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Sharpes Sieg

Titel: Sharpes Sieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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seiner Schuld, aber jetzt erkannten sie, dass er ihnen noch mehr Grund gab, ihm dankbar zu sein.
    »Gleiche Anteile, Sergeant?«, fragte Private Lowry.
    »Gleiche Anteile?«, rief Hakeswill. »Gleiche? Ich fasse es nicht! Hört zu, ihr Spinner, ihr hättet keine Chance, überhaupt was zu teilen, wenn ich nicht so freundlich zu euch wäre. Wer hat euch für diesen Ausflug ausgewählt?«
    »Das waren Sie, Sergeant.«
    »Ja klar, das habe ich getan. Aus Menschenfreundlichkeit. Und ihr zahlt es mir zurück, indem ihr gleiche Anteile fordert?« In Hakeswills Gesicht zuckte es. »Ich hätte fast Lust, dich zurückzuschicken, Lowry.«
    Er wirkte betrübt, und die Privates schwiegen.
    »Undankbarkeit«, sagte Hakeswill in gekränktem Tonfall, »scharf wie der Zahn einer Schlange ist die. Gleiche Anteile! Das hat man ja noch nie gehört!« Er zog den kostbaren Haftbefehl aus der Tasche, legte ihn auf eine Stelle des Tisches, auf der es keinen verschütteten Arrak gab, und strich ihn glatt. »Seht euch das an, Jungs, ein Vermögen. Die Hälfte für mich, und ihr blöden Wichser könnt euch die andere Hälfte teilen. Zu gleichen Teilen.« Er stieß Lowry vor die Brust. »Aber ich bekomme die Hälfte, so steht es schon in der Bibel.« Er faltete das Papier und verstaute es vorsichtig in seiner Patronentasche. »Auf der Flucht erschossen«, sagte er und grinste. »Darauf habe ich vier Jahre gewartet, Jungs, vier verdammt lange Jahre.«
    Er brütete vor sich hin. Dann verzerrte sich sein Gesicht bei der Erinnerung. »Er hat mich vor die Tiger geworfen, dieses Schwein! Mich!« In seinem Gesicht zuckte es krampfhaft. »Doch die Tiger haben mich nicht gefressen, sie haben mich verschont. Und wisst ihr, warum? Weil ich unsterblich bin, Jungs! Gott hält die Hand über mich! So steht es schon in der Bibel.«
    Die sechs Privates schwiegen. Verrückt war Hakeswill, total verrückt. Selbst die Armee rekrutierte einen Verrückten nur widerstrebend, denn sie zuckten und sabberten und sprachen mit sich selbst. Aber die Armee hatte Hakeswill genommen, und er hatte überlebt. Böswillig, mächtig und scheinbar unsterblich. Sharpe hatte ihn den Tigern zum Fraß hingeworfen, doch die Tiger waren tot, und Hakeswill lebte noch.
    Er war ein schlimmer Mann, wenn man ihn zum Feind hatte, und jetzt gab das Stück Papier in der Patronentasche Hakeswill die Macht über Sharpe. Und Obadiah Hakeswill konnte den Profit bereits riechen. Ein Vermögen. Dazu brauchte er nur nach Norden zu reiten, bei der Armee den Haftbefehl zu zeigen und das Opfer kaltzumachen. Obadiah erschauerte. Der Reichtum war so nahe, dass er ihn fast schon ausgeben konnte.
    »Ich schnappe ihn«, murmelte er vor sich hin. »Ich erledige ihn. Und dann werde ich auf seine Leiche pissen, das werde ich. Das wird mein Tag der Rache sein.«
    Obadiah Hakeswill und die sechs Männer verließen Seringapatam am Morgen, um nach Norden zu marschieren.
    Dieses E-Book wurde von der "Verlagsgruppe Weltbild GmbH" generiert. ©2011

KAPITEL 5
 
    Sharpe war sonderbarerweise erleichtert, als Colonel McCandless ihn am nächsten Morgen fand, denn die Stimmung in den kleinen Zimmern im oberen Stockwerk war peinlich.
    Simone schien sich wegen der Ereignisse in der Nacht zu schämen, und wenn Sharpe mit ihr zu sprechen versuchte, schüttelte sie nur heftig den Kopf und schaute ihm nicht in die Augen. Später versuchte sie, ihm zu erklären, was mit ihr los war, murmelte etwas von Arrak und den Edelsteinen und über ihre Enttäuschung in der Ehe, doch sie konnte ihre Worte nicht in angemessenem Englisch formulieren, obwohl keine Sprache der Welt nötig war, um klarzumachen, dass sie bedauerte, was geschehen war. Deshalb freute sich Sharpe, McCandless’ Stimme in der Gasse jenseits der Außentreppe zu hören.
    »Ich dachte, ich habe Ihnen gesagt, dass Sie mich wissen lassen sollen, wo Sie sind«, beschwerte sich McCandless, als Sharpe ihn vom oberen Treppenabsatz aus begrüßte.
    »Das habe ich getan«, log Sharpe. »Ich habe einen Fähnrich des 78. gebeten, Sie aufzusuchen, Sir.«
    »Der ist nie bei mir gewesen!«, sagte McCandless, als er die Außentreppe hinaufstieg. »Wollen Sie mir sagen, dass Sie die Nacht allein mit dieser Frau verbracht haben, Sergeant?«
    »Sie haben mir befohlen, sie zu beschützen, Sir.«
    »Ich habe Ihnen nicht befohlen, ihre Ehre aufs Spiel zu setzen! Sie hätten mich vorher fragen müssen, ob Sie allein bei ihr bleiben können.«
    »Ich wollte Sie nicht belästigen,

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