Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sharpes Flucht

Sharpes Flucht

Titel: Sharpes Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
sechs Monate an der geforderten Zeit«, antwortete Knowles. Einem Lieutenant war es nicht gestattet, ein Captainspatent zu erwerben, ehe er nicht drei Jahre lang in einem der unteren Ränge gedient hatte. Diese gerade neu eingeführte Vorschrift war Anlass zu heftigem Murren unter den wohlhabenden Offizieren, die sich einen schnelleren Aufstieg wünschten.
    »Und warum ist er der Armee erst so spät beigetreten?«, wollte Sharpe wissen. Wenn Slingsby jetzt dreißig war, hätte er Lieutenant werden können, noch ehe er siebenundzwanzig war, also in einem Alter, in dem manch anderer Mann bereits Major war. Die meisten Offiziere, wie beispielsweise der junge Iliffe, traten, lange bevor sie zwanzig waren, in die Armee ein, und es war merkwürdig, auf einen Mann zu treffen, der sich der Armee erst so spät angeschlossen hatte.
    »Ich glaube …«, begann Knowles, dann errötete er und überdachte seine Worte. »Neue Truppen«, sagte er stattdessen und wies den Hang hinab auf eine Stelle, wo ein französisches Regiment, dessen blaue Röcke unnatürlich hell waren, an der Windmühle vorbeimarschierte. »Ich habe gehört, der Kaiser soll Verstärkung nach Spanien geschickt haben«, fuhr Knowles fort. »Die Franzosen haben im Moment ja sonst keinen Ort, wo sie kämpfen können. Die Österreicher sind aus dem Krieg draußen, und die Preußen tun nichts, was bedeutet, dass Boney lediglich uns zu besiegen hat.«
    Sharpe ignorierte Knowles Zusammenfassung der Strategie des Kaisers. »Sie glauben was?«, fragte er.
    »Nichts. Ich habe schon zu viel gesagt.«
    »Sie haben nicht ein verdammtes Wort gesagt«, widersprach Sharpe und wartete ab, aber Knowles blieb bei seinem Schweigen. »Wollen Sie, dass ich Ihnen Ihre dürre Kehle aufschlitze, Robert?«, fragte Sharpe. »Und zwar mit einem äußerst stumpfen Messer?«
    Knowles lächelte. »Sie brauchen das nicht zu wiederholen, Richard.«
    »Sie kennen mich, Robert. Ich sage nie irgendwas zu irgendwem. Ich lege die Hand aufs Herz und schwöre, wie ein Grab zu schweigen, also erzählen Sie es mir jetzt, bevor ich Ihnen die Beine abschneide.«
    »Ich glaube, Mrs Lawfords Schwester steckte in Schwierigkeiten. Sie musste feststellen, dass sie ein Kind erwartete, sie war nicht verheiratet, und der Mann, um den es ging, war allem Anschein nach ein Wüstling.«
    »Ich war es nicht«, warf Sharpe hastig ein.
    »Natürlich waren Sie es nicht«, sagte Knowles. Er konnte zuweilen auf pedantische Weise alles wörtlich nehmen.
    Sharpe grinste. »Also wurde Slingsby rekrutiert, um eine ehrenwerte Frau aus ihr zu machen?«
    »Genau. Er entstammt natürlich nicht gerade der obersten Schublade, aber seine Familie ist mehr als akzeptabel. Sein Vater ist Priester irgendwo an der Küste von Essex, glaube ich, aber vermögend sind sie nicht, also belohnte Lawfords Familie Slingsby mit der Aufnahme ins 55. Regiment und dem Versprechen, er dürfe ins South Essex wechseln, sobald dort eine Position frei würde. Was der Fall war, als der arme Herrold starb.«
    »Herrold?«
    »Dritte Kompanie«, antwortete Knowles. »Am Montag kam er an, am Dienstag hat ihn ein Fieber erwischt, und am Freitag war er tot.«
    »Geplant ist also«, murmelte Sharpe, während er zusah, wie unten ein französisches Geschütz den Weg am Fluss entlanggezerrt wurde, »geplant ist, dass dieser verdammte Slingsby rasch zu einer Beförderung kommt, damit er für die Frau, die ihre Beine nicht zusammenhalten konnte, einen würdigen Ehemann abgibt.«
    »So würde ich es nicht sagen«, erwiderte Knowles entrüstet, dann dachte er eine Sekunde lang nach. »Nun schön, ich würde es so sagen. Aber der Colonel will, dass er sich bewährt. Schließlich hat Slingsby der Familie einen Gefallen getan, und nun wollen sie ihm ebenfalls einen tun.«
    »Indem sie ihm meinen verdammten Job geben«, knurrte Sharpe.
    »Benehmen Sie sich nicht absurd, Richard.«
    »Weshalb ist der Idiot denn sonst hier? Erst schaffen sie Sie aus dem Weg, dann geben sie dem Bastard ein Pferd, und jetzt hoffen sie nur noch, dass die Franzosen mich kaltmachen.« Er verfiel in Schweigen, nicht nur, weil er bereits zu viel gesagt hatte, sondern auch weil sich Patrick Harper zu ihnen gesellte.
    Der große Sergeant grüßte Knowles gut gelaunt. »Wir vermissen Sie, Sir. Das tun wir wirklich.«
    »Dasselbe gilt für mich, Sergeant«, antwortete Knowles mit echter Freude. »Geht es Ihnen gut?«
    »Ich atme noch, Sir, und nur darauf kommt es an.« Harper drehte sich um und blickte

Weitere Kostenlose Bücher