Sharpes Flucht
Fausthiebe einsetzte, die aussahen, als stecke wenig Kraft dahinter, die sich für Sharpe jedoch anfühlten, als werde er von einem Pferd getreten. Die Schläge zielten zunächst auf seinen Bauch, dann auf seine Brust, und schließlich traf einer seine Wange, dass ihm das Blut in den Mund schoss. Er versuchte, sich aus dem Griff der beiden Männer zu befreien, aber sie hielten ihn zu fest, und er war benommen, verwirrt, nur noch halb bei Bewusstsein. Ein Fausthieb traf ihn an der Kehle, er konnte kaum noch atmen und schnappte nach Luft.
Ferragus lachte. »Mein Bruder meinte, ich solle Sie nicht umbringen, aber warum eigentlich nicht? Wer würde Sie schon vermissen?« Er spuckte Sharpe ins Gesicht. »Lasst ihn los«, sagte er auf Portugiesisch zu den beiden Männern, dann wechselte er wieder ins Englische. »Sehen wir mal, ob dieser Engländer kämpfen kann.«
Die beiden Männer traten von Sharpe zurück, der Blut spuckte, blinzelte und zwei Schritte rückwärtstaumelte. Sein Degen befand sich außer Reichweite, und selbst wenn er ihn sich hätte schnappen können, bezweifelte er, dass er noch die Kraft besaß, ihn zu benutzen.
Ferragus belächelte seine Schwäche und machte einen Schritt auf ihn zu. Wieder taumelte Sharpe, dieses Mal fiel er halb zur Seite und streckte die Hand aus, um sich Halt zu verschaffen. Er ertastete einen Stein, einen faustgroßen Stein, und er hob ihn gerade in dem Moment auf, in dem Ferragus zu einem Schlag mit der Rechten ausholte, der Sharpe ein für alle Mal zu Boden schicken sollte.
Sharpe, der noch immer nur halb bei Bewusstsein war, reagierte instinktiv, fing die Faust mit dem Stein ab und hörte, wie Ferragus’ Knöchel auf den Stein krachten. Der große Mann zuckte zusammen und sprang zurück, von dem plötzlichen Schmerz überrascht. Sharpe versuchte, auf ihn zuzutreten und den Stein noch einmal einzusetzen, aber ein linker Schwinger traf ihn auf der Brust und schmetterte ihn wieder nieder auf den Pfad.
»Jetzt sind Sie ein toter Mann«, sagte Ferragus. Er massierte sich die gebrochenen Knöchel, die ihn derartig schmerzten, dass er Sharpe zu Tode treten wollte. Er begann, indem er mit seinem riesigen Stiefel auf Sharpes Lendengegend zielte, aber der Tritt verfehlte sein Ziel und traf den Oberschenkel, da es Sharpe gelungen war, sich mühsam auf die Seite zu wälzen. Ferragus trat ihm das Bein weg, holte erneut mit seinem Stiefel aus, und dann glomm hinter ihm auf dem Pfad auf einmal Licht auf, und eine Stimme ertönte.
»Was geht da vor?«, rief die Stimme. »Keine Bewegung! Wer immer Sie auch sind, rühren Sie sich nicht vom Fleck!« Stiefeltritte von zwei oder drei Männern polterten den Pfad herauf. Die Männer, die sich näherten, mussten den Kampflärm gehört haben, aber im sich verdichtenden Nebel konnten sie gewiss nichts sehen, und Ferragus hatte nicht vor, auf sie zu warten. Er brüllte seinen beiden Männern etwas zu, und diese rannten an Sharpe vorbei und tauchten zwischen den Bäumen unter. Sharpe krümmte sich am Boden und versuchte, sich den Schmerz aus den Rippen und dem Bauch zu pressen. Im Mund schmeckte er große Klumpen Blut, und auch seine Nase blutete. Der Lichtschein kam näher, er stammte von einer Laterne, die von einem Rotrock gehalten wurde. »Sir?«, fragte einer der drei Männer. Es war ein Sergeant, und er trug die dunkelblauen Besätze der Profosen, der Militärpolizisten.
»Mir geht’s gut«, stöhnte Sharpe.
»Was ist passiert?«
»Diebe«, erwiderte Sharpe. »Gott weiß, wer die waren. Einfache Diebe. Jesus Maria. Helfen Sie mir auf.«
Zwei von ihnen hoben ihn in die Höhe, während der Sergeant ihm seinen Degen und seinen Tschako holte. »Wie viele waren es?«, fragte der Sergeant.
»Drei. Die Bastarde sind davongerannt.«
»Wollen Sie zum Arzt, Sir?« Der Sergeant zuckte zusammen, als er im Laternenlicht Sharpes Gesicht sah. »Ich denke, das sollten Sie tun.«
»Um Himmels willen, nein.« Er schob den Degen in die Scheide, setzte sich den Tschako auf den malträtierten Schädel und lehnte sich an die Mauer der Kapelle. »Ich komme schon klar«, sagte er.
»Wir können Sie zum Kloster bringen, Sir.«
»Nein, ich gehe nach oben auf den Hügelkamm.« Er bedankte sich bei den drei Männern, wünschte Ihnen eine friedliche Nacht und wartete, bis er ein bisschen Kraft gesammelt hatte. Dann humpelte er weiter bergauf, durch eine Lücke in der Mauer und den Kamm entlang, um seine Kompanie zu finden.
Lieutenant Colonel Lawford hatte
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