Sharpes Zorn (German Edition)
Trafalgar auf ihn zu gesegelt waren, er hatte den Pulverdampf eingeatmet, und er hatte das Schreien der sterbenden Männer an Bord seines Schiffes gehört. Eine Kartätschenkugel hatte ihm das linke Bein zertrümmert und ihn niedergestreckt, dennoch war der Admiral auf dem Achterdeck geblieben, als ein wilder Haufen kreischender Briten, hässlich wie Affen, über sein Deck geströmt war, und er hatte geweint, als die spanische Flagge eingeholt und die britische gehisst worden war. Er hatte seinen Degen abgegeben, dann hatte man ihn nach England gebracht, und nun war er nur noch ein humpelnder Admiral eines zerstörten Landes, das keine Kriegsflotte mehr besaß. Er hasste die Briten. »Aber die Engländer«, sagte er und schaute weiter der Fregatte hinterher, »werden niemals tausend Guineas für diese Briefe zahlen.«
»Ich denke, sie werden sogar noch viel mehr zahlen«, erwiderte Padre Salvador. »Wir müssen ihnen nur genug Angst machen.«
»Wie das?«
»Ich werde einen Brief veröffentlichen. Natürlich werde ich ihn vorher verändern. Und damit einhergehend werden wir drohen, sie alle zu veröffentlichen.« Padre Salvador hielt kurz inne, um dem Admiral Zeit zu geben, etwas dagegen einzuwenden, doch der Admiral schwieg. »Aber ich brauche einen Schreiber für die Änderungen«, fuhr Montseny fort.
»Einen Schreiber?«, hakte der Admiral in säuerlichem Tonfall nach. »Warum können Sie die Änderungen nicht selbst vornehmen?«
»Natürlich könnte ich das«, antwortete Montseny, »aber sobald der Inhalt verändert worden ist, werden die Engländer die Briefe zu Fälschungen erklären, und die Originale können wir ja niemandem zeigen, denn das würde beweisen, dass die Engländer recht haben. Also müssen wir Kopien anfertigen, und zwar auf Englisch und mit einer englischen Handschrift. Die werden wir dann als die Originale verkaufen. Ich brauche einen Mann, der perfekt Englisch schreiben kann. Mein Englisch ist zwar gut, aber nicht gut genug.« Nachdenklich spielte er an seinem Kruzifix herum. »Die neuen Briefe müssen nur die Cortes überzeugen – und die meisten Abgeordneten werden den Inhalt glauben wollen. Trotzdem müssen die Änderungen überzeugend sein. Die Grammatik, die Rechtschreibung – alles muss stimmen. Deshalb brauche ich einen Schreiber, der so etwas kann.«
Der Admiral winkte ab. »Ich kenne da jemanden. Eine furchtbare Kreatur. Er schreibt jedoch gut, und er hat eine Leidenschaft für englische Bücher. Er wird die Kopien anfertigen. Aber wie wollen Sie die Briefe veröffentlichen?«
»El Correo de Cádiz«, antwortete Montseny. Das war der Name einer der wichtigsten Zeitungen der Liberales. »Ich werde einen Brief abdrucken lassen und in dem begleitenden Kommentar erklären, dass die Engländer planen, Cadiz einzunehmen und in ein zweites Gibraltar zu verwandeln. Natürlich werden die Engländer das leugnen, aber für den Fall haben wir dann einen zweiten Brief mit einer gefälschten Unterschrift in der Hinterhand.«
»Sie werden mehr tun, als das nur zu leugnen«, erklärte der Admiral. »Sie werden die Junta davon überzeugen, die Zeitung zu schließen!« Die Junta Suprema Central war das Organ, das die Reste Spaniens mithilfe von britischem Gold regierte, und dementsprechend freundlich waren sie den Briten auch gesinnt. Mit einer neuen Verfassung würde jedoch auch eine neue Regierung kommen, eine Regierung, die dann vielleicht der Admiral führen würde.
»Die Junta kann gar nichts tun, wenn der Brief nicht unterschrieben ist«, warf Montseny ein. »Und angesichts des Verfassers werden die Engländer es nicht wagen, etwas zu unternehmen. Den Rest wird dann die Gerüchteküche für uns erledigen. Binnen eines Tages wird ganz Cadiz wissen, dass der britische Botschafter den Brief geschrieben hat.«
Die Briefe stammten tatsächlich vom britischen Botschafter in Spanien, und sie trieften nur so von süßlichen Liebeserklärungen. Ein Brief enthielt sogar einen Heiratsantrag, einen Heiratsantrag für ein Mädchen, das eine Hure mit Namen Caterina Veronica Blazquez war. Sicher, sie war eine teure Hure, aber eben auch nur eine Hure.
»Der Besitzer des Correo ist ein Mann namens Núñez, nicht wahr?«, sagte der Admiral.
»Ja.«
»Und der wird den Brief veröffentlichen?«
»Priester zu sein hat so seine Vorteile«, erklärte Montseny. »Das Beichtgeheimnis ist natürlich heilig, aber Gerüchte gibt es bekanntlich immer wieder. Ich weiß ein paar Dinge über Núñez, Exzellenz,
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