Tag, nachdem die ersten französischen Truppen die Befestigungen erreicht hatten. Der Kampf am Ende von »Sharpes Flucht« basiert in etwa auf diesen Kampfhandlungen, aber ich gestehe, dass die Wörter »in etwa« hier entscheidend sind, denn ich habe die Schlacht um nahezu zwanzig Meilen verlegt, um sie näher an den Tajo zu rücken, und ich habe sie Sir Thomas Picton zugeschrieben, der sich nicht einmal in der Nähe von Sobral befand.
Die meisten der 152 Befestigungen existieren noch heute, aber viele von ihnen sind derartig zerfallen und überwuchert, dass sie sich nicht leicht entdecken lassen. Wenn man lediglich während eines höchst flüchtigen Besuchs Gelegenheit hat, sie zu besichtigen, ist es vermutlich ratsam, dies in der Nähe der Stadt Torres Vedras selbst zu tun, wo nur ein kleines Stück weiter nördlich das Fort von Saint Vincent rekonstruiert worden ist. Ein längerer Besuch sollte hingegen (wie jeder Besuch auf einem Schlachtfeld der Halbinsel) mithilfe von Julian Pagets hervorragendem Handbuch »Wellington’s Peninsular War«, Leo Cooper, London, 1990, geplant werden.
Masséna blieb wesentlich länger in Portugal, als Wellington gehofft hatte. Der Versuch, sämtliche Lebensmittel aus dem portugiesischen Landesinneren zu entfernen, hatte nie richtig funktioniert, und die Franzosen fanden genug Vorräte vor, um sich den Oktober hindurch ausreichend zu ernähren. Sie reparierten die Windmühlen und bauten die Backöfen wieder auf, doch als es November wurde, mussten sie ihre Rationen bereits halbieren, und dann setzte ihnen auch noch ein Winter zu, der ungewöhnlich feucht und kalt war. Mitte November verließen sie Torres Vedras und zogen sich in ein Gebiet zurück, in dem sie sich mehr Lebensmittel erhofften, und irgendwie gelang es ihnen, sich bis März in Portugal zu halten. Dann endlich kehrten sie ausgehungert, entmutigt und ohne Erfolg in ihre Depots nach Spanien zurück. Es war eine bittere Niederlage für Masséna.
John Grehans Buch »The Lines of Torres Vedras«, das im Jahr 2000 bei Spellmount erschien, hat mir beim Schreiben von »Sharpes Flucht« unschätzbare Dienste geleistet. Es enthält bei Weitem die beste Beschreibung der Verteidigungslinien, doch es leistet noch wesentlich mehr. So gibt es darin eine fesselnde Beschreibung der Schlacht von Bussaco, und ich stehe in der Schuld des Autors, auch wenn ich sämtliche Fehler natürlich selbst zu verantworten habe.
Und so werden Sharpe und Harper weiter marschieren.
Bernard Cornwell wurde 1944 in London geboren. Er arbeitete lange für die BBC, unter anderem in Nordirland, wo er seine Frau kennenlernte. Heute lebt er die meiste Zeit in den USA. Er ist Autor zahlreicher international erfolgreicher historischer Romane und Thriller. Die Sharpe-Serie, die er in den 80er Jahren zu schreiben begann, hat Kultstatus erreicht und wurde von der BBC mit Sean Bean in der Hauptrolle verfilmt.
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