Sharras Exil - 17
so viel Intimität, nicht jetzt, nicht hier, nicht mit allem, was zwischen uns stand. Ich stellte mich in den äußeren Kreis der Männer, und Dio ließ sich von Linnell in den inneren ziehen. Seltsam, dachte ich, dass Linnell, meine nächste Verwandte, nichts von unserer kurzen Ehe und der Katastrophe wusste, mit der sie geendet hatte. Aber es war auch keine Geschichte der Art, die man einer jungen Frau kurz vor ihrer eigenen Heirat erzählt. Ich bemerkte, wie sie Derik anstrahlte, als sie ihn holte. Dann begann die Musik, und ich überließ mich ihr. Die Figuren des Tanzes führten Dio und mich zusammen und nach einer Verbeugung auseinander. Endlich, als der Tanz endete, standen wir uns wieder gegenüber. Derik nahm Linnells Arm, und ich war mit Dio allein.
Ich fragte höflich: »Darf ich dir eine Erfrischung bringen?« In ihren Augen glitzerten Tränen. »Musst du so förmlich sein? Ist das für dich nichts als ein Spiel?«
Ich schüttelte den Kopf, schob meine Hand unter ihren Arm und führte sie zum Büffet. Ihr Kopf reichte kaum bis zu meiner Schulter. Ich hatte vergessen, dass sie ein so kleines Ding war; in meiner Erinnerung war sie größer. Vielleicht lag das an ihrer stolzen Haltung, vielleicht nur daran, dass sie auf Vainwal wie viele Frauen Schuhe mit hohen Absätzen getragen hatte, und hier war sie zu den flachen, weichen Sandalen zurückgekehrt, die die Frauen in den Domänen bevorzugten. Das blasse Grün ihres Kleides ließ ihr Haar in rötlichem Gold schimmern. Unsere Trennung braucht nicht endgültig zu sein. Dio als Lady Alton … wir könnten auf Armida leben … und mich überkam ein solches Heimweh nach den Kilghardbergen, wo ich zu Hause war, nach den langen Schatten im Abendlicht, der Sonne, die hinter den hohen Bäumen jenseits des Großen Hauses versank … Das konnte ich immer noch haben, konnte es zusammen mit Dio haben …
Die langen Tische waren mit allen Delikatessen beladen, die man sich nur vorzustellen vermag. Ich füllte für Dio und mich Becher mit einem süßen roten Fruchtgetränk; als ich es kostete, entdeckte ich, dass es mit einem sehr starken, farblosen Schnaps angereichert war, denn ein einziges Glas machte mich schwindelig. Dio beobachtete mich, wie ich trank, stellte ihren Becher unberührt hin und sagte: »Ich möchte heute Abend nicht betrunken werden. Da ist etwas - ich weiß nicht, was es ist. Ich habe Angst.«
Ich nahm das ernst. Dio verfügte über einen sicheren Instinkt, und sie war eine der hypersensitiven Ridenows. Trotzdem fragte ich: »Was stimmt denn nicht? Stört es dich, dass Terraner und andere Außenweltler hier sind?« Lawton war mit mehreren Funktionären aus dem Terranischen HQ hier anwesend, und plötzlich schoss es mir durch den Kopf: Würde Kathie, wenn sie die terranischen Uniformen erblickte, die Männer um Schutz bitten und uns der Entführung oder eines noch schlimmeren Verbrechens anklagen? Die meisten Terraner wussten gar nichts über die Matrix-Technologie, und einige waren bereit, in dem Zusammenhang alles zu glauben. Und ich war ganz sicher, dass das, was Callina und ich getan hatten, heute gegen dieses oder jenes Gesetz verstieß. Dio stand in leichtem Rapport mit mir, und sie fragte schroff: »Kannst du Callina nicht für eine Minute aus deinen Gedanken verbannen, solange du mit mir sprichst?« Ich konnte es kaum glauben - Dio war eifersüchtig? »Macht es dir etwas aus, Preciosa?«
»Es sollte mir gleichgültig sein, aber das ist es nicht.« Ihr Gesicht wurde plötzlich ernst. »Ich glaube, es würde mir nichts ausmachen, wenn … wenn sie dich liebte … aber ich will nicht, dass du verletzt wirst. Ich glaube nicht, dass du alles über Callina weißt.«
»Und du weißt es natürlich?«
Dio erklärte: »Ich war es, die in den Comyn-Turm gehen sollte, um als Asharas … Surrogat ausgebildet zu werden. Ich wollte aber keine Marionette Asharas sein. Ich hatte eine der… eine ihrer anderen Unter-Bewahrerinnen kennen gelernt. Und so sorgte ich dafür, dass ich …« - sie zögerte und errötete ein bisschen - »… disqualifiziert wurde.«
Ich verstand. Es wird heute nicht mehr gefordert, dass eine Bewahrerin Jungfräulichkeit gelobt, abgesondert und den Menschen fast wie eine Göttin fern lebt. Aus guten Gründen bleiben sie ohne Mann, solange sie als Bewahrerin in einem Kreis arbeiten, das aber nicht in der alten, abergläubischen, rituellen Art. Es hat einmal eine Zeit gegeben, als eine zur Bewahrerin erwählte Frau zu lebenslänglicher
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