Sharpes Sieg
Pohlmann lächelte milde auf Dodd herab, dann spähte er voraus zu der Horde von Kavallerie auf der Ebene.
Es mussten fünfzigtausend Reiter sein, doch Pohlmann wäre gern mit nur tausend marschiert. Die meisten der Marathen-Reiter waren nur wegen der Beute anwesend, die sie nach dem Sieg machen würden, und obwohl alle gute Reiter und tapfere Kämpfer waren, hatten sie keine Ahnung von diszipliniertem Kavalleriedienst, und keiner war bereit, eine Infanterieeinheit anzugreifen. Sie verstanden nicht, dass eine Kavallerietruppe gebraucht wurde, die schreckliche Verluste hinnehmen musste, um die feindliche Infanterie zu brechen. Stattdessen nahmen sie an, dass Sindhias große Geschütze und seine Infanterie aus Söldnern den Feind schlagen würden und sie dann wie Hornissen über den geschlagenen Feind herfallen würden, und bis zu diesem glücklichen Moment waren sie nur viele nutzlose Münder, die gefüttert werden mussten. Wenn sie morgen alle fortritten, würde das für den Ausgang des Krieges keinen Unterschied machen, denn der Sieg würde trotzdem von der Artillerie und der Infanterie errungen werden.
Pohlmann wusste dies, und er stellte sich vor, wie er seine Geschütze Rad an Rad in Batterien aufreihte, seine Infanterie dahinter formiert und wie er beobachtete, wie die Rotröcke in ein Chaos von Feuer und Eisen und Tod marschieren würden. Ein Feuergewitter! Ein Orkan von Metall, der die Luft peitschen und blutige Vernichtung für die Briten bringen würde.
»Du tust mir weh«, sagte die Frau.
»Liebchen, das tut mir leid«, sagte Pohlmann und lockerte seinen Griff. »Ich habe nachgedacht.«
»Sir?«, fragte Dodd, weil er dachte, der Hannoveraner hätte mit ihm gesprochen.
»Ich habe nachgedacht, Dodd. Es ist nicht schlecht, dass wir so ziellos marschieren.«
»Nicht?«, erwiderte Dodd erstaunt.
»Denn wenn wir nicht wissen, wohin es geht, wissen es die Briten ebenfalls nicht, und so werden sie eines Tages ein paar Meilen zu weit marschieren, und dann machen wir sie fertig. Jemand wird einen Fehler machen, Dodd, denn in einem Krieg wird es immer grobe Schnitzer geben. Es ist eine unveränderliche Regel des Krieges: Jemand wird Fehler machen. Wir müssen einfach Geduld haben.«
In Wirklichkeit war Pohlmann genauso ungeduldig wie Dodd, doch der Colonel wusste, dass es nicht ratsam war, diese Ungeduld zu zeigen. Er hatte gelernt, dass in Indien die Dinge in ihrem eigenen Tempo abliefen, so unberechenbar und unaufhaltsam wie ein Elefant.
Aber bald, nahm Pohlmann an, würde eine der britischen Streitkräfte einen Marsch zu weit machen und sich so nahe bei der riesigen Marathen-Armee befinden, dass sich selbst Sindhia der Schlacht nicht verweigern konnte. Und selbst wenn sich die beiden feindlichen Armeen zusammenschlossen, was machte das schon? Ihre kombinierten Streitkräfte waren klein, die Marathen-Horde war riesig, und der Ausgang ihres Aufeinandertreffens war so sicher, wie etwas im Krieg nur sein konnte. Und Pohlmann war überzeugt, dass Sindhia ihm schließlich das Kommando über die Armee geben würde. Dann konnte er den Feind wie der Riese der Hindulegende überrollen, und mit dieser glücklichen Aussicht gab er sich im Augenblick zufrieden.
Dodd blickte auf, um noch etwas zu sagen, doch die grünen Vorhänge des Sitzes waren verschlossen worden. Die Frau kicherte, während der Elefantenführer, der vor dem geschlossenen Sitz saß, ausdruckslos geradeaus starrte.
Die Marathen waren auf dem Marsch, bedeckten die Ebene wie ein Schwarm und warteten nur darauf, dass ihrem Feind ein Fehler unterlief.
Eines Tages war Sharpe es leid, Kohldampf zu schieben, und so nahm er seine Muskete und machte sich auf die Suche nach Wild. Er würde mit allem zufrieden sein, sogar mit einem Tiger, doch er hoffte, Rindfleisch zu finden. Indien war voller Rindfleisch, doch an diesem Tag entdeckte er kein Rind. Erst nach vier Meilen fand er eine Ziegenherde, die bei einem Waldstück graste.
Er zog sein Bajonett, denn er nahm an, dass es leichter sein würde, eines der Tiere damit zu töten, als es zu erschießen und die Aufmerksamkeit des Besitzers zu erregen, doch als er nahe an die Ziegen herankam, bellte ein Hund, sprang aus dem Waldstück und griff ihn an.
Er schlug den Hund mit dem Musketenkolben nieder, und der kurze Zwischenfall schlug die Ziegen in die Flucht. Er brauchte fast eine Stunde, um die Tiere wiederzufinden, und nun wäre es ihm gleichgültig gewesen, wenn er die halbe Bevölkerung von Indien
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