Sharpes Gefecht
sich die Reihen auf, und die Franzosen stürmten durch das Gemüse und über die Mauern direkt in das Feuer von Colonel Williams’ Verteidigern.
»Gott schütze uns«, sagte Harper voller Ehrfurcht, als sich die Franzosen wie eine dunkle Flut über das gegenüberliegende Ufer ergossen. Der Feind schrie, während er rannte und alles niedertrampelte, was sich ihm in den Weg stellte, egal ob Gemüse oder Mauer.
»Feuer!«, schrie eine Stimme, und die Musketen und Gewehre krachten in den durchlöcherten Häusern. Ein Franzose wurde zu Boden geworfen, und sein Blut färbte das Wasser rot. Ein weiterer fiel an der Brücke und wurde ohne viel Federlesen von den Nachrückenden in die Furt gestoßen.
Sharpe und Harper schossen nun ebenfalls, und ihre Kugeln rasten über die tiefer gelegenen Dächer hinweg und in die Masse der Angreifer, die nun nicht mehr von der Artillerie hinter dem Dorf eingedeckt werden konnten.
Die ersten französischen Angreifer erreichten die Ostmauern des Dorfes. Bajonette trafen auf Bajonette. Sharpe sah, wie ein Franzose über eine Mauer kletterte und in den Hof dahinter sprang. Weitere Franzosen folgten ihm.
»Bajonett, Pat«, sagte Sharpe und zog seinen Säbel, während Harper das Schwertbajonett am Lauf befestigte. Sie duckten sich durch die Gartentür und rannten die Hauptstraße hinunter, doch eine Doppelreihe Rotröcke versperrte ihnen den Weg. Die Männer hatten die Bajonette aufgepflanzt und die Musketen geladen. Zwanzig Yards weiter die Straße entlang waren weitere Rotröcke zu sehen. Sie feuerten über eine Barrikade aus Fensterläden, Türen, Ästen und zwei requirierten Handkarren hinweg. Die Barrikade bebte unter dem Druck der angreifenden Franzosen auf der anderen Seite, und alle paar Sekunden stieß eine Muskete durch die Barrikade und spie Rauch und Feuer auf die Verteidiger.
»Macht euch bereit, Jungs!«, rief der Rotrock-Lieutenant. Er schien nicht älter als achtzehn zu sein, doch seine West-County-Stimme war fest. Er nickte Sharpe zum Gruß zu und schaute dann wieder zur Barrikade. »Ruhig, Jungs, ruhig!«
Sharpe wusste, dass er den Säbel noch nicht brauchen würde. Also steckte er ihn wieder weg und lud stattdessen sein Gewehr. Er biss die Kugel von der Patrone und behielt sie im Mund, während er den Hahn halb spannte. Er schmeckte das ätzende, scharfe Pulver und schüttete ein wenig davon aus der Hülse auf die offene Pfanne und klappte den Deckel zu. Dann goss er das restliche Pulver in den Lauf, zerknüllte das Wachspapier der Patrone, nahm den Stock und stopfte es dem Pulver hinterher. Zu guter Letzt folgte die Kugel. Schließlich schob Sharpe den Ladestock wieder unter den Lauf, spannte den Hahn ganz, und er war bereit. All das hatte zwölf Sekunden gedauert, und nicht einmal hatte Sharpe darüber nachgedacht, was er da tat, oder auch nur hingeschaut. Diese Bewegungen waren essentiell für sein Handwerk, und er hatte sie schon so oft geübt und angewendet, dass sie zur zweiten Natur für ihn geworden waren. Als junger Rekrut von sechzehn Jahren hatte Sharpe sogar vom Laden der Muskete geträumt. Seine Ausbilder hatten ihn gezwungen, es immer wieder und wieder zu tun, und eines feuchten Tages in Flandern hatte er es dann zum ersten Mal in echt machen müssen, und prompt hatte er seinen Ladestock verloren und vergessen, Pulver auf die Pfanne zu tun. Irgendwie hatte er diesen Kampf jedoch überlebt, und hinterher hatte er so lange geübt, bis es ihm in Fleisch und Blut übergegangen war. Es war die gleiche Fähigkeit, die er auch der Real Compañía Irlandesa während ihres unglücklichen Aufenthalts in San Isidro hatte beibringen wollen.
Jetzt, als er beobachtete, wie sich die Verteidiger rasch von der zusammenbrechenden Barrikade zurückzogen, fragte er sich, wie oft er wohl schon eine Waffe geladen hatte. Allerdings hatte er keine Zeit mehr, weiter darüber nachzudenken, denn mit einem Triumphschrei räumten die Franzosen die letzten Teile des Hindernisses weg.
»Macht Platz!«, schrie der Lieutenant, und die beiden Reihen Rotröcke öffneten gehorsam eine Gasse, damit sich die Verteidiger der Barrikade in Sicherheit bringen konnten. Mindestens drei rotuniformierte Leichen waren auf der Straße zurückgeblieben. Ein Verwundeter brach zusammen und schleppte sich zu einer Tür. Dann rannte ein rotgesichtiger Captain mit grauem Schnurrbart durch die Lücke und schrie die Männer an, die Reihen wieder zu schließen.
Und die Reihen schlossen sich. »Erste Reihe!
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