Sharpes Zorn (German Edition)
könnt ihr für ein, zwei Tage nach Cadiz, und anschließend gehen wir nach Hause. Joana wird schon auf dich warten.«
»Das will ich doch hoffen. Was machen Sie eigentlich mit dem Pferd, Sir? Es geht weg.«
»Verdammte Scheiße«, knurrte Sharpe und holte das Tier zurück. »Ich werde es in Sir Thomas’ Quartier bringen. Dort gibt es sicher Ställe. Außerdem will ich sowieso zu ihm. Ich muss ihn um einen Gefallen bitten.«
»Ich komme mit, Sir«, sagte Harper. Er ließ das Feuer Feuer sein, und Sharpe erkannte, dass Harper nur auf ihn gewartet hatte. Der große Ire holte die beiden Gewehre und den Rest seiner Ausrüstung aus dem Zelt. »Wenn ich irgendetwas hierlasse, Sir, dann werden diese Bastarde es klauen. Diese Armee besteht nur aus dreimal verdammten Dieben.« Harper war jetzt schon glücklicher, doch nicht weil Sharpe wieder zurückgekehrt war, sondern weil sein Offizier sich daran erinnert hatte, ihn nach Joana zu fragen. »So – was für eine Aufgabe ist das nun, Sir?«
»Wir sollen etwas stehlen.«
»Gott schütze Irland. Und dafür brauchen sie ausgerechnet uns? Das ganze Lager ist voll von Dieben!«
»Sie wollen einen Dieb, dem sie vertrauen können«, sagte Sharpe.
»Ja, das ist wohl ein wenig schwerer. Lassen Sie mich das Pferd führen, Sir.«
»Ich muss mit Sir Thomas reden«, sagte Sharpe und gab Harper die Zügel, »dann werden wir zu den anderen gehen. Ich könnte auch einen Drink vertragen.«
»Sie werden feststellen, dass Sir Thomas sehr beschäftigt ist, Sir. Sie flattern schon den ganzen Abend wie die Hühner herum. Da braut sich was zusammen.«
Sie gingen in die kleine Stadt. Die Straßen von San Fernando waren wesentlich breiter als die Gassen von Cadiz und die Häuser niedriger. Lampen brannten an einigen Ecken, und Licht strömte aus den Schenken, wo die britischen und portugiesischen Soldaten unter dem wachsamen Blick der allgegenwärtigen Militärpolizisten tranken. San Fernando war zu einer Garnisonsstadt geworden, zum Heim für fünftausend Männer, die den Isthmus von Cadiz bewachten. Sharpe fragte einen der Polizisten, wo sich Sir Thomas’ Quartier befand, und der deutete eine Straße hinunter, die zum Kai am Übergang zwischen Isthmus und Insel führte. Zwei große Fackeln flackerten vor dem Hauptquartier und warfen ihr Licht auf eine Gruppe aufgeregter Offiziere. Sir Thomas war einer von ihnen. Er stand auf der Türschwelle, und es war klar, dass Harper recht gehabt hatte. Irgendetwas braute sich zusammen, und der General hatte alle Hände voll zu tun. Er gab Befehle, doch dann sah er Sharpe und rief ihn zu sich. »Sharpe!«
»Sir?«
»Guter Mann! Wollen Sie mitkommen? Guter Mann! Willie, kümmern Sie sich um ihn.« Mehr sagte Sir Thomas nicht. Stattdessen wandte er sich brüsk ab und marschierte mit einem halben Dutzend Offiziere zu den Kais an der kleinen Bucht.
Lord William Russell drehte sich zu Sharpe um. »Sie kommen mit?«, sagte Lord William. »Sehr gut!«
»Mitkommen? Wohin denn?«, fragte Sharpe.
»Zur Froschjagd natürlich.«
»Brauche ich ein Pferd dafür?«
»Grundgütiger, nein – es sei denn, es kann schwimmen.«
»Kann ich dann meins hier in den Stall stellen?«
»Pearce!«, rief Lord William. »Pearce!«
»Hier, Euer Lordschaft, hier – immer da, immer korrekt, Euer Lordschaft.« Ein krummbeiniger Kavallerist, der alt genug war, um Lord Williams Vater zu sein, trat aus einer Gasse neben dem Hauptquartier. »Euer Lordschaft hat Euer Lordschafts Säbel vergessen.«
»Grundgütiger, habe ich? Dann bin ich dir wohl zu Dank verpflichtet, Pearce.« Lord William nahm den Säbel und steckte ihn in die Scheide. »Kümmere dich um Captain Sharpes Hottehü, Pearce. Braver Mann. Bist du sicher, dass du uns nicht begleiten willst?«
»Ich muss Euer Lordschaft Frühstück machen.«
»In der Tat, Pearce, in der Tat. Beefsteak, hoffe ich.«
»Darf ich Euer Lordschaft eine gute Jagd wünschen?«, fragte Pearce und schnipste ein Staubkorn von Lord Williams Epauletten.
»Das ist außerordentlich freundlich von dir, Pearce, danke. Kommen Sie, Sharpe. Wir dürfen nicht trödeln. Wir müssen die Flut erwischen!« Lord William lief Sir Thomas in leichtem Trab hinterher. Amüsiert folgten ihm Sharpe und Harper über eine lange Mole. Im Mondlicht sah Sharpe Rotröcke in Boote steigen. General Graham trug schwarze Stiefel, eine schwarze Hose, einen roten Rock und einen schwarzen Dreispitz. Er hatte ein Claymore, das berüchtigte schottische Breitschwert, am
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