Sharpes Zorn (German Edition)
die feindlichen Geschützpforten zu werfen, damit die Kanoniere an dem Rauch ersticken. Zwar stirbt man vermutlich bei dem Versuch, aber in geschlossenen Räumen können die Dinger furchtbar sein.«
»Wenn dem so ist, warum sind sie dann hier?«, fragte Sir Thomas.
»Ich nehme an, die Froschfresser haben gehofft, die Dinger würden genug Rauch produzieren, um die Flöße dahinter zu verbergen, Sir. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden.«
»Natürlich.« Der General machte dem Pionier den Weg frei. Dann legte er die Rauchbombe wieder in das Fass zurück, und er wollte gerade wieder den Deckel schließen, als Sharpe die Hand nach den Bällen ausstreckte.
»Könnte ich wohl welche davon haben, Sir?«
»Sie wollen die?«, fragte Sir Thomas überrascht.
»Mit Ihrer Erlaubnis, Sir.«
Sir Thomas schaute Sharpe an, als halte er ihn für einen wahrlich seltsamen Kerl, dann zuckte er mit den Schultern. »Bedienen Sie sich, Sharpe.«
Sharpe schickte Harper auf die Suche nach einem französischen Tornister. Er dachte an die Krypta unter der Kathedrale, an die Kavernen und den Gang um die Hauptkammer herum und an die Männer, die mit Musketen und Klingen in der Dunkelheit lauerten. Er füllte den Tornister mit Rauchbomben und gab ihn Harper. »Pass darauf auf, Pat. Die Dinger könnten uns irgendwann mal das Leben retten.«
General Graham war inzwischen auf das nächste Floß gesprungen, wo eine Gruppe von Pionieren neue Lunten an die geladenen Kanonen legte und Pulverladungen am Mast anbrachte. »Hier sind noch mehr Rauchbomben, Sharpe!«, rief er.
»Ich habe genug. Danke, Sir.«
»Wofür brauchen Sie eigentlich …?«, begann der General, doch dann hielt er abrupt inne, als ein Geschütz aus Fort San Luis feuerte. Die Garnison war endlich aufgewacht und hatte bemerkt, was in den Marschen vor sich ging, und als der Kanonendonner verhallte, hörte Sharpe das Pfeifen von Musketenkugeln über seinem Kopf. Das hieß, dass das Geschütz mit einer Kartätsche geladen gewesen war. Die Kanone war kaum verstummt, da waren drei weitere grelle Blitze durch den Mündungsrauch zu sehen, als weitere Geschütze auf den Wällen das Feuer eröffneten. Eine Kugel flog kreischend über den Kopf des Generals hinweg, und ein ganzer Hagel von Musketenkugeln schlug in den Sumpf. »Sie werden keine Sprenggranaten verschießen«, sagte Sharpe zu Harper, »denn sie wollen ja nicht die Flöße anzünden.«
»Das ist jetzt kein wirklicher Trost, Sir«, erwiderte Harper, »wenn man bedenkt, dass sie ihre Kanonen genau auf uns gerichtet haben.«
»Sie feuern auf das Lager«, sagte Sharpe.
»Und genau da sind wir, Sir.«
Dann eröffnete auch das Fort von San José am Nordufer das Feuer. Sie waren wesentlich weiter entfernt, und das Geräusch ihrer Kartätschenkugeln war mehr ein Seufzen denn ein Zischen oder Pfeifen. Eine Kugel landete in der Bucht und spritzte Wasser auf ein Floß. Mündungsfeuer von Nord und Süd erhellte die Nacht, und die Blitze blendeten Sharpe. Er wusste, dass er nicht hätte mitkommen sollen, und Sir Thomas eigentlich auch nicht. Ein Lieutenant General hatte nichts bei einem Überfallkommando zu suchen, das für gewöhnlich von einem Major angeführt wurde oder bestenfalls von einem Lieutenant Colonel. Doch Sir Thomas war offenbar ein Mann, der der Gefahr nicht widerstehen konnte. Der General schaute nach Süden und versuchte zwischen den Mündungsblitzen zu erkennen, ob französische Infanterie von San Luis anrückte. »Sharpe!«, rief er.
»Sir?«
»Captain Vetch hat mir gesagt, die Pioniere kämen gut voran. Gehen Sie zu den Leichtern zurück. Dort werden sie einen Captain der Marineinfanterie mit Namen Collins finden. Sagen Sie ihm, er soll in zwanzig Minuten zum Rückzug blasen, allerspätestens in einer halben Stunde. Erinnern Sie sich noch an das Passwort und die Antwort darauf?«
»Balgowan und Perthshire, Sir.«
»Guter Mann. Los jetzt. Und ich habe nicht vergessen, dass Sie mich um einen Gefallen bitten wollten. Wir werden beim Frühstück darüber reden.«
Sharpe ging mit Harper am Ufer entlang. Die Seesoldaten fragten sie nach dem Passwort, und Sharpe antwortete entsprechend. Captain Collins erwies sich als korpulenter Mann, der misstrauisch die Gefangenen beäugte, die ihm anvertraut worden waren. »Was soll ich mit denen tun?«, verlangte er zu wissen. »Wir haben auf der Rückfahrt in den Leichtern keinen Platz für sie.«
»Dann werden wir sie hierlassen«, antwortete Sharpe. Er
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