Sharpes Gold (German Edition)
kennst die verdammten Regeln. Sage sie auf.«
Das Heer gab dicke Bände mit Vorschriften heraus, aber Sharpe hatte seinen Männern drei Regeln eingeschärft. Sie waren einfach, sie funktionierten, und die Männer wussten, dass sie mit Bestrafung zu rechnen hatten, wenn sie dagegen verstießen. Batten räusperte sich.
»Wir sollen gut kämpfen, Sir. Uns nicht unerlaubt besaufen, Sir. Und ...«
»Weiter.«
»Wir sollen nicht stehlen, Sir, es sei denn vom Feind oder wenn wir sonst verhungern, Sir.«
»Warst du dabei, zu verhungern?«
Batten war anzusehen, dass er gern ja gesagt hätte, aber jeder Mann hatte noch zwei Tagesrationen in seinem Proviantbeutel. »Nein, Sir.«
Sharpe schlug ihn, ließ all seine Enttäuschung in die Faust einfließen, die Battens Brust traf, ihm den Atem raubte und ihn keuchend auf der nassen Straße zu Boden gehen ließ. »Du bist ein verdammter Narr, Batten, ein jämmerlicher, elender, schleimiger Hurensohn von einem Narren.« Er wandte sich ab von dem Mann, dessen Muskete im Schlamm gelandet war. »Kompanie! Marsch!«
Sie marschierten hinter dem hochgewachsenen Schützen her, während Batten sich aufrappelte, ohne viel Erfolg das Wasser abzuwischen versuchte, das ins Schloss seines Gewehrs gelaufen war, und dann der Kompanie hinterherlief. Er drängte sich in Reih und Glied und wandte sich murrend an seine schweigenden Gefährten. »Der darf mich doch nicht einfach schlagen!«
»Halt den Mund, Batten!« Harpers Stimme war so unwirsch wie die seines Captains. »Du kennst die Regeln. Wär es dir lieber, jetzt hilflos am Strang zu zappeln?«
Der Sergeant brüllte die Kompanie an, sie sollten die Beine in die Hand nehmen, sagte ihnen jeden Schritt an und fragte sich dabei die ganze Zeit, welches Schicksal Sharpe nun wohl bevorstand. Eine Beschwerde dieses verdammten Profos würde ein Verhör nach sich ziehen, wenn nicht gar ein Verfahren vor dem Militärgericht. Und das nur wegen dieses erbärmlichen Batten, wegen eines gescheiterten Pferdehändlers, den Harper am liebsten persönlich umgebracht hätte. Lieutenant Knowles schien auf denselben Gedanken gekommen zu sein. Er ging neben dem Iren her und blickte ihn mit besorgtem Gesicht an. »Alles nur wegen eines Huhns, Sergeant?«
Harper blickte auf den jungen Lieutenant hinab. »Das möcht ich bezweifeln, Sir.« Er wandte sich an die Soldaten. »Daniel!«
Hagman, einer der ehemaligen Rifles, brach aus der Reihe aus und gesellte sich zu dem Sergeant. Er war der Älteste der Kompanie, schon über vierzig, aber er war der beste Schütze. Hagman stammte aus der Grafschaft Cheshire und war als Wilderer groß geworden. Er konnte einem französischen General auf dreihundert Yards Entfernung die Knöpfe vom Mantel schießen. »Sergeant?«
»Wie viele Hühner waren es insgesamt?«
Hagman grinste zahnlos, warf einen verstohlenen Blick auf die Kompanie, sah dann zu Harper auf. Der Sergeant war ein gerechter Mann, der nie mehr als seinen gebührenden Anteil verlangte. »Ein Dutzend, Sergeant.«
Harper blickte Knowles vielsagend an. »Da haben Sie’s, Sir. Dort gab’s mindestens sechzehn wilde Hühner. Vermutlich zwanzig. Gott weiß, was sie dort zu suchen hatten, warum ihre Besitzer sie nicht mitgenommen haben.«
»Schwer zu fangen, Sir, diese Hühner.« Hagman kicherte. »War’s das, Sergeant?«
Harper grinste auf den Schützen hinab. »Ein Bein für jeden Offizier, Daniel. Und keins von den zähen.«
Hagman sah Knowles von der Seite an. »Sehr wohl, Sir. Jedem ein Bein.« Er reihte sich wieder ein.
Knowles schmunzelte. Ein Bein für jeden Offizier, das hieß ein gutes Bruststück für den Sergeant, Hühnerbrühe für alle und nichts für den Schützen Batten. Und für Sharpe? Knowles merkte, wie ihm der Mut verging. Der Krieg war verloren, es regnete immer noch, und morgen würde Captain Richard Sharpe tief in Schwierigkeiten mit der Militärpolizei stecken, bis hinauf an den von Säbelhieben vernarbten Hals.
KAPITEL 2
Wenn überhaupt ein Symbol für die drohende Niederlage gebraucht wurde, bot sich die Kirche Sao Paolo in Celorico, das vorübergehende Hauptquartier des South Essex, dafür geradezu an. Sharpe stand auf der Empore und sah dem Priester zu, wie er einen prächtigen Lettner übertünchte. Die Chorschranke war aus massivem Silber, uralt und fein gearbeitet, das Geschenk eines längst vergessenen Gemeindemitglieds. Nur die Gesichter seiner Familie waren in denen der trauernden Frauen und Jünger verewigt, die zum
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