Sharras Exil - 17
keinen sichtbaren Defekt. Die Narben verzogen die eine Hälfte seines Mundes zu einem ständigen Grinsen. Dio fühlte sich abgestoßen und wandte den Blick ab. Warum hatte ein Comyn-Lord eine solche Person in seinem Gefolge?
Denn es war offensichtlich, dass es sich bei dem Mann um einen Comyn-Lord handelte. Es gab auch auf anderen Welten des Imperiums Rothaarige und eine ganze Menge auf Terra selbst, aber die Gesichtszüge trugen den Stempel der Rassenähnlichkeit, Darkovaner, Comyn, ohne Frage. Und das Haar des älteren Mannes: Feuerrot, jetzt mit Grau bestäubt. Was tat er nur hier? Und wer war er? Darkovaner fand man selten irgendwo anders als auf ihrer Heimatwelt. Das Mädchen lächelte; auch ihr hätte man diese Frage stellen können, denn sie war Darkovanerin und weit von zu Hause entfernt. Ihre Brüder waren nach Vainwal hauptsächlich deswegen gekommen, weil keiner von beiden an politischen Intrigen interessiert war, aber sie mussten ihre Abwesenheit von Darkover oft genug verteidigen und rechtfertigen.
Der Comyn-Lord durchquerte die große Eingangshalle langsam und hinkend, doch mit einer gewissen Arroganz, die aller Augen auf sich zog. Dio legte es sich in einem verschwommenen Bild zurecht: Er bewegte sich, als gingen ihm seine eigenen Dudelsackpfeifer voran und als habe er hohe Stiefel und einen wirbelnden Mantel - nicht die langweilige, unpersönliche terranische Kleidung, die er tatsächlich trug.
Und als sie seine Kleidung als terranisch identifiziert hatte, ging Dio plötzlich auf, wer er war. Niemand wusste von einem anderen Comyn-Lord, der jemals eine terranische Frau wirklich geheiratet hatte, di catenas und mit allen Zeremonien. Er hatte es fertig gebracht, den Skandal zu überleben, der ein Ereignis aus der Zeit vor Dios Geburt war. Dio selbst hatte den Lord nicht öfter als zweimal in ihrem Leben gesehen, aber sie wusste, dass er Kennard Lanart-Alton war, Herr von Armida, das Oberhaupt der Alton-Domäne, das sich selbst zum Exil verurteilt hatte. Und jetzt konnte sie sich auch denken, wer der jüngere Mann war, der mit den missmutigen Augen: sein halbblütiger Sohn Lewis. Vor ein paar Jahren war er während einer Rebellion irgendwo in den Hellers schrecklich verletzt worden. Dio interessierte sich nicht besonders für derlei Dinge, und auf jeden Fall hatte sie noch mit Puppen gespielt, als es geschah. Aber Lews Pflegeschwester Linnell Aillard hatte eine ältere Schwester namens Callina, die Bewahrerin in Arilinn war, und von Linnell hatte Dio über Lews Verletzungen gehört und dass Kennard ihn in der Hoffnung, die medizinische Wissenschaft der Terraner könne ihm helfen, nach Terra gebracht hatte.
Die beiden Comyn standen in der Nähe des ZentralComputers an der Empfangstheke des Hotels. Kennard gab den menschlichen Dienern, die zu der Luxus-Atmosphäre des Hotels beitrugen, ein paar ruhige, bestimmte Befehle wegen des Gepäcks. Dio selbst war auf Darkover aufgewachsen, wo menschliche Diener etwas Alltägliches waren, Roboter dagegen nicht. Sie konnte Dienste dieser Art entgegennehmen, ohne in Verlegenheit zu geraten. Vielen Leuten gelang es nicht, ihre Scheu oder Bestürzung zu überwinden, wenn sie von Menschen statt von Servomechs oder Robotern bedient wurden. Dios Gewandtheit in diesen Dingen verlieh ihr unter den anderen jungen Leuten auf Vainwal Status. Die meisten von ihnen gehörten zu den Neureichen in einem sich ausbreitenden Imperium. Sie strömten auf Vergnügungswelten wie Vainwal zusammen, hatten jedoch wenig Lebensart und konnten Luxus nicht akzeptieren, als seien sie daran gewöhnt. Das Blut verrät sich immer, dachte Dio, während sie Kennard beobachtete, der genau den richtigen Ton gegenüber den Dienern traf.
Der jüngere Mann drehte sich um. Jetzt bemerkte Dio, dass er die eine Hand in den Falten seines Mantels verbarg und dass er sich unbeholfen bewegte, als er einhändig mit einem ihrer Gepäckstücke fertig zu werden versuchte. Anscheinend wollte er nicht, dass es von irgendwem anders berührt wurde. Kennard sprach leise mit ihm, aber Dio hörte den ungeduldigen Ton heraus. Der junge Mann reagierte mit einem so düsteren und zornigen Blick, dass Dio erschauerte. Plötzlich war ihr klar, dass sie nicht wünschte, diesen jungen Mann noch einmal zu sehen. Aber von dem Punkt aus, wo sie stand, konnte sie das Foyer nicht durchqueren, ohne den Weg dieser Männer zu kreuzen.
Am liebsten hätte sie den Kopf gesenkt und so getan, als seien die beiden gar nicht da. Schließlich
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