Sharpes Gold (German Edition)
nahm alle Kräfte zusammen, um eine Verzweiflungstat zu begehen.
Er wartete – nur eine halbe Sekunde, aber ihm kam es wie eine Ewigkeit vor – darauf, dass das Gesicht des Mannes auftauchte. Die Augen weiteten sich vor Überraschung, worauf Sharpe die Hand ausstreckte und den Sergeant an der Gurgel packte. Sharpes Finger schlossen sich wie eine Fußangel um seine Kehle. Er holte mit der linken Hand aus, fand den Gürtel und zog, indem er sich halb auf den Rücken legte, den Ulanen herauf und über den Rand. Dabei hielt er den Hünen in der Luft mit einer Kraft, von der er nicht gewusst hatte, dass er sie besaß. Dann warf er den Mann, der mit den Armen ruderte und seinen Karabiner schwenkte, Sergeant Harper zum Fraß vor.
Der Ire versetzte dem Ulanen einen Fußtritt, sobald er gelandet war, drehte sein siebenläufiges Gewehr um und schlug es dem Mann erbarmungslos über den Schädel.
Sharpe wandte sich wieder dem äußeren Hang zu. Die Schützenlinie kam weiterhin näher! Niemand hatte etwas gesehen oder bemerkt, aber es war immer noch nicht vorbei. Der Ulan war zäh, und Harpers Schläge, die ein ansehnliches Stierkalb getötet hätten, schienen nicht mehr erreicht zu haben, als ihm die gelbblaue Mütze vom Kopf zu reißen.
Der feindliche Sergeant hielt Harpers Taille umschlungen und drückte, während der Ire versuchte, seinem Gegner den Kopf abzureißen. Der Pole hatte die Zähne zusammengebissen. Er hätte eigentlich schreien müssen, war jedoch offensichtlich benommen und konnte an nichts anderes denken, als aufzustehen, seinem Widersacher entgegenzutreten und seine eigenen massiven Fäuste einzusetzen, um nach Harper zu schlagen.
Die Männer in der Mulde waren erstarrt, verblüfft über den Feind, der plötzlich in ihrer Mitte gelandet war, und es blieb Teresa überlassen, zu reagieren. Sie hob eine Muskete, drehte sie um, trat vier Schritte vor und zog dem Mann den Kolben mit den Messingbeschlägen über die Stirn. Er sackte zusammen, versuchte sich aufzurichten, doch sie holte erneut aus, und Sharpe sah ihre wilde Freude, als die Waffe den Sergeant mit blutüberströmtem Gesicht zusammenbrechen ließ. Und auf einmal herrschte wieder Stille in der Mulde.
Harper schüttelte den Kopf. »Gott schütze Irland.«
Die junge Frau warf Harper jene Art mitleidigen Blick zu, von der Sharpe angenommen hatte, sie sei ihm vorbehalten. Dann kletterte sie, ohne Sharpe auch nur anzusehen, den Hang herauf, um sich neben ihn zu legen und auf die Feinde hinabzuspähen. Die hatten endlich gemerkt, dass der Sergeant fehlte. Einzelne Männer an der Spitze der Linie blieben stehen und drängten sich unsicher zusammen. Sie riefen nach ihrem Offizier und warteten, während der die Hände an den Mund legte und etwas zu ihnen hinaufbrüllte. Die Stimme hallte und verklang. Er rief noch etwas, verstummte mitten im Satz, und Sharpe wusste, dass man sie innerhalb weniger Augenblicke entdecken würde. Dieser verdammte Sergeant! Er sah sich um und fragte sich, ob es am Hang jenseits der Mulde Deckung geben mochte, und wusste, es war hoffnungslos.
Dann sah er, dass sich die junge Frau in Bewegung gesetzt hatte. Sie überquerte die Mulde und kletterte auf der anderen Seite hinauf. Sein Gesicht musste seine Besorgnis verraten haben, denn Kearsey, der neben Ramon saß, schüttelte den Kopf. »Sie weiß, was sie tut.« Sein Flüstern drang gerade eben zu Sharpe vor.
Der Erkundungstrupp hatte sich hingesetzt, froh über die Rast, aber der Offizier rief immer noch nach dem fehlenden Sergeant. Er kletterte immer wieder ein Stück den Hang hinauf, unsicher, was er tun sollte, und erbost über jene unter seinen Männern, die sich seinem Gebrüll anschlossen. Doch es blieb ihm nichts anderes übrig. Er musste kommen und nach seinem Sergeant suchen. Und Sharpe, dem der Schweiß vom Gesicht tropfte, konnte sich nicht vorstellen, was ein einzelnes Mädchen tun konnte, um die Ulanen von ihrer Suche abzubringen.
Ein spitzer Schrei ließ ihn auffahren. Er wurde abgeschnitten und wiederholte sich dann. Sharpe rutschte etwas tiefer, drehte sich um und blickte den Hang hinauf, dorthin, wo der Laut hergekommen war. Harper sah ihn verwirrt an. Es musste sich um die junge Frau handeln. Sharpe spähte erneut über den Rand und sah, wie die Ulanen nach oben zeigten. Teresa schrie wieder, ein entsetzlicher Laut, und Sharpes Männer blickten einander an und dann zu Sharpe hinauf, wie um ihn zu fragen, was sie tun konnten, um sie zu retten. Sharpe
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