Sharras Exil
Oberhaupt der Domäne«, erwiderte Merryl. »Sie werden mich gar nicht brauchen können.« … Plötzlich nahm sein Gesicht den Ausdruck der Ehrfurcht an, und er kniete nieder.
»Prinz Derik ist tot. Möge Eure Regierung lang sein, Prinz Regis von Hastur und Elhalyn.«
»Zandrus Höllen!«, flüsterte Regis. Alles war so schnell geschehen, dass er daran noch gar nicht gedacht hatte. Das, was er immer gefürchtet hatte, war über ihn hereingebrochen. Derik war gestorben, jung und kinderlos, und er, Regis, stand dem Thron am nächsten. Die sich daraus ergebenden Folgerungen machten ihn sprachlos. Er stand jetzt im Rang noch über seinem Großvater, denn einen Grund für eine Regentschaft gab es nicht mehr. Ich bin Lord der Comyn. Ich, Regis Hastur .
Er bedeckte das Gesicht mit den Händen. Es war einfach zu viel auf einmal, und nun merkte er auch, dass der Kampf mit Sharra ihn ausgehöhlt und erschöpft zurückgelassen hatte, was ihm in dem Ausmaß bisher nicht zu Bewusstsein gekommen war. Er glaubte umzufallen, seine Knie trugen ihn mehr. Und ich bin noch nicht einmal an das Laran gewöhnt, das ich heute Nacht benutzt habe. Ich habe damit Lew von Sharra befreit, ohne zu wissen, wie und warum. Herr des Lichts! Wo wird das enden?
Er suchte mühsam nach Worten. »Geh und – und suche Lord Hastur, Merryl; ich muss ihm von Deriks Tod berichten –«, und ein Teil seines Ichs wollte sich verstecken, weglaufen wie ein Kind, denn sobald sein Großvater es wusste, war die weitere Entwicklung nicht mehr aufzuhalten. Sie würde ihn überrollen und zermalmen wie eine der großen Erdbewegungsmaschinen, die er auf dem terranischen Raumhafen gesehen hatte. Ich soll die Comyn regieren?
»Lass ihn mich erst zudecken«, sagte Merryl. Wieder blickte er auf den toten Prinzen nieder, bückte sich und küsste ihn auf die Stirn. Dann nahm er seinen eigenen Mantel ab, breitete ihn behutsam über Derik, so dass er sein Gesicht bedeckte, und zog den Stoff fest, als sorge er für ein schlafendes Kind. Mit schwankender Stimme erklärte er: »An Derik war mehr, als die meisten Leute wussten«, und Regis dachte, Derik hätte eine schlechtere Leichenrede haben können.
So viele Tote! Herr des Lichts, wo wird dies enden? Marius Alton. Linnell. Derik. Wird Sharra nach uns greifen und alles vernichten, was von den Comyn noch übrig ist?
Merryl sagte: »Ich stehe Euch zu Befehl, mein Prinz«, und ging.
Als sich am Morgen nach dem Fest die rote Sonne über der Comyn-Burg erhob, lagen Derik und Linnell Seite an Seite in der Kapelle, im Tod vereint wie im Leben. Danvan Hastur hatte die kupfernen Ehe-Armbänder um ihre Handgelenke befestigt, die catenas , mit denen sie in wenigen Tagen zusammengegeben worden wären. Regis empfand tiefes Leid. Sie waren beide so jung gestorben, und sie hätten König und Königin der Comyn werden sollen. Gerechter wäre es gewesen, Derik die Krone zu geben, die ihm so lange vorenthalten geblieben war. Ich will sie nicht. Aber ich bin nie danach gefragt worden, was ich will .
Man hatte den Tod Deriks und Regis’ Anwartschaft auf die Krone in Thendara bekannt gemacht, aber die Krönung selbst würde geraume Zeit nicht stattfinden, und darüber war Regis froh. Er brauchte Zeit, um alles Geschehene zu verarbeiten.
Ich bin Lord der Comyn – was auch immer das in dieser Zeit der Zerstörung zu bedeuten haben mag!
»Du musst Berater ernennen«, hatte sein Großvater ihm gesagt. Es waren beinahe seine ersten Worte gewesen, und Regis’ erster Gedanke darauf: Ich wollte, Kennard wäre noch am Leben .
Danvan Hastur war kein starker Telepath, aber das nahm er doch wahr. Er meinte mitfühlend: »Ich auch, mein Junge, aber irgendwie musst du ohne ihn zurechtkommen. Der stärkste Mann unter den Comyn ist Lord Ardais, und er war in der Garde dein Kadettenmeister und immer dein Freund. Wenn du klug bist, Junge, sorgst du dafür, dass er zu einem deiner ersten Ratgeber ernannt wird.«
Ja , dachte Regis, ich nehme an, Dyan ist mein Freund. Zumindest möchte ich ihn lieber zum Freund als zum Feind haben . Er äußerte sich in diesem Sinn zu Danilo, als sie allein waren, und setzte hinzu: »Ich hoffe, es macht dir nichts aus – dass du der Friedensmann eines Prinzen bist, Dani?«
Noch vor zehn Tagen hätte Danilo darauf mit einem Scherz geantwortet. Jetzt sah er Regis nur ernst an und erklärte: »Du weißt, dass ich alles für dich tun werde, was ich kann. Nur wollte ich, es wäre nicht so gekommen. Ich weiß, dass du es
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