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Sharpes Flucht

Sharpes Flucht

Titel: Sharpes Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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beobachteten. Die Armee selbst blieb den Franzosen mit dem Großteil ihrer Waffen verborgen. Der Höhenzug war zehn Meilen lang, ein natürlicher Schutzwall, und General Wellington hatte seinen Männern befohlen, sich von seinem breiten Kamm fernzuhalten, sodass die Franzosen bei ihrer Ankunft keine Ahnung haben würden, welcher Teil der Anhöhe am heftigsten verteidigt werden würde.
    »Ein ziemliches Privileg«, bemerkte Knowles ehrfürchtig.
    »Ein Privileg?«, fragte Sharpe übellaunig.
    »So etwas zu sehen zu bekommen«, erklärte Knowles und vollführte eine Geste in Richtung der Feinde. Er hatte recht, es war wirklich ein prächtiger Anblick, so viele Tausende von Männern auf einmal zu sehen. Die Infanterie marschierte in lockeren Formationen, ihre blauen Uniformen wirkten gegen das Grün des Tals blass. Die Reiter dagegen, befreit von der Disziplin des Marsches, galoppierten am Ufer des Flusses entlang und wirbelten Wolken von Staub auf. Und noch immer quollen sie – die Stärke Frankreichs – in Scharen aus dem Hohlweg. Nahe bei der Windmühle spielte eine Kapelle, und obwohl die Musik zu weit weg war, um sie zu hören, bildete sich Sharpe ein, er könne das Dröhnen der großen Trommel vernehmen wie einen entfernten Herzschlag. »Eine komplette Armee«, begeisterte sich Knowles. »Ich hätte meinen Zeichenblock mitbringen sollen, das wäre wirklich ein schönes Bild geworden.«
    »Ein noch schöneres Bild würde sich ergeben«, sagte Sharpe, »wenn die Kerle diesen Hügel hochmarschierten und hingemetzelt würden.«
    »Glauben Sie, das werden sie nicht?«
    »Ich denke, sie könnten verrückt genug sein, es zu versuchen«, antwortete Sharpe, dann runzelte er in Knowles’ Richtung die Stirn. »Gefällt es Ihnen, Adjutant zu sein?«, fragte er abrupt.
    Knowles zögerte, weil er spürte, dass sich das Gespräch auf gefährliches Terrain zubewegte, aber er war Sharpes Lieutenant gewesen, bevor er Adjutant wurde, und er mochte den Befehlshaber seiner alten Kompanie gern. »Nicht besonders«, gab er zu.
    »Das war immer der Job eines Captains«, sagte Sharpe. »Warum hat er ihn also Ihnen übertragen?«
    »Der Colonel hat wohl das Gefühl, die Erfahrung könne von Vorteil für mich sein«, erwiderte Knowles steif.
    »Von Vorteil«, wiederholte Sharpe bitter. »An Ihrem Vorteil ist er überhaupt nicht interessiert, Robert. Er will, dass dieses Stück Scheiße meine Kompanie übernimmt. Das ist es, was er will. Er will, dass der verdammte Slingsby Captain der Leichten Kompanie wird.« Sharpe hatte dafür keinerlei Beweise, der Colonel hatte nie etwas davon gesagt, aber es war die einzige Erklärung, die in seinen Augen einen Sinn ergab. »Also musste er Sie aus dem Weg schaffen«, beendete Sharpe seine Rede, wohl wissend, dass er zu viel gesagt hatte, aber die Bitterkeit nagte an ihm, und Knowles war ein Freund, der Sharpes Wutausbruch diskret behandeln würde.
    Knowles furchte die Brauen, dann schlug er eine hartnäckige Fliege beiseite. »Ich glaube wirklich«, sagte er, nachdem er einen Augenblick lang nachgedacht hatte, »dass der Colonel annimmt, er tue Ihnen einen Gefallen.«
    »Mir? Einen Gefallen? Indem er mir Slingsby aufdrängt?«
    »Slingsby verfügt über Erfahrung, Richard«, sagte Knowles. »Über viel mehr Erfahrung als ich.«
    »Aber Sie sind ein guter Offizier, und er ist ein Weichei. Wer zum Teufel ist er überhaupt?«
    »Er ist der Schwager des Colonels«, erklärte Knowles.
    »Das weiß ich auch«, knurrte Sharpe ungeduldig. »Aber wer ist er?«
    »Der Mann, der Mrs Lawfords Schwester geheiratet hat«, antwortete Knowles, der sich weigerte, sich provozieren zu lassen.
    »Das sagt einem alles, was man verdammt noch mal wissen muss«, bemerkte Sharpe grimmig. »Aber mir kommt er nicht wie die Art von Kerl vor, die sich Lawford als Schwager wünschen würde. Er hat zu wenig Substanz.«
    »Wir können uns unsere Verwandten nicht aussuchen«, entgegnete Knowles. »Und ich bin sicher, er ist ein Gentleman.«
    »Zum Teufel noch mal«, brummte Sharpe.
    »Und er muss heilfroh gewesen sein, aus dem 55. Regiment herauszukommen«, fuhr Knowles fort, indem er Sharpes Missmut ignorierte. »Bei Gott, der größte Teil dieses Regiments ist auf den Westindischen Inseln am Gelbfieber krepiert. Er ist wesentlich sicherer hier, auch wenn diese Kerle uns bedrohen.« Mit einem Kopfnicken wies Knowles auf die französischen Truppen.
    »Warum zum Teufel hat er sich denn kein Captainspatent gekauft?«
    »Ihm fehlen

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