Sharpes Gold (German Edition)
froh darüber, dass das South Essex endlich nach Norden aufgebrochen war, wo die Schlachten des Sommers geschlagen werden sollten.
Patrick Harper hatte – wie alle anderen – die Gerüchte über die französische Streitmacht und ihren neuen Kommandanten gehört, aber er dachte nicht daran, sich wegen der Zukunft schlaflose Nächte zu machen, auch wenn das South Essex von der Zahl her jämmerlich unterlegen war.
Im März waren in Portsmouth Ersatzeinheiten in See gestochen, aber der Konvoi war in einen Sturm geraten, und Wochen später hieß es, an den Stränden der südlichen Biscaya seien Hunderte von Leichen angespült worden. Jedenfalls musste das Regiment nun mit weniger als der Hälfte seiner Sollstärke in den Kampf ziehen. Harper war es egal. Auch in Talavera war das Heer zahlenmäßig zwei zu eins unterlegen gewesen, und am heutigen Abend würde es in der Stadt Celorico, wo sich die Truppen sammelten, auf den Straßen Frauen geben und Wein in den Geschäften. Für einen Jungen aus Donegal konnte es im Leben weitaus schlimmer zugehen. Patrick Harper begann zu pfeifen.
Sharpe hörte das Pfeifen und widerstand dem Impuls, den Sergeant anzuschnauzen. Er erkannte diesen Impuls als Folgeerscheinung seiner Gereiztheit, konnte aber nicht umhin, sich darüber zu ärgern, dass Harper seine übliche Gelassenheit zur Schau stellte. Sharpe glaubte nicht, dass an den Gerüchten über die Niederlage etwas dran war, denn für einen Soldaten war solch eine Schlappe undenkbar. Die passierte nur dem Feind.
Andererseits verachtete Sharpe sich selbst, weil ihm die unbarmherzige Logik der Zahlen zusetzte. Das Debakel lag in der Luft, ob er es nun glaubte oder nicht. Er musste ständig daran denken und marschierte deshalb noch schneller, als sei die beschwerliche Gangart geeignet, jedweden Pessimismus auszulöschen.
Immerhin unternahmen sie endlich etwas. Seit Talavera hatte das Regiment an der öden Südgrenze zwischen Spanien und Portugal Patrouillendienst geleistet, und der Winter war lang und eintönig gewesen. Die Sonne war auf- und wieder untergegangen, das Regiment war zum Drill angetreten, sie hatten die menschenleeren Hügel beobachtet, und es hatte zu viel Muße gegeben, zu viel Weichlichkeit. Die Offiziere hatten die zurückgelassene Brustplatte eines französischen Kavalleristen gefunden und als Rasierschüssel benutzt, und Sharpe hatte zu seiner Empörung festgestellt, dass er den Luxus heißen Wassers in einer Schüssel als alltägliches Ereignis hinzunehmen begann!
Und dann die Hochzeiten. Zwanzig allein während der letzten drei Monate. So war es gekommen, dass meilenweit hinter ihnen die übrigen neun Kompanien des South Essex eine bunte Prozession aus Frauen und Kindern, Ehefrauen und Huren anführten, einem reisenden Rummelplatz ähnlich. Aber immerhin marschierten sie jetzt in diesem jahreszeitlich ungewöhnlich feuchten Sommer gen Norden, wo der französische Angriff erfolgen und alle Zweifel und Ängste im Kampf gebannt werden sollten.
Die Straße erreichte eine Anhöhe. Dahinter lag ein flaches Tal mit einem kleinen Dorf in der Mitte. In diesem Dorf befand sich Kavallerie, vermutlich genau wie das South Essex auf dem Weg nach Norden. Als Sharpe der vielen Pferde ansichtig wurde, ließ er seinen Ärger erkennen, indem er auf die Straße spuckte.
Diese verfluchte Kavallerie mit ihrem affektierten Gehabe, ihrer unverblümten Herablassung gegenüber der Infanterie. Dann sah er die Uniformen der abgesessenen Reiter und schämte sich seiner Reaktion. Die Männer trugen das Blau der Deutschen Legion des Königs, und Sharpe hatte Respekt vor den Deutschen. Sie waren Berufssoldaten, und Sharpe war ebenfalls in erster Linie Berufssoldat. Es blieb ihm nichts anderes übrig. Er hatte kein Geld, um sich Beförderung zu erkaufen, und seine Zukunft hing einzig von seinem Können und seiner Erfahrung ab.
Erfahrung hatte er im Überfluss. Siebzehn seiner dreiunddreißig Jahre war er Soldat gewesen, erst als Private, dann als Sergeant. Dann war der Schwindel erregende Sprung in den Offiziersrang erfolgt. Und sämtliche Beförderungen hatte er sich auf dem Schlachtfeld verdient. Er hatte in Flandern gekämpft, in Indien und nun auf der Iberischen Halbinsel. Dabei war er sich darüber im Klaren, dass ihn das Heer, sobald Frieden einkehrte, wie eine glühend heiße Kartoffel fallen lassen würde. Nur in Kriegszeiten wurden Berufssoldaten wie er gebraucht, wie Harper, wie die zähen Deutschen, die in britischen Diensten
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