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Sharpes Flucht

Sharpes Flucht

Titel: Sharpes Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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sich in der Nähe der neuen Straße, die den Hügelkamm entlang geschlagen worden war, ein Zelt aufgestellt. Die Klappen am Eingang des Zeltes waren offen und gaben den Blick auf einen Tisch im Kerzenschein frei, auf dem Silber und Kristall schimmerten. Der Colonel hörte, wie ein Wachtposten Sharpe ansprach, hörte Sharpes gebrummte Antwort und rief durch die geöffneten Klappen: »Sharpe? Sind Sie das?«
    Flüchtig spielte Sharpe mit dem Gedanken, so zu tun, als habe er nichts gehört, aber er befand sich nun einmal in Hörweite, also wandte er sich in Richtung des Zeltes. »Ja, Sir.«
    »Kommen Sie und trinken Sie einen Brandy mit uns.« Lawford hatte Major Forrest und Major Leroy zu Gast, und bei ihnen befand sich Lieutenant Slingsby. Alle trugen ihre grünen Jacken, denn nach der brutalen Hitze der letzten paar Tage war die Nacht auf einmal winterlich kalt.
    Forrest machte ihm auf einer Bank, die aus hölzernen Munitionskisten zusammengezimmert war, Platz. Dann blickte er zu Sharpe auf. »Was ist denn mit Ihnen passiert?«
    »Bin gestolpert«, murmelte Sharpe. Seine Stimme war belegt, und er musste sich zur Seite beugen und einen klebrigen Klumpen Blut ausspucken. »Bin gestolpert.«
    »Gestolpert?« Mit entsetztem Gesichtsausdruck starrte Lawford Sharpe an. »Ihre Nase blutet.«
    »Hat jetzt schon fast aufgehört«, erwiderte Sharpe und schnaubte Blut aus. Das Taschentuch fiel ihm ein, das auf der Telegrafenstation als weiße Fahne benutzt worden war, und er holte es aus der Tasche. Es war eine Schande, das feine weiße Leinen mit Blut zu beflecken, trotzdem legte er es sich über die Nase und fuhr vor Schmerz zusammen. Dann bemerkte er, dass seine rechte Hand verwundet war, vermutlich durch den improvisierten Dolch.
    »Gestolpert?«, kam es wie ein Echo auf die Frage des Colonels von Major Leroy.
    »Ja, der Pfad da draußen ist tückisch, Sir.«
    »Sie haben auch noch ein blaues Auge«, bemerkte Lawford.
    »Wenn Sie sich nicht auf der Höhe fühlen«, sagte Slingsby, »dann übernehme ich morgen gern das Kommando über die Kompanie für Sie, Sharpe.« Slingsby war rot im Gesicht und schwitzte, als hätte er zu viel getrunken. Er sah Colonel Lawford an, und weil er nervös war, entfuhr ihm ein bellendes Lachen. »Ich würde mich geehrt fühlen, das Kommando übernehmen zu dürfen«, fügte er hastig hinzu.
    Sharpe warf dem Lieutenant einen geradezu tödlichen Blick zu. »Ich bin schon schlimmer verletzt gewesen«, gab er eisig zurück. »Als Sergeant Harper und ich den verdammten Adler geholt haben, den Sie auf Ihrem Abzeichen tragen.«
    Angewidert von Sharpes Tonfall versteifte sich Slingsby, und die übrigen Offiziere blickten verlegen vor sich hin.
    »Trinken Sie einen Brandy, Sharpe«, sagte Lawford besänftigend, schenkte ihm aus einer Karaffe ein Glas ein und schob es ihm über den aufgebockten Tisch hinweg zu. »Wie geht es Major Hogan?«
    Sharpe hatte Schmerzen. Seine Rippen fühlten sich an, als stünden sie in Flammen, und er brauchte einen Augenblick, um die Frage zu verstehen und eine Antwort zu finden. »Er ist zuversichtlich, Sir.«
    »Das möchte ich doch hoffen«, entgegnete Lawford. »Sind wir das nicht alle? Sind Sie dem Peer begegnet?«
    »Dem Peer?«, fragte Slingsby. Er schien Schwierigkeiten mit dem Wort zu haben, dann stürzte er den Rest seines Brandys hinunter und schenkte sich noch welchen ein.
    »Lord Wellington«, erklärte Lawford. »Also, was ist, sind Sie ihm begegnet?«
    »Ja, Sir.«
    »Ich hoffe, Sie haben ihn an mich erinnert.«
    »Aber selbstverständlich, Sir«, log Sharpe, wie es von ihm erwartet wurde, und zwang sich, eine weitere Lüge hinzuzufügen. »Und er bat mich, Ihnen seine Grüße zu übermitteln.«
    »Sehr aufmerksam von ihm«, erwiderte Lawford, sichtlich erfreut. »Und was denkt er, kommen die Franzosen morgen zu einem Tänzchen hierherauf?«
    »Darüber hat er nichts gesagt, Sir.«
    »Vielleicht wird dieser Nebel sie abhalten, Sir«, sagte Major Leroy und spähte aus dem Zelt, wo sich der Nebel eindeutig verstärkte.
    »Oder es wird sie ermutigen«, hielt Forrest dagegen. »Unsere Schützen können in den Nebel hinein nicht zielen.«
    Leroy beobachtete Sharpe. »Brauchen Sie einen Arzt?«
    »Nein, Sir«, log Sharpe. Seine Rippen schmerzten, in seinem Schädel pochte es, und in seiner oberen Zahnreihe wackelte ein Zahn. Sein Bauch war eine einzige Masse von Schmerz, sein Schenkel tat ihm weh, und wütend war er obendrein. »Major Hogan glaubt, die Franzosen

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