Sharpes Zorn (German Edition)
dem Hauch eines Lächelns. Er versuchte zu erraten, wie alt sie war. Zweiundzwanzig? Dreiundzwanzig? Auf jeden Fall jung. Jung und makellos, jedenfalls, soweit er sehen konnte.
»Aber es gibt noch weitere Briefe, Darling, nicht wahr?«
Caterina hob leicht die Augenbrauen, als er sie »Darling« nannte, dann schüttelte sie kaum merklich den Kopf.
Sharpe seufzte. »Ich weiß, dass ich ein britischer Offizier bin, Darling, aber ich bin nicht blöd. Weißt du, was ›blöd‹ heißt?«
Ein Nicken.
»Lass mich dir eine Gutenachtgeschichte erzählen. Henry Wellesley hat dir viele Briefe geschrieben, die er nicht hätte schreiben sollen, und du hast sie behalten. Du hast sie alle behalten, Darling. Aber dein Zuhälter hat sich die meisten davon geschnappt, nicht wahr? Und er wollte sie verkaufen und das Geld mit dir teilen, doch dann ist er ermordet worden. Weißt du, wer ihn ermordet hat?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Ein Priester. Padre Salvador Montseny.«
Wieder hob sie ganz leicht die Augenbrauen.
»Und Padre Salvador hat auch den Mann ermordet, der geschickt worden war, sie zurückzuholen«, fuhr Sharpe fort. »Und letzte Nacht hat er versucht, mich umzubringen, nur dass ich wesentlich schwerer zu töten bin. So hat er dann auch die Briefe verloren und die Zeitung, die sie abgedruckt hat, und jetzt ist er ein sehr wütender Priester, Darling. Eines weiß er jedoch. Er weiß, dass du ein paar Briefe behalten hast. Er weiß, dass du nicht alle Briefe vernichtet hast. Aber als dein Zuhälter ermordet wurde, hast du Angst bekommen, nicht wahr? Also bist du zu Henry gerannt und hast ihm erzählt, es gebe keine weiteren Briefe mehr. Aber sie sind noch da und du hast sie, Darling.«
Sie schüttelte gerade genug den Kopf, dass ihre Locken zitterten.
»Und der Priester ist wirklich wütend, Liebes«, fuhr Sharpe fort. »Er will diese Briefe. Und er wird auch wieder eine Druckerpresse finden, aber erst braucht er die Briefe, nicht wahr? Deshalb ist er jetzt hinter dir her, Caterina, und er ist wirklich ein böser Kerl mit einem Messer. Er wird deinen hübschen Leib von oben bis unten aufschlitzen.«
Wieder zitterten die Locken, und Caterina zog das Laken höher, um ihren Mund und ihre Nase dahinter zu verbergen.
»Glaubst du wirklich, dass er dich nicht finden kann?«, fragte Sharpe. »Ich habe dich doch auch gefunden, und ich weiß, dass du die Briefe hast.«
Diesmal reagierte Caterina gar nicht darauf, sondern beobachtete Sharpe nur mit ihren großen Augen. Nicht der Hauch von Furcht war in ihnen zu erkennen. Das war ein Mädchen, erkannte Sharpe, das gelernt hatte, welch ungeheure Macht ihr ihr Aussehen verlieh, und sie wusste bereits, dass Sharpe ihr nicht wehtun würde.
»Also, Darling«, sagte Sharpe, »sag mir einfach, wo die anderen Briefe sind, dann sind wir hier fertig.«
Langsam nahm Caterina das Laken herunter, sodass er ihren Mund sehen konnte. Sie starrte Sharpe ernst an. Offensichtlich dachte sie über ihre Antwort nach. Dann runzelte sie die Stirn. »Sagen Sie mir«, forderte sie ihn auf, »was haben Sie mit Ihrem Kopf gemacht?«
»Der war einer Kugel im Weg.«
»Das war sehr dumm von Ihnen, Captain Sharpe.« Ein Lächeln huschte über ihr Gesicht, war aber sofort wieder verschwunden. Caterina hatte eine wohlklingende Stimme und sprach die Vokale wie eine Amerikanerin aus. »Pumps hat mir von Ihnen erzählt. Er hat gesagt, Sie seien gefährlich.«
»Das bin ich auch, sehr sogar.«
»Nein, das sind Sie nicht.« Sie lächelte ihn an und drehte sich dann halb um, um die Uhr auf dem Kaminsims sehen zu können. »Es ist noch nicht einmal acht Uhr!«
»Du sprichst gut Englisch.«
Sie legte sich auf das Kissen zurück. »Meine Mutter war Amerikanerin. Daddy war Spanier. Sie haben sich in Florida kennengelernt. Haben Sie schon einmal von Florida gehört?«
»Nein.«
»Das liegt südlich der Vereinigten Staaten. Früher hat es einmal zu Großbritannien gehört, doch die mussten es Spanien nach dem Unabhängigkeitskrieg wieder zurückgeben. Es gibt dort eigentlich nicht viel außer Indianern, Sklaven, Soldaten und Missionaren. Daddy war Captain in der Garnison von St. Augustine.« Wieder runzelte sie die Stirn. »Wenn Henry Sie hier findet, wird er sehr wütend sein.«
»Er kommt heute Morgen nicht mehr«, sagte Sharpe. »Er arbeitet mit Lord Pumphrey.«
»Der arme Pumps«, bemerkte Caterina. »Ich mag ihn. Er redet viel mit mir. Drehen Sie sich um.«
Sharpe gehorchte, machte aber auch einen
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