Sharpes Sieg
bezahlen. Ich sage nicht, dass es unmöglich ist. Jedes Regiment, das in Westindien stationiert ist, wird Ihnen eine Fähnrichsstelle billig verkaufen, aber das liegt daran, dass sie angesichts des Gelbfiebers niemanden sonst dafür kriegen können. Eine Stationierung in Westindien ist wie ein Todesurteil. Aber wenn jemand in ein anderes als ein in Westindien stationiertes Regiment will, Sharpe, dann muss er auf den zweiten Weg hoffen. Er muss Sergeant sein und lesen und schreiben können. Aber es gibt noch eine dritte Anforderung. Der Mann muss eine ziemlich unmögliche tapfere Leistung vollbringen. Zum Beispiel ein Himmelfahrtskommando – also als Erster durch die Bresche stürmen – führen, doch jede Tat wird reichen, solange sie selbstmörderisch ist. Natürlich muss er sie unter den Augen des Generals vollbringen, sonst wäre alles Zeitverschwendung.«
Sharpe saß eine Weile schweigend da, bestürzt über die Hindernisse, die bei der Erfüllung seines Tagtraums im Weg lagen.
»Unterziehen sie ihn einer Prüfung, Sir?«, fragte er. »Im Lesen?« Dieser Gedanke war eine Besorgnis für ihn, denn obwohl sich sein Lesen Nacht für Nacht verbesserte, stolperte er immer noch über ziemlich einfache Wörter. Er behauptete, dass die Schrift in der Bibel zu klein sei, und McCandless war freundlich genug, um die Ausrede hinzunehmen.
»Eine Prüfung im Lesen? Guter Gott, nein! Nicht für einen Offizier!« McCandless lächelte müde. »Man glaubt natürlich seinem Wort.« Der Colonel schwieg einen Moment. »Aber ich habe mich oft gefragt, Sharpe, warum ein Mann aus dem Mannschaftsstand Offizier sein möchte«, fuhr er dann fort.
Damit er nach Brewhouse Lane zurückgehen und ein paar Zähne einschlagen kann, dachte Sharpe.
»Ich habe einfach nur so darüber nachgedacht, Sir«, sagte er stattdessen. »Nur deshalb habe ich gefragt.«
»In vielerlei Hinsicht haben Sergeants mehr Einfluss bei den Männern«, sagte McCandless. »Sie haben vielleicht weniger Prestige, doch mit Sicherheit mehr Einfluss als jeder rangniedrige Offizier. Ensigns und Lieutenants, Sharpe, sind sehr unbedeutend und die meiste Zeit von sehr wenig Nutzen. Erst wenn ein Mann den Rang des Captains erreicht, beginnt er, wertvoll zu werden.«
»Ich bin mir sicher, dass Sie recht haben«, sagte Sharpe. »Ich hatte nur so ein paar Gedanken.«
In dieser Nacht erlitt der Colonel einen Rückfall ins Fieber. Sharpe saß an der Tür der Hütte und lauschte dem Prasseln des Regens. Er konnte den Tagtraum nicht abschütteln, konnte nicht die Bilder vertreiben, wie er in der Brewhouse Lane die Gesichter wiedersah, die er hasste. Er wollte das Wiedersehen, ersehnte es. Und so träumte er weiter, erträumte das Unmögliche, und es gelang ihm nicht, den Traum aus seinem Kopf zu bekommen. Er wusste nicht, wie, aber irgendwie würde er den Sprung schaffen. Oder bei dem Versuch sterben.
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KAPITEL 7
Dodd protzte mit seinem neuen Wallach Peter.
»Er ist so gut, weil er keine Eier hat, Monsieur«, informierte er Pierre Joubert, und er wiederholte die Worte in den nächsten paar Tagen immer wieder, um sicherzustellen, dass sein zweideutiger Scherz verstanden wurde.
Joubert lächelte und äußerte sich nicht dazu, und der Major hielt Lobreden über seinen Peter. Sein vorheriges Pferd war oft außer Puste geraten, während dieser Wallach den ganzen Tag geritten werden konnte und immer noch den Kopf hoch hielt und in seinem raumgreifenden Schritt energiegeladen wirkte.
»Ein Vollblut, Captain«, schwärmte Dodd Joubert vor, »ein englisches Vollblut. Kein alter französischer Klepper, sondern ein richtiges Pferd.«
Die Männer von Dodds Kobras mochten es, ihren Major auf seinem großen, prächtigen Pferd zu sehen. Es stimmte, dass ein Mann beim Erwerb des Tiers gestorben war, doch der Dieb war ein prima Bandit gewesen, und die Männer hatten gelacht, als der englische Sergeant das Lager durchsucht hatte, während Major Dodds Jemadar Gopal die Pferde weit entfernt versteckt hatte.
Colonel Pohlmann war weniger amüsiert.
»Ich habe McCandless sicheres Geleit versprochen, Major«, hatte er gegrollt, als er Dodd zum ersten Mal auf dem Wallach des Engländers gesehen hatte.
»Ganz recht, Sir.«
»Und Sie haben Ihrem Katalog an Verbrechen Pferdediebstahl hinzugefügt.«
»Ich weiß nicht, was Sie meinen, Sir«, sagte Dodd in gespielter Unschuld. »Ich habe dieses Tier gestern von einem
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