Sharpes Gefecht
wenn sie anhielten: »Red Lion! Feinstes Ale und gutes Essen! Wir wechseln nur die Pferde und fahren in einer Viertelstunde weiter! Damen finden alles, was sie brauchen, hinter der Schenke!«
Der Kutscher hatte das alles schon tausendmal gehört, und so reagierte er nicht darauf, doch nachdem Harris zehn Minuten lang über den Pisspott hinter der Schenke gegrölt hatte, drehte sich Sharpe um und brüllte seine Männer an, endlich das Maul zu halten. Daraufhin taten die Riflemen so, als hätten sie gar furchtbare Angst vor ihrem Captain, und Sharpe wurde ganz anders bei der Vorstellung, was er alles vermissen würde, wenn er sein Patent verlor.
Vor dem Wagen eröffneten die Gewehre und Musketen das Feuer. Gelegentlich flog eine französische Kanonenkugel, die zu hoch gezielt war, über die Felder in der Nähe, doch die drei Pferde trotteten geduldig weiter, als seien sie vor einen Pflug gespannt und nicht auf dem Weg in eine Schlacht.
Nur einmal wurden sie vom Feind bedroht, und die Riflemen mussten vom Wagen runter und sich neben der Straße formieren. Im Westen war ein Trupp von fünfzig französischen Dragonern aufgetaucht. Ihr Offizier entdeckte den Wagen und ließ seine Männer zur Attacke wenden. Der Kutscher hielt das Fahrzeug an und wartete mit dem Messer in der Hand für den Fall, dass er die Pferde losschneiden musste.
»Wir nehmen die Pferde«, riet er Sharpe, »und überlassen den Froschfressern den Wagen. Das sollte die Bastarde lange genug beschäftigen, sodass wir uns verpissen können.« Seine Pferde fraßen zufrieden Gras, während Sharpe die Entfernung zu den Dragonern abschätzte, deren bronzebeschlagenen Helme im Sonnenlicht golden funkelten.
Dann, kaum dass er zu dem Schluss gelangt war, dem Rat des Kutschers zu folgen, griff eine Schwadron blauuniformierter Reiter ein. Bei den Neuankömmlingen handelte es sich um britische Dragoner, die die Franzosen in einen Kampf Säbel gegen Säbel verwickelten. Der Kutscher steckte sein Messer weg, schnalzte mit der Zunge und fuhr los. Rasch sprangen die Riflemen auf den Wagen und ließen sich zum Waldrand schaukeln, aus dem immer mehr Pulverdampf quoll.
Dann donnerten schwere Geschütze im Norden, und Sharpe drehte sich auf dem Kutschbock um und schaute zurück. Der Rand des von den Briten gehaltenen Plateaus war in dichten Rauch gehüllt. Die Hauptbatterien hatten das Feuer in Richtung Osten eröffnet.
»Die Froschfresser greifen das Dorf wieder an«, sagte er.
»Ein übler Ort zum Kämpfen«, bemerkte Harper. »Seid froh, dass wir hier und nicht da sind, Jungs.«
»Und betet, dass die Scheißkerle uns hier draußen nicht den Weg abschneiden«, fügte Sergeant Latimer düster hinzu.
»Irgendwo muss man doch sterben. Nicht wahr, Mister Sharpe?«, rief Perkins.
»Mach du dir nur dein eigenes Bett, Perkins, mit Miranda neben dir«, erwiderte Sharpe. »Kümmerst du dich auch gut um das Mädchen?«
»Sie beschwert sich zumindest nicht, Mister Sharpe«, antwortete Perkins und handelte sich damit eine Reihe fröhlicher Sticheleien ein. Perkins hatte noch immer keine neue Jacke. Der Verlust der alten mit ihrem schwarzen Armband, das ihn als Chosen Man ausgewiesen hatte, ärgerte ihn noch immer kolossal. Schließlich bekamen dieses Armband nur die besten und zuverlässigsten Riflemen.
Der Wagen rumpelte über einen zerfurchten Feldweg, der in Richtung Süden durch die Bäume und zu den Dörfern in der Ferne führte, die von den Franzosen überrannt worden waren. Die 7. Division marschierte nördlich des Waldes. Sie war auf dem Weg zurück zum Plateau, während die neu eingetroffene Leichte Division an der breiteren Straße Stellung bezog, die nach Portugal führte. Die sich zurückziehenden Bataillone marschierten langsam. Die hohe Zahl von Verwundeten in ihren Reihen zwang sie zum Schneckentempo, aber wenigstens marschierten sie noch und das mit wehenden Fahnen.
Der Kutscher riss an den Zügeln, um das Gespann zwischen den Bäumen zum Stehen zu bringen, wo die Leichte Division ein Depot errichtet hatte. Zwei Feldschere hatten dort ihre Instrumente ausgelegt, während ein paar Yards daneben die Regimentskapelle spielte. Sharpe befahl seinen Riflemen, beim Wagen zu bleiben, während er loszog, um neue Befehle einzuholen.
Die Leichte Division hatte sich auf der Ebene zwischen den Bäumen und den rauchenden Dörfern in Karrees aufgestellt, und die französische Kavallerie trottete vor diesen Karrees entlang und versuchte, sinnlose Salven zu provozieren.
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