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Sharpes Flucht

Sharpes Flucht

Titel: Sharpes Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Hand über den Boden. Sharpe zog das Bajonett des Mannes und stach es ihm zwischen die Rippen. Es floss nur wenig Blut. Der Mann ließ ein Ächzen hören, riss die Augen weit auf, um Sharpe anzusehen, dann drang ein rasselnder Laut aus seiner Kehle, und sein Kopf fiel zurück. Still blieb er liegen.
    Die beiden anderen Männer, die beide sehr jung waren, hatten das Bewusstsein verloren. Sharpe nahm an, dass der, dem er den Kiefer gebrochen und ausgerenkt hatte, vermutlich an dem Schlag gegen den Schädel sterben würde. Er war bleich, und Blut sickerte ihm aus dem Ohr, und als Sharpe ihm seine Kleider auszog, ließ er kein Anzeichen von Bewusstsein erkennen. Der Zweite, den Harper niedergeschlagen hatte, stöhnte, als er ausgezogen wurde, und Sharpe schlug ihn stumm. Dann zog er seinen eigenen Rock aus und streifte einen der blauen über. Er passte ihm einigermaßen. Er wurde auf der einen Seite des breiten, weißen Besatzes geknöpft, der die Vorderseite schmückte und auf seiner Taille endete. Ein Paar weißer Schöße hing hinten herunter. Die Schöße hatten weiße Aufschläge, die mit Paaren brandroter Granaten geschmückt waren. Also entstammte der wahre Eigentümer des Rocks einer Kompanie von Grenadieren. Der hohe, steife Kragen war rot, und auf den Schultern saßen kurze rote Epauletten. Er legte sich den weißen Brustgurt des Soldaten um, der auf der linken Schulter mit der Schnalle der Epaulette befestigt wurde und von dem das Bajonett herunterhing. Er entschied sich dagegen, sich die weißen Hosen des Mannes zu nehmen. Er trug bereits die Hosen eines französischen Kavallerieoffiziers, und diese Zusammenstellung aus Rock und Hose war zwar ungewöhnlich, aber jetzt, wo sie bereits mehrere Wochen Feldzug hinter sich hatten, waren nur noch wenige Soldaten ordentlich uniformiert. Er schnallte seinen eigenen Degengurt unter die Rockschöße und war sich bewusst, dass er damit ein Risiko einging. Kein gewöhnlicher Soldat würde einen Degen bei sich tragen, aber er nahm an, die Männer würden glauben, er habe den Degen bei einer Plünderung erbeutet. Er hängte sich das Gewehr über die Schulter, wohl wissend, dass die Waffe auf einen flüchtigen Blick einer Muskete ähnelte. Er leerte den ledernen Tornister des Mannes und legte seinen eigenen Rock und seinen Tschako hinein, dann setzte er den Tschako des Mannes auf. Ein Besatz in Rot und Schwarz mit einer Messingplatte prangte an der Vorderseite, die Platte zeigte einen Adler und die Nummer Neunzehn. Damit war Sharpe jetzt ein Soldat des 19. Infanterieregiments. Die Patronentasche, die unter dem Bajonett am Ende des Brustgurts hing, hatte ein Messingabzeichen, auf dem eine Granate abgebildet war.
    Harper kam zurück und wirkte eine Sekunde lang erschrocken, als er Sharpe im Blau des Feindes sah, dann aber grinste er. »Steht Ihnen, Sir.« Vicente und die beiden Mädchen folgten. Sharpe sah, dass das portugiesische Mädchen jung war, vielleicht fünfzehn Jahre alt, und dass sie helle Augen und langes, dunkles Haar hatte. Sie sah die Blutspur auf dem Hemd des Mannes, der dabei gewesen war, sie zu vergewaltigen, spuckte auf ihn, und ehe jemand sie aufhalten konnte, schnappte sie sich ein Bajonett und stieß es einem der beiden anderen in den Hals, dass das Blut in hohem Bogen an die Wand spritzte. Vicente öffnete den Mund, um zu protestieren, dann aber schwieg er. Vor achtzehn Monaten, als Sharpe ihn kennengelernt hatte, hätte sich Vicentes Rechtsbewusstsein gegen eine derart kategorische Bestrafung von Vergewaltigern gewehrt. Jetzt aber sagte er nichts, als das Mädchen auf den Mann, den sie getötet hatte, spuckte und dann zu dem zweiten ging, der auf dem Rücken lag und beim Atmen durch seinen gebrochenen Kiefer einen ächzenden Laut von sich gab. Sie stellte sich über ihn und hielt ihm das Bajonett über den verformten Mund.
    »Ich habe Vergewaltiger nie gemocht«, sagte Sharpe milde.
    »Abschaum«, stimmte Harper ihm zu, »purer verdammter Abschaum.«
    Sarah sah zu, obwohl sie nicht zusehen wollte. Sie war nicht in der Lage, ihren Blick von dem Bajonett abzuwenden, das das Mädchen in beiden Händen hielt. Das Mädchen machte eine Pause, genoss den Moment, dann stach sie zu.
    »Zieht euch um«, sagte Sharpe zu Vicente und Harper. Hinter ihm gurgelte der sterbende Mann, und kurz trommelten seine Hacken auf den Boden. »Frag sie, wie sie heißt«, sagte Sharpe zu Sarah.
    »Sie heißt Joana Jacinto«, berichtete Sarah nach einem kurzen Gespräch. »Ihr

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