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Sharpes Flucht

Sharpes Flucht

Titel: Sharpes Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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die gute Nachricht überbringen, und der Marschall würde ohne Zweifel bezahlen, wenn er hörte, dass die Armee mehr als genug Vorräte hatte, um damit nach Lissabon zu kommen. Und mehr war ja nicht nötig. Nur genug, um nach Lissabon zu kommen, denn nicht einmal die Briten konnten diese riesige Stadt all ihrer Vorräte berauben. Eine wahre Schatzkammer wartete in Lissabon, und nun hatte die kaiserliche Armee von Portugal die Mittel erhalten, um sie zu erreichen.
    Die Dragoner traten zur Seite, um Poquelin und seine Begleiter durchzulassen. Dann schlossen sich die Reihen der Reiter wieder. Scharen hungriger Infanteristen hatten von den Lebensmitteln gehört und brüllten, das Essen solle verteilt werden, aber Colonel Dumesnil war durchaus bereit, sie zu töten, wenn sie versuchten, sich selbst zu bedienen. Er saß mit ausdruckslosem Gesicht im Sattel, unbeweglich, seinen Degen gezogen, ein Soldat mit Befehlen, was bedeutete, dass die Vorräte sicher waren.
    Sharpe und Harper eilten zurück zu dem Dach, auf dem Vicente und Sarah warteten. Vicente war sichtlich vor Schmerz vornübergekrümmt, während Sarah, auf deren schwarzem Kleid Flecken von frischem Blut glänzten, bleich wirkte. »Was ist passiert?«, fragte Sharpe.
    Als Antwort zeigte sie Sharpe die blutbefleckte Klinge des Messers. »Ich habe die Kugel herausgeholt«, berichtete sie kleinlaut.
    »Gut gemacht.«
    »Und jede Menge Stofffasern«, fügte sie schon ein wenig zuversichtlicher hinzu.
    »Noch besser«, sagte Sharpe.
    Vicente lehnte sich zurück auf die Schindeln. Seine Brust war nackt, und er trug einen neuen Verband, der von seinem Hemd abgerissen und unbeholfen um seine Schulter gewickelt worden war.
    »Tut weh, was?«, fragte Sharpe.
    »Ja, es tut weh«, erwiderte Vicente trocken.
    »Es war schwierig«, sagte Sarah, »aber er hat keinen Laut von sich gegeben.«
    »Er ist eben ein Soldat«, sagte Sharpe. »Kannst du deinen Arm bewegen?«, fragte er Vicente.
    »Ich glaube schon.«
    »Versuch’s«, sagte Sharpe. Vicente wirkte entsetzt, dann begriff er den Sinn dieses Befehls und schaffte es, vor Schmerz schaudernd, den linken Arm zu heben. Daraus ließ sich schließen, dass das Schultergelenk nicht beschädigt war. »Du kommst wieder ganz in Ordnung, Jorge«, sagte Sharpe. »Wir müssen diese Wunde nur sauber halten.« Er warf Harper einen Blick zu. »Maden?«
    »Jetzt noch nicht, Sir«, sagte Harper. »Nur falls sich die Wunde entzündet.«
    »Maden?«, fragte Vicente mit schwacher Stimme. »Sagtest du Maden?«
    »Es gibt nichts Besseres, Sir«, erwiderte Harper begeistert. »Sie sind das Allerbeste für eine verschmutzte Wunde. Stecken Sie die kleinen Biester hinein, und sie machen Ihnen die Wunde sauber, lassen das heile Fleisch übrig, und Sie sind wieder so gut wie neu.« Er klopfte auf seinen Proviantsack. »Ich habe immer ein halbes Dutzend dabei. Viel besser, als zum Arzt zu gehen, denn alles, was diese Bastarde jemals tun wollen, ist, uns aufzuschneiden.«
    »Ich hasse Ärzte«, sagte Sharpe.
    »Er hasst Rechtsanwälte«, sagte Vicente zu Sarah, »und jetzt hasst er auch noch Ärzte. Gibt es irgendwen, den er mag?«
    »Frauen«, sagte Sharpe. »Ich mag Frauen.« Er blickte über die Stadt, lauschte auf die Schreie und Schüsse, und aus den Geräuschen schloss er, dass die Disziplin der Franzosen zusammengebrochen war. In Coimbra herrschte das Chaos, die Stadt war der Lust, dem Hass und dem Feuer anheimgefallen. Drei Rauchwolken stiegen bereits aus den engen Straßen auf und verhüllten den klaren Morgenhimmel, und er vermutete, dass bald weitere aufglimmen würden. »Sie setzen Häuser in Brand«, sagte er. »Und auf uns wartet Arbeit.«
    Er bückte sich und hob ein wenig Taubenkot auf, den er in die Läufe von Harpers Salvenbüchse drückte. Er benutzte das Klebrigste, was er finden konnte, und platzierte sorgsam eine kleine Menge in jeder Mündung. »Ramm es nach unten, Pat«, sagte er. Der Kot würde als Pfropfen fungieren und die Kugeln an ihrem Platz halten, wenn die Läufe nach unten gerichtet wurden. Und das, was er geplant hatte, erforderte, dass die Waffe geradewegs nach unten gerichtet wurde. »Haben viele dieser Häuser solche Studentenquartiere?«, fragte er Vicente.
    »Ziemlich viele, ja.«
    »So wie dieses?« Er wies auf das Dach neben ihnen. »Mit Zimmern quer durch das gesamte Dachgeschoss?«
    »Ja, solche Zimmerfluchten sind üblich«, sagte Vicente. »Sie heißen repúblicas, manche umfassen ganze Häuser und manche nur

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