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Sharpes Flucht

Sharpes Flucht

Titel: Sharpes Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Geschütze ließ das große Fenster sacht erzittern, durch das Sarah am Ende der Straße, die sich bergab erstreckte, gerade so den Fluss Mondego erkennen konnte. »Schreiben Sie Senhor Verzi, dass er in meiner Schuld steht«, befahl ihr Ferragus.
    Die Feder kratzte. Sarah, die herbeordert worden war, um einen zweiten Brief zu schreiben, hatte sich einen Schal um den Hals gelegt, sodass zwischen ihrem Haaransatz und dem hohen, bestickten Kragen ihres blauen Kleides kein Streifen Haut unbedeckt blieb.
    »Schreiben Sie ihm, er kann sämtliche Schulden, die er bei mir hat, mit einem einzigen Gefallen begleichen. Ich bitte ihn um Unterbringung auf einem seiner Boote. Ich möchte eine Kabine für die Frau meines Bruders, für seine Kinder und seinen Haushalt.«
    »Nicht so schnell, senhor «, bat Sarah. Sie tauchte die Feder ein und schrieb. »Für die Frau Ihres Bruders, für seine Kinder und seinen Haushalt«, wiederholte sie, als sie fertig war.
    »Ich schicke die Familie samt ihrer Dienstboten nach Lissabon«, fuhr Ferragus fort, »und ich bitte Senhor Verzi, nein ich verlange von ihm, dass er sie auf einem geeigneten Schiff sicher unterbringt.«
    »Auf einem geeigneten Schiff«, wiederholte Sarah.
    »Wenn die Franzosen nach Lissabon kommen«, sprach Ferragus weiter, »soll das Schiff sie auf die Azoren bringen und dort abwarten, bis eine gefahrlose Rückkehr möglich ist. Schreiben Sie, er soll die Frau meines Bruders innerhalb von drei Tagen nach Erhalt dieses Briefes erwarten.« Er wartete ab. »Und schreiben Sie zu guter Letzt, dass ich weiß, er wird die Angehörigen meines Bruders behandeln, als wären sie seine eigenen.« Verzi tat gut daran, sie anständig zu behandeln, dachte Ferragus. Solange er nicht wollte, dass ihm jemand in einer dunklen Allee von Lissabon die Eingeweide in flüssige Tunke verwandelte. Er blieb stehen und starrte auf Sarahs Rücken hinab. Er konnte sehen, wie sich ihr Rückgrat durch den blauen Stoff abzeichnete. Er wusste, dass sie sich seines Blickes bewusst war, und konnte ihre Empörung förmlich spüren. Es amüsierte ihn. »Lesen Sie mir den Brief vor.«
    Sarah las, und Ferragus blickte aus dem Fenster. Verzi würde tun, was er wollte, das wusste er, und somit würden Major Ferreiras Frau und seine Kinder weit weg sein, wenn die Franzosen kamen. Sie würden den Vergewaltigungen und dem Gemetzel entgehen, das sich zweifellos abspielen würde, und wenn die Franzosen sich beruhigt hatten, wenn sie ihre Gelüste befriedigt hatten, würde die Familie gefahrlos zurückkehren können.
    »Sie hören sich an, als wären Sie sicher, dass die Franzosen kommen, senhor«, sagte Sarah, sobald sie zu Ende vorgelesen hatte.
    »Ich weiß nicht, ob sie kommen oder nicht«, erwiderte Ferragus. »Aber ich weiß, dass Vorbereitungen getroffen werden müssen. Wenn sie kommen, befindet sich die Familie meines Bruders in Sicherheit. Wenn sie nicht kommen, werden Senhor Verzis Dienste eben nicht benötigt.«
    Sarah streute Sand auf das Papier. »Wie lange würden wir denn auf den Azoren warten?«, fragte sie.
    Ferragus lächelte über ihr Missverständnis. Er hatte keineswegs die Absicht, Sarah auf die Azoren zu senden, aber dies war nicht der rechte Moment, um ihr das mitzuteilen. »So lange wie nötig«, sagte er.
    »Vielleicht kommen die Franzosen ja gar nicht«, bemerkte Sarah gerade, als eine neuerlicher Salve des Kanonenfeuers lauter denn je herüberdröhnte.
    »Die Franzosen haben jeden Flecken Erde in Europa erobert«, sagte Ferragus und gab ihr das Siegel. »Niemand außer uns kämpft noch gegen sie. Mehr als hunderttausend Franzosen haben die Armeen in Spanien verstärkt. Sie haben wie viele Soldaten südlich der Pyrenäen? Dreihunderttausend? Glauben Sie wirklich, Miss Fry, dass wir gegen eine solche Übermacht gewinnen können? Und selbst wenn wir heute gewinnen, werden sie wiederkommen und noch mehr mitbringen.«
    Er schickte drei Männer mit dem Brief los. Die Straße nach Lissabon war einigermaßen sicher, aber er hatte gehört, dass es in der Stadt selbst Schwierigkeiten gab. Die Leute dort waren überzeugt, dass die Briten vorhatten, sich aus Portugal zurückzuziehen und das Land damit den Franzosen zu überlassen, und in den Straßen hatte es Aufruhr gegeben, also musste auf den Brief gut aufgepasst werden. Und der Brief war kaum unterwegs, als zwei weitere seiner Männer kamen, die Nachrichten von noch mehr Schwierigkeiten brachten. Ein Stadtkämmerer war im Lagerhaus eingetroffen und

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