Sharpes Gefecht
wie schmutzig Duelle heutzutage sind, nicht wahr, Mylord?«, erwiderte Sharpe. »Aber andererseits ist der Krieg an sich ja auch schmutzig. Die Gründe für einen solchen Kampf mögen ja die besten sein, aber schlussendlich schreien Männer nach ihren Müttern, wenn ihnen Kanonenkugeln die Eingeweide rausreißen. Sie können einen Mann in Purpur und Gold kleiden, Mylord, und ihm sagen, er kämpfe für eine edle Sache, doch zum Schluss verblutet er wie alle anderen auch und scheißt sich vor Angst in die Hose. Ritterlichkeit stinkt, Mylord, denn es ist das Schmutzigste auf dieser Welt.«
Kiely steckte seinen Säbel weg. Bis jetzt hatte er ihn in der Hand gehalten. »Von Ihnen muss ich mich nicht über Ritterlichkeit belehren lassen, Sharpe. Ihre Aufgabe ist es, meine Truppen auszubilden und sie von der Desertion abzuhalten – falls Sie denn dazu in der Lage sind.«
»Oh, das bin ich, Mylord«, erklärte Sharpe selbstbewusst. »Das bin ich.«
Und an diesem Nachmittag machte Sharpe sich daran, dieses Versprechen in die Tat umzusetzen.
Sharpe ging von San Isidro in Richtung Süden und hielt sich dabei an die Gipfel der Hügel. Je näher sie der Hauptstraße kamen, die über die Grenze führte, desto flacher wurden sie, und dort, wo die Hügel dann in Weideland übergingen, befand sich ein kleines Dorf mit gewundenen Straßen, steinummauerten Gärten und Hütten mit flachen Dächern an einem Hang, der von einem schnell fließenden kleinen Fluss zu einem Felskamm hinaufführte, wo die Dorfkirche über der Gemeinde aufragte wie ein Storchennest.
Das Dorf hieß Fuentes de Oñoro. Es war das Dorf, das Loups Wut entfacht hatte, und es lag nur zwei Meilen von Wellingtons Hauptquartier in Vilar Formoso entfernt. Diese Nähe machte Sharpe Sorgen, denn er fürchtete, ein vorwitziger Offizier könnte ihn nach dem Zweck seines Hierseins fragen. Aber es waren nur wenige Briten in Fuentes de Oñoro, ein kleiner Sicherungstrupp der 60th Rifles. Sie lagen nördlich des Dorfes und nahmen keine Notiz von Sharpe.
Am Ostufer des Flusses standen ein paar verstreute Häuser mit den typischen ummauerten Gärten und Obsthainen sowie eine kleine Kapelle. Vom eigentlichen Dorf aus erreichte man die Häuser über eine schmale, auf Steinplatten ruhende Brücke neben einer Furt, an der Kavalleristen der King’s German Legion gerade ihre Pferde tränkten.
Die Deutschen warnten Sharpe, dass es am anderen Ufer keine Alliierten mehr gebe. »Da sind nur noch Franzosen«, sagte der Captain der Kavalleristen, und dann, als er Sharpe erkannte, bestand er darauf, eine Flasche Brandy mit dem Rifleman zu teilen. Sie tauschten Neuigkeiten über von Lossow aus, einen Freund von Sharpe in der Legion, dann führte der Captain seine Männer weg vom Fluss und zu der Straße, die nach Ciudad Rodrigo führte.
»Ich suche Ärger«, rief er über die Schulter zurück, als er sich in den Sattel schwang, »und so Gott will, werde ich ihn auch finden!«
Sharpe wandte sich in die andere Richtung und stieg die Hauptstraße des Dorfes hinauf, wo es in einem winzigen Gasthaus einen ganz annehmbaren Rotwein gab. Das Gasthaus war wahrlich nichts Besonderes, aber andererseits war das Fuentes de Oñoro auch nicht. Der Ort lag knapp hinter der spanischen Grenze und war von den Franzosen bei ihrem Einmarsch in Portugal geplündert worden und dann noch einmal bei ihrem Rückzug. Dementsprechend misstrauisch waren die Bewohner nun auch, wann immer sie einen Soldaten sahen.
Sharpe holte sich einen Schlauch Wein im verräucherten Schankraum des Gasthofs und ging damit in einen kleinen Gemüsegarten, wo er sich auf eine Bank neben einem Weinstock setzte, dessen Stamm halb zerstört worden war. Der Schaden schien die Pflanze jedoch nicht beeinträchtigt zu haben, denn die Wurzeln waren stark und die Blätter leuchtend grün. Dort döste Sharpe eine Weile. Er war so müde, dass er kaum den Schlauch heben konnte.
»Die Franzosen haben versucht, den Wein abzuhacken«, sagte jemand plötzlich auf Spanisch hinter Sharpe. »Sie haben versucht, alles zu zerstören. Bastarde!« Der Mann rülpste laut genug, um die Katze zu wecken, die auf der Gartenmauer schlief.
Sharpe drehte sich um und sah einen wahren Berg von einem Mann in schmutziger brauner Hose, blutbeflecktem Baumwollhemd und einem grünen französischen Dragonermantel, der an den Nähten aufgeplatzt war, um Platz für den massigen Leib seines neuen Besitzers zu schaffen. Dazu trug der Mann eine Lederschürze. Sie war steif
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