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Sharpes Trafalgar

Titel: Sharpes Trafalgar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Teil der Pucelle verwundet werden konnte. Die Pumpen des Schiffes arbeiteten, doch wenn die Pucelle das Feuer eröffnete, würden die Männer zu beschäftigt sein, um sich um die Pumpen zu kümmern.
    Das Schiff war voller Geräusche. Das Knarren der Mastverankerungen im Laderaum, das Gurgeln von Wasser, das Saugen der Pumpe, das Ächzen von Planken, das Kreischen des Ruders in seinen Metallaufhängungen, das Krachen der feindlichen Geschütze, das Bersten der Kugeleinschläge. Lady Grace hielt bei der Kakophonie eine Hand auf den Mund und die andere auf ihren Bauch, wo sie Sharpes Kind trug.
    »Wir sind hier völlig sicher«, beruhigte Lord William seine Frau. »Captain Chase hat mir versichert, dass niemand unter der Wasserlinie stirbt. Da ich gerade daran denke, fällt mir ein, dass den lieben Braithwaite genau dieses Schicksal ereilt hat.« Lord William lächelte spöttisch. »Er wurde unterhalb der Wasserlinie umgebracht.«
    »Er ist zu Tode gestürzt«, sagte Lady Grace.
    »So, ist er das?«, fragte Lord William, und sein Tonfall ließ darauf schließen, wie sehr er dieses Gespräch genoss. Ein Donnerschlag erschütterte das Schiff, und dann schabte etwas schnell und hart über den Rumpf. Lord William setzte sich bequemer hin. »Ich muss zugeben, dass ich mich gefragt habe, ob er überhaupt gestürzt ist.«
    »Wie sonst hätte er sterben können?«, fragte Grace.
    »Das ist eine berechtigte Frage, meine Liebe.« Lord William tat, als denke er darüber nach. »Natürlich könnte man etwas ganz anderes als Todesursache annehmen, wenn man bedenkt, dass jemand an Bord den unglücklichen Mann nicht ausstehen konnte. Wie du zum Beispiel. Du hast gesagt, dass er abscheulich war.«
    »Das war er«, sagte Lady Grace bitter.
    »Aber ich glaube nicht, das du ihn hättest töten können«, sagte Lord William mit einem Lächeln. »Vielleicht hatte er andere Feinde? Feinde, die dafür sorgen konnten, dass sein Tod wie ein Unfall aussieht? Odysseus, der dem jungen Braithwaite nie hätte begegnen können, hätte sicherlich keine Mühe gehabt, solch einen Mord zu vertuschen, findest du nicht auch?«
    »Er ist gestürzt«, beharrte Lady Grace müde.
    »Dennoch gibt es erhebliche Zweifel daran«, sagte Lord William und blickte gedankenverloren vor sich hin. »Ich gebe zu, dass ich Braithwaite nicht besonders leiden konnte. Sein Arbeitseifer war zu aufgesetzt für meinen Geschmack. Es mangelte ihm an Taktgefühl, und er konnte seinen lächerlichen Neid auf die Privilegierten nicht verbergen. Ich habe schon mit dem Gedanken gespielt, auf seine Dienste zu verzichten, aber er muss eine bessere Meinung von mir gehabt haben als ich von ihm, denn sonst hätte er mich nicht eingeweiht.«
    Lady Grace beobachtete ihren Mann. Die schwankenden Laternen verzerrten die Schatten zu beiden Seiten seines Körpers. Eine Kanonenkugel schlug ins Unterdeck über ihnen, und die Spanten trugen das Krachen hinunter bis zu ihnen, doch Lady Grace zuckte bei dem Geräusch nicht einmal zusammen. Sie kratzte an einem Stückchen Werg und versuchte sich vorzustellen, wie sich ein kleines Kind in einem kalten Waisenhaus fühlte.
    »Vielleicht kann man es Einweihen nennen, was er getan hat«, sagte Lord William pedantisch, »denn natürlich habe ich ihn nicht ermuntert, jemanden der Untreue zu bezichtigen, doch er hatte eine Art Vorahnung, dass er sterben würde. Meinst du, dass er vielleicht prophetische Gaben besaß?«
    »Ich wusste nichts von ihm«, sagte Grace distanziert.
    »Er tut mir fast leid«, sagte Lord William, »denn er lebte in Angst.«
    »Eine Seereise kann Nervosität hervorrufen«, sagte Lady Grace.
    »In so großer Angst«, fuhr Lord William fort und ignorierte die Worte seiner Frau, »dass er vor seinem Tod einen versiegelten Brief zwischen meinen Papieren hinterlegte, mit der Aufschrift ›Bei meinem Tod zu öffnen‹.« Er schnaubte. »Ziemlich dramatisch, findest du nicht auch? So dramatisch, dass ich zögerte, den Brief zu öffnen, denn ich befürchtete, dass er nichts anderes enthält als weiteren Groll und Rechtfertigungen. Ich war so entgeistert, etwas von Braithwaite nach seinem Tode zu hören, dass ich den Brief fast über Bord geworfen hätte, doch mein christliches Pflichtgefühl ließ mich ihm Aufmerksamkeit schenken, und ich muss zugeben, er schrieb nichts Uninteressantes.« Lord William lächelte seine Frau an und zog den gefalteten Brief aus der Odyssee.
    »Hier, meine Liebe, ist das Vermächtnis des jungen Braithwaite für unser

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