Sharpes Sieg
Major kramte jetzt in einer hölzernen Truhe. »Wir hatten einige feine Bohrer, das weiß ich. Benutzt man für Zündlöcher. Nicht, dass wir sie jemals gebraucht hätten. Wir brauchten noch kein Zündloch nachzubohren.«
»McCandless, Sir?«
»Ein Colonel der Company, aber immer noch ein Colonel. Ich werde eine Rundfeile brauchen, nehme ich an.«
»Ich kenne Colonel McCandless, Sir«, sagte Hakeswill düster. Er hatte mit McCandless und Sharpe den Kerker Tippus geteilt, und er wusste, dass der Schotte ihn nicht leiden konnte, was an sich egal war, denn Hakeswill mochte McCandless ebenso wenig. Aber der Schotte war ein Colonel, und wie Major Stokes zu verstehen gegeben hatte, wenn Colonel etwas forderten, gehorchten andere Männer. Hakeswill sagte sich, dass Colonel McCandless ein Problem sein könnte, aber eines, das warten konnte. Jetzt kam es dringend darauf an, Sharpe einzuholen.
»Haben Sie irgendwelche Konvois nach Norden, Sir? Zur Armee, Sir?«
»Einer verlässt die Stadt morgen«, sagte Stokes hilfreich. »Transportiert Munition. Aber haben Sie die Befugnis zu reisen?«
»Ich habe die Befugnis, Sir, die habe ich.« Hakeswill berührte die Tasche mit der kostbaren Urkunde. Es ärgerte ihn, dass Sharpe fort war, aber er wusste, dass es wenig Sinn hatte, seinen Ärger zu zeigen. Es kam darauf an, das Opfer einzuholen, und dann würde Gott über Obadiah Hakeswills Glück lächeln.
So viel erklärte er seiner Abteilung von sechs Männern, als sie in einer von Seringapatams Tavernen einkehrten. Bis jetzt wussten die sechs Männer nur, dass sie den Befehl hatten, Sergeant Sharpe zu verhaften, doch Hakeswill hatte längst erkannt, dass er mit diesen Männern mehr Informationen teilen musste, damit sie ihm begeistert folgten, besonders, wenn es nach Norden ging, wo Wellesley gegen die Marathen kämpfte. Hakeswill betrachtete sie alle als gute Männer, womit er meinte, dass sie alle verschlagen, gewalttätig und käuflich waren, aber er musste sich ihrer Loyalität versichern.
»Sharpie ist reich«, erzählte er ihnen. »Säuft, wenn er will, hurt, wenn er will. Er ist stinkreich.«
»Er arbeitet in der Waffenkammer«, erklärte Private Kendrick. »Da kann man viel mit Gaunereien beiseite schaffen.«
»Und er wird nie erwischt? So viel kann er sich nicht ergaunert haben«, sagte Hakeswill, und in seinem Gesicht zuckte es. »Wollt ihr die Wahrheit über Dick Sharpe wissen? Ich sage sie euch. Er war der glückliche Scheißer, der in Seringapatam Tippu kaltmachte.«
»Das glaube ich nicht«, meinte Flaherty.
»Und wer war es dann?«, fragte Hakeswill herausfordernd. »Und warum wurde Sharpie nach der Schlacht zum Sergeant gemacht? Er sollte kein Sergeant sein! Er hat keine Erfahrung.«
»Er hat gut gekämpft. Das hat Mister Lawford gesagt.«
»Der verdammte Mister Lawford«, sagte Hakeswill verächtlich. »Niemand hat gemeldet, dass Sharpie gut gekämpft hat. Wenn das alles ist, was man dazu braucht, dann wäre ich Major General! Nein, ich glaube, dass er sich die Sergeantstreifen gekauft hat.«
»Gekauft?« Die Privates starrten Hakeswill an.
»Ist doch wohl klar. Da gibt es gar keine andere Möglichkeit. Das steht schon in der Bibel! Bestechung, Jungs, Bestechung, und ich weiß, wo er das Geld herhat. Ich habe ihn nämlich einmal verfolgt. Hier in Seringapatam. Unten in die Goldschmiedestraße ging er und machte seine Geschäfte, und danach krallte ich mir seinen Geschäftspartner. Er wollte mir nicht sagen, um welches Geschäft es gegangen war, aber ich nahm ihn ein bisschen freundlich in die Mangel, und als es genügend wehtat, zeigte er mir einen Rubin. So groß war das Ding!« Der Sergeant zeigte mit Zeigefinger und Daumen die Größe an, fast die halbe Größe eines Hühnereis. »Sharpie wollte das Ei verkaufen, versteht ihr? Und woher hat Sharpie diesen Reichtum?«
»Von Tippu?«, fragte Kendrick staunend.
»Und wisst ihr, wie viele Klunker Tippu hatte? Mehr, als er wog! Er trug mehr Edelsteine auf sich als eine Weihnachtshure, und wisst ihr, wo diese Steine jetzt sind?«
»Sharpe«, stieß Flaherty atemlos hervor.
»Richtig, Private Flaherty«, sagte Hakeswill. »Eingenäht in seine Uniformsäume, in seine Stiefel, versteckt in seinen Taschen und im Tschako. Ein verdammtes Vermögen, weshalb wir ihn nicht zurück zum Bataillon schleppen wollen, wenn wir ihn schnappen, oder?«
Die sechs Männer starrten Hakeswill an. Sie wussten, dass sie seine Favoriten waren, und alle von ihnen standen in
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